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Eine skandalöse Lady

Eine skandalöse Lady

Titel: Eine skandalöse Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
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dann genauso angesehen? Hätte er ihr gepudertes Gesicht ebenso zwischen seine Hände genommen und ihre rot geschminkten Lippen geküsst, als wäre sie ein lang verloren geglaubter Teil seiner Seele, von dem er noch nicht einmal gewusst hatte, dass er ihm fehlte? Lottie fragte sich, ob er sie wohl jemals wieder so ansehen würde, und was sie dann tun würde.
    Er stellte die Vase wieder auf das Tischchen. »Wie du sicherlich inzwischen erraten hast, bin ich nach London gefahren, um eine Gouvernante für meine Tochter zu suchen. Sie wird allmählich selbst Martha zu viel.«
    Lottie erinnerte sich an den unnachgiebigen Griff der älteren Frau, mit dem sie Allegra am Ohr gepackt hatte, und bezweifelte das, behielt diese Ansicht aber für sich.
    »Sie ist immer schon ein schwieriges Kind gewesen, aber in den letzten paar Monaten ist sie völlig unerträglich geworden.«
    »Ich denke, etwas Ähnliches habe ich von Zeit zu Zeit auch über mich sagen hören«, bekannte Lottie.
    »Stell sich das einer vor«, erwiderte er trocken.
    »Es gibt ein paar ausgezeichnete Institute, die sich darauf spezialisiert haben, das Unmögliche möglich zu machen. Hast du jemals erwogen, sie auf eine solche Schule zu schicken?«
    »Selbstverständlich habe ich das.« Er fuhr sich erbittert mit einer Hand durchs Haar. »Mir wäre nichts lieber, als sie von hier, aus diesem Haus wegzubringen …«
Von mir.
Lottie hörte die beiden Wörter so deutlich, als hätte er sie ausgesprochen. »Aber sie will nichts davon wissen. Jedes Mal, wenn ich das Thema anspreche, bekommt sie einen derartigen Tobsuchtsanfall, dass ich um ihre Gesundheit fürchte. Letzten Monat, als ich eine Schule in Luzern erwähnt habe, hat sie einfach die Luft angehalten, sodass wir den Arzt rufen mussten. Was der Grund dafür ist, warum ich beschlossen habe, nach London zu fahren und die Sache selbst in die Hand zu nehmen.« Ein bitteres Lächeln kräuselte seine Lippen. »Aber dank der Bemühungen der Gerüchteküche und der Klatschpresse hatte ich keinen Erfolg. Welche achtbare Frau würde schließlich mit einem Mann meines Rufes nach Cornwall fahren?«
    Lottie schaute ihn an und begriff allmählich, worauf dies hinauslief. »Keine achtbare Frau, vermute ich, aber vielleicht eine, die ihre Achtbarkeit verloren hat? Eine, deren Ruf zerstört ist?«
    Ohne darauf zu antworten, schaute er weg.
    Nach einem Augenblick unbehaglichen Schweigens erkundigte sie sich leise: »Warum mich heiraten? Warum hast du mich nicht einfach engagiert?«
    »Selbst mit Anstandsdame konnte ich kaum eine unverheiratete junge Frau hier in mein Heim bringen, um meine Tochter zu unterrichten, besonders eine, die ich angeblich kompromittiert hatte.«
    Lottie versuchte, sich zu sagen, dass sie für seine Aufrichtigkeit dankbar sein sollte. Wenigstens hatte er sie von allen möglichen romantischen Phantasien befreit, ehe sie sich noch mehr zum Narren machen konnte, als sie das bereits getan hatte.
    Da sie immer die Hauptrolle in den Theateraufführungen an Mrs. Lytteltons Schule gespielt hatte, gelang ihr ein sprödes Lächeln. »Wie schön zu erfahren, dass du immerhin einen Vorteil aus unserer kleinen Vernunftehe ziehst, wenn du schon mit einer unerwünschten Frau belastet bist. Wenn du mich entschuldigen willst, würde ich jetzt gerne in mein Bett zurückkehren, ehe der Wind wieder durch den Schornstein pfeift oder ›Halleluja‹ auf dem Klavier spielt.«
    Als sie an ihm vorübergehen wollte, fasste er sie am Arm und hielt sie fest. »Wenn du von unserer Verbindung mehr erwartet hast, Mylady, dann tut mir das sehr Leid.«
    Sanft, aber nachdrücklich entzog sie ihm ihren Arm und bog den Kopf in den Nacken, um ihm in die Augen sehen zu können. »Das ist nicht nötig, Mylord. Schließlich haben Sie mir nur Ihren Namen versprochen.«
    Ohne eine Kerze oder eine gespenstische Melodie, um ihr den Weg zu weisen, brauchte Lottie vier Versuche, um zu ihrem Schlafzimmer zurückzufinden. Eine wehklagende weiße Dame wäre eine willkommene Abwechslung gewesen, doch sie traf auf nichts Furchterregenderes als eine kleine ängstliche Maus, die genauso verloren aussah, wie sie selbst sich fühlte. Zum ersten Mal fiel ihr auf, wie merkwürdig es war, dass nicht ein einziger Dienstbote gekommen war, den geheimnisvollen Lärm zu erkunden. Sie mussten alle stocktaub oder betrunken in ihren Betten liegen, um die entsetzlichen Schreie nicht gehört zu haben.
    Als sie schließlich an ihrem Zimmer ankam, war Lottie ziemlich

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