Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine skandalöse Lady

Eine skandalöse Lady

Titel: Eine skandalöse Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
Vom Netzwerk:
muss hier vorhin mit frisch geschnittenen Blumen aus dem Garten entlanggegangen sein. Ich habe ihren Duft ganz einfach für dein Parfüm gehalten.«
    Lottie verschwendete ihren Atem nicht darauf, ihn daran zu erinnern, dass in dieser rauen und kargen Gegend Jasmin kaum vor Juni blühen würde, wenn überhaupt. »Und dann war vermutlich das Jammern, das ich gehört habe, einfach der Wind, der durch einen Riss in einem der Schornsteine pfiff?«
    »Hast du eine bessere Erklärung?«, fragte er mit herausforderndem Blick.
    Lottie feuchtete ihre trockenen Lippen mit der Zunge an, ehe sie damit herausplatzte: »Ich dachte, es wäre vielleicht ein Geist.«
    Hayden starrte sie einen langen Moment an, dann schnaubte er abfällig: »Sei kein dummes Gänschen. Trotz dem, was die Skandalblätter drucken, um ihre armseligen Papierfetzen zu verkaufen, gibt es so etwas wie Geister nicht. Was hast du gedacht?«, fragte er. »Dass meine verstorbene Frau aus ihrem Grab gestiegen ist, um dich zu warnen?«
    »Ich weiß nicht. Sag du es mir. Neigte sie zu Eifersuchtsanfällen?« Während Lottie die fast heidnische Schönheit seiner Augenbrauen und der unrasierten Wangen bewunderte, fiel es ihr schwer, sich vorzustellen, dass eine Frau nicht eifersüchtig über einen solchen Mann wachen würde.
    »Wenn sie nicht ihren Willen bekam«, erwiderte er leise, »neigte Justine zu allen möglichen Anfällen.«
    Von seiner Aufrichtigkeit beschämt, presste Lottie ihre Hand auf ihr immer noch heftig pochendes Herz. »Es war kein Geist, der mich fast zu Tode erschreckt hat, sondern du.«
    »Nun, das ist eine Mordmethode, der mich noch niemand beschuldigt hat. Ich bezweifle, dass deine Familie es gut aufnehmen würde, aber die Klatschbasen wären begeistert über diese Neuigkeit.« Er lehnte sich gegen die Wand und musterte sie spöttisch unter seinen dunklen Wimpern hervor. »Also sag mir, Carlotta, wenn ich dich zu Tode erschreckt
hätte,
wärest du zurückgekommen, um mich als Geist zu verfolgen?«
    Sie überlegte einen Moment, ehe sie nickte. »Ganz bestimmt. Aber ich würde nicht wimmernd und wehklagend herumschweben oder irgendein hübsches Klavierstück spielen. Ich würde gegen einen Eisenkessel schlagen und aus voller Kehle alle Strophen von ›Mein Weib ist ein mutwillig Ding‹ singen.«
    Ihre Antwort entlockte ihm ein Lachen, das sein Gesicht verwandelte, die jungenhaften Fältchen um seine Augen vertiefte und ein unwiderstehliches Grübchen in seiner Wange zum Vorschein brachte. Unter seinem Blick wurde sie sich fast schmerzlich ihrer eigenen, wenig verführerischen Aufmachung bewusst.
    Er hatte ein seltenes Geschick dafür, sie in einem ungünstigen Moment zu erwischen. Obwohl sie wie der Gipfel der Welterfahrenheit hatte wirken wollen, wenn sie das nächste Mal aufeinander trafen, stand sie barfuß in ihrem schäbigen Baumwollnachthemd vor ihm, und ihre Haare waren eine wilde Lockenmähne, die ihr wie bei einem kleinen Mädchen auf die Schultern fiel. Aber er schaute sie nicht an, als wäre sie ein kleines Mädchen. Er schaute sie an, wie ein Mann eine Frau ansah.
    »Du solltest dich wirklich schämen«, erklärte sie. »Das hier ist heute das zweite Mal, dass du mich überrascht hast.«
    Sein Lächeln verblasste, und Lottie vermisste es augenblicklich. Er nahm eine zierliche Vase von einem Marmortischchen und drehte und wendete sie in seinen Händen. »Wenn ich die Nachricht von unserer Eheschließung hätte vorausschicken können, hätte ich es getan. Aber ich durfte nicht riskieren, dass Allegra von einem der Dienstboten von meiner neuen Ehefrau erfährt. Sie wäre fortgelaufen, noch bevor wir hier eingetroffen wären.« Er sagte das so, als wäre das ein alltägliches Ereignis.
    »Warum hast du
mir
nicht von
ihr
erzählt? Hattest du Angst, ich würde ebenfalls fortlaufen?«
    »Wärest du das?«
    »Ich weiß nicht«, erwiderte sie aufrichtig. »Aber ich weiß, dass ich anders mit der Situation umgegangen wäre, hättest du mich vorgewarnt, dass ich nicht nur eine Ehefrau sondern auch Mutter werden würde.«
    »Wenn du dich gütigst erinnern willst, als wir uns kennen lernten, suchte ich keines von beidem.«
    Woran sich Lottie erinnerte, war der Augenblick in Mayfair, als er sich zu ihr umgedreht und sie angesehen hatte, während sie vor dem Kamin stand. Was auch immer er eigentlich gesucht hatte, da, so könnte sie beschwören, hatte er es gefunden. Wenn die Frau von Mrs. Gowan ein paar Minuten früher gekommen wäre, hätte er sie

Weitere Kostenlose Bücher