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Eine skandalöse Lady

Eine skandalöse Lady

Titel: Eine skandalöse Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
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missgestimmt. Dass sie fast über Mirabella stolperte und sich die nackten Zehen an einer der noch unausgepackten Truhen stieß, trug kaum zu einer Besserung ihrer Laune bei. Sie hatte kein Recht, ärgerlich zu sein, sagte sie sich, während sie zu ihrem Bett humpelte. Hayden hatte ihr seinen Namen versprochen, nicht sein Herz.
    Geistesabwesend streichelte sie Mr. Zappel, lehnte sich gegen das Kopfende und starrte in die ersterbenden Flammen im Kamin. Wenigstens würde sie keine kostbare Zeit damit verschwenden müssen, herumzuliegen und auf eine Hochzeitsnacht zu warten, die niemals stattfinden würde. Hayden konnte abstreiten, dass er an Gespenster glaubte, aber als er sie mit dem unheilvollen Funkeln in seinem Blick angesehen hatte, hatte er ihr bewiesen, dass seine Leidenschaft niemals ihr, sondern immer seiner toten Frau gelten würde. Für ihn konnte sie nie mehr sein als eine bessere Gouvernante.
    Miss Terwilligers faltiges Gesicht erschien vor ihrem geistigen Auge. Sollte sie am Ende doch das Schicksal der alten Frau ereilen? Würde sie ihre Jugend in einem modrigen Schulzimmer vergeuden, bis ihr Blut und ihre Leidenschaft zu Kreidestaub vertrocknet waren?
    Ihre eigenen Worte kehrten zurück, sie zu verfolgen:
Ich muss doch keine Ehefrau oder eine Gouvernante werden. Ich kann doch einfach eine Schriftstellerin werden, wie ich es mir immer schon gewünscht habe! Alles, was ich brauche, sind Tinte, Papier und ein kleines Haus irgendwo am Meer.
    Lottie setzte sich auf, von einem neuen Gedanken beseelt. War dieses Schloss am Meer nicht eindeutig einem einfachen Häuschen vorzuziehen?
    Selbst in dem Chaos, das im Raum herrschte, benötigte Lottie nicht lange, um den schmalen Lederkasten zu finden, den sie suchte. Mit entschlossenen Bewegungen packte sie Papier, Feder und ein neues Tintenfässchen aus. Nachdem sie das Feuer wieder angeschürt und eine frische Kerze angezündet hatte, setzte sie sich an den Rosenholzschreibtisch in der Ecke, den genüsslich schnurrenden Kater Kürbis auf dem Schoß.
    Sie kaute einen Moment an der Feder, dann schrieb sie: DES TODESLORDS BRAUT von
Carlotta Anne Fairleigh
oben auf das Blatt, ihren Namen mit einem eindrucksvollen Schnörkel versehend. Nach einer kurzen Denkpause strich sie alles durch und schrieb darunter: DIE BRAUT DES TODESLORDS von
Lady Oakleigh.
Wenn ihr Gatte ihr nicht mehr als seinen Namen zu bieten hatte, dann wollte sie daraus wenigstens Nutzen ziehen. Jeder Verleger in London würde sich nach einem solchen Manuskript alle zehn Finger lecken. Und selbst Miss Terwilliger würde nicht länger ihr Talent in Zweifel ziehen können.
    Rücksichtslos alle etwaigen Gewissensbisse unterdrückend, nahm Lottie ein leeres Blatt und legte es vor sich. Es bedurfte keiner größeren Anstrengung, Haydens Gesicht vor sich erscheinen zu lassen, in dem Moment, als er sie gegen die Tür gedrückt hatte, seine Augen voll verzehrender Leidenschaft. Ihre Feder flog über die Seite, während sie schrieb:
»Ich werde niemals jenen Moment vergessen, da ich zum ersten Mal den Mann erblickte, der mich umzubringen plante. Sein Gesicht war sowohl schrecklich als auch unwiderstehlich attraktiv, und in seiner düsteren Schönheit spiegelte sich die Schwärze seiner Seele wider…

10
    Wenn er der Herr der Hölle war, dann war ich nun deren Herrin …
    Am nächsten Morgen beschloss Lottie, wenn ihr Ehemann eine Gouvernante wollte, dann sollte er auch eine bekommen. Die Kleider aus rosa schimmernder Seide und dunkelblauem Samt verschmähend, die sie so liebte, zog sie ein silbergraues Morgenkleid aus einer ihrer Truhen. Sie riss die gestreifte Seidenschleife auf der Rückseite ab und entfernte die Rosetten, die den Saum zierten, sodass sie ein Gewand erhielt, das so unerbittlich grau und trostlos war wie der Himmel vor ihrem Fenster.
    Sie bürstete sich ihr lockiges Haar glatt und band es zu einem schmerzhaft straffen Knoten. Nicht einem einzigen Löckchen wurde es gestattet, sich daraus zu befreien.
    Sie betrachtete sich in dem großen Ankleidespiegel, der in der Zimmerecke stand, ihre vollen Lippen 7 – einer strengen Linie zusammengepresst. Jetzt fehlte nur noch eine Drahtbrille und ein dicker, fetter Leberfleck auf dem Kinn, und man hätte sie mit Miss Terwilliger verwechseln können. Sie sah richtig alt aus – wie mindestens vierundzwanzig.
    Während sie darauf wartete, dass es Zeit fürs Frühstück wurde, begann sie, die Kisten und Truhen durchzusehen. Vielleicht würde sie sich hier

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