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Eine skandalöse Lady

Eine skandalöse Lady

Titel: Eine skandalöse Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
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Niesanfälle und Ohrfeigen erstreckte.
    Da beide, Martha und Mrs. Cavendish, abstritten, irgendetwas über Allegras Aufenthaltsort zu wissen, entschloss sich Lottie, das Gelände um das Schloss zu erkunden. Als sie aus der Eingangstür trat, trieb ihr der scharfe Wind die Röte in die Wangen und schien sich über ihren Kaschmirschal lustig zu machen. Es fiel ihr schwer zu glauben, dass irgendwo in England eine milde Frühlingsbrise wehte und schmeichelnd über die Knospen der Bäume strich, bis sie barsten, während die zarten Blütenblätter von den spät blühenden Tulpen sich ihren Weg durch die sonnenwarme Erde ans Licht bahnten. Hier gab es nur Moor und Wind, Meer und Himmel, die alle miteinander um die Herrschaft über dieses karge Reich stritten.
    Obwohl ihr erster Gedanke war, auf der Stelle umzukehren und ins Haus zurückzugehen, machte sie sich entschlossenen Schrittes auf den Weg und dachte über das Gespräch nach, das sie eben belauscht hatte. Trotz Haydens anders lautender Behauptung war sie offenbar nicht die Einzige, die letzte Nacht das Wehklagen gehört hatte, noch war es zum ersten Mal vorgekommen. Wenn es wieder geschah, versprach Lottie sich, würde sie nicht kopflos in die Nacht fliehen wie die entsetzten Dienstmädchen. Sie würde irgendwie den Mut finden, dorthin zu gehen, wo sie die gespenstische Musik gehört hatte, auch wenn das eine erneute Auseinandersetzung mit ihrem Mann bedeutete.
    Nachdem eine Durchsuchung des verlassen daliegenden Schlosshofes und der vernachlässigten Gärten ergebnislos verlaufen war, fand sie Allegra schließlich hoch oben in den knorrigen Ästen eines Apfelbaumes am Rande eines heillos überwucherten Obstgartens. Lotties Puppe lag verloren am Fuß des Baumes mit dem Gesicht auf der Erde.
    Mit einem betrübten Kopfschütteln hob Lottie sie auf, wischte den Schmutz ab und setzte sie, an den Baumstamm gelehnt, auf den Boden. »Hallooo!«, rief sie zu Allegra empor. »Möchtest du nicht herunterkommen und mit mir reden?«
    Die gute Laune des Kindes war wie weggefegt. »Nein, danke«, rief sie hinab und schaute weiter zum entfernten Horizont. »Mir gefällt es hier, wo ich bin.«
    Lottie dachte nur einen Moment über diese Information nach. »Nun gut. Wenn du nicht zu mir kommen möchtest, dann komme ich eben zu dir.« Da sie die Lektion aus der Nacht ihres Debüts gelernt hatte, nahm Lottie sich die Zeit, ihren Schal abzulegen und ihre Röcke zwischen den Beinen festzustecken, sodass sie eine Art Hose erhielt, ehe sie den Aufstieg begann.
    Sie erreichte Allegras luftigen Aussichtspunkt mit lädierten Strümpfen und leicht außer Atem, nur um zu entdecken, dass das Mädchen sie argwöhnisch musterte. »Ich dachte, Damen wäre es verboten, auf Bäume zu steigen.«
    »Damen dürfen tun, was immer sie wollen«, unterrichtete Lottie sie, beugte sich vor und senkte ihre Stimme zu einem verschwörerischen Flüstern. »Solange niemand sie dabei beobachtet.«
    Sie machte es sich auf einem kräftigen Ast bequem, zur einen Seite die geschwungene Küstenlinie, zur anderen ein wogendes Meer aus Dünengras. Obwohl der Wind an ihren Röcken zerrte und ihr die Luft raubte, ehe sie sie einatmen konnte, musste sie zugeben, dass man von hier oben einen herrlichen Ausblick hatte.
    Allegra fuhr fort, sie finster anzustarren. »Was tun Sie hier? Sollten Sie nicht bei meinem Vater sein?«
    »Genau genommen war dein Vater derjenige, der mich auf die Suche nach dir geschickt hat. Er dachte, ich könnte dir vielleicht bei deinem Unterricht helfen.«
    »Ich habe keinen Unterricht.«
    Von der Barschheit des Kindes gekränkt, antwortete Lottie scharf: »Nun, vielleicht ist es an der Zeit, dass du welchen erhältst. Ich habe ein paar wundervolle Bücher aus London mitgebracht – Raleighs
Die Geschichte der Welt
, Linnaeus
Philosophia Botanica
, Savignys
Die Geschichte des Römischen Rechts im Mittelalter.«
    »Ich mag Bücher nicht.«
    Lottie schaute sie argwöhnisch an. Sie traute niemandem, der Bücher nicht mochte. »Wenn du Bücher nicht magst, dann hast du nie
Burg Wolfenbach
von Mrs. Pearsons gelesen. Diese Geschichte war so spannend, dass ich, nachdem ich sie gelesen hatte, mich über eine Woche lang geweigert habe, ohne eine brennende Kerze neben meinem Bett zu schlafen.«
    Allegra schnaubte verächtlich. »Martha sagt, dass Bücher Verschwendung von Papier und Zeit sind und dass ich besser beraten wäre zu lernen, wie man Kartoffeln anbaut.«
    Lottie war so entsetzt, dass sie einen

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