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Eine skandalöse Lady

Eine skandalöse Lady

Titel: Eine skandalöse Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
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Haus hier besäße mehr als fünfzig Zimmer, und ich habe vermutlich nicht einmal die Hälfte davon gesehen. Warum fangen wir nicht einfach mit dem Dachboden an und arbeiten uns von da nach unten durch? Wer weiß, am Ende finden wir sogar eines dieser Priesterverstecke oder einen der Geheimgänge, von denen Meggie und Jem immer flüstern.«
    »Aber was ist mit Vater? Wen« ich meinen Unterricht für heute nicht ordentlich beende, wird er nicht begeistert sein.«
    Lottie spürte, wie sich ihre Lippen zu einem übermütigen Lächeln verzogen. »Die Gerüchte besagen auch, dass dein Vater heute Morgen mit seinem Verwalter nach Boscastle geritten ist, um dort ein paar Angelegenheiten vor Ort zu klären, und er wird nicht vor dem späten Nachmittag zurückerwartet. Und Martha ist ins Dorf gegangen, um ihre Schwester zu besuchen.« Obwohl Allegra immer noch nicht überzeugt schien, hielt ihr Lottie auffordernd die Hand hin. »Komm, kleine Conquistadora, auf uns wartet eine Welt, die entdeckt werden will.«
    An einem derart dunklen und windigen Tag, an dem der Regen auf das Dach mit den vielen Giebeln prasselte, gab es keinen besseren, gemütlicheren Ort als einen geräumigen Dachboden. Die miteinander verbundenen Mansarden voller Truhen mit mottenzerfressenen Kleidern und aussortierten Spielsachen hielten Lottie und Allegra den größten Teil des Vormittags beschäftigt. In einer Ecke fand Lottie ein geschecktes Schaukelpferd. Vorsichtig strich sie mit der Hand über seinen grob geschnitzten Hals und fragte sich, ob es wohl früher einmal Hayden gehört hatte.
    Schließlich verließen sie gegen Mittag mit Flecken auf den Strümpfen und Spinnweben im Haar den Dachboden. Obwohl Allegra einsilbig blieb, fuhr Lottie fort, auf ihre Stieftochter einzureden, und war dabei so freundlich und liebenswert, dass es für zwei reichte.
    Sie schlenderten eine Weile durch den zweiten und dritten Stock, wo sie nur Schlafzimmer und Empfangsräume entdeckten, die von jahrelanger Nichtbenutzung völlig staubig waren. Sie hatten gerade das Ende einer langen mit Portraits gesäumten Galerie erreicht, als sie hinter sich Schritte hörten.
    Lottie nahm Allegra an der Hand und eilte mit ihr zu einer Hintertreppe. Obwohl sie sich ziemlich sicher war, dass es sich nur um Meggie handelte, die einen Stapel sauberer Wäsche brachte, flüsterte sie drängend: »Komm, DeSoto! Es sind diese verfluchten Engländer, die unsere Schiffe plündern und unsere Beute stehlen wollen.«
    Als sie im Erdgeschoss ankamen, war Lottie atemlos vor Lachen, und sogar Allegra schien mit einem Lächeln zu kämpfen. Sie traten aus dem Treppenhaus und blieben stolpernd auf einem breiten Gang stehen, von dem zu beiden Seiten Türen abgingen.
    Allegras Miene verdüsterte sich wieder, und sie wollte zum Anfang des Flures zurückgehen. »Wir sollten nicht hier sein. Es ist verboten.«
    Lottie drehte sich langsam um und erkannte die Doppeltüren am entfernten Ende des Korridors wieder. Sie befanden sich im Westflügel, genau an der Stelle, wo sie in ihrer ersten Nacht die gespenstische Klaviermusik gehört hatte.
    Allegra blickte schuldbewusst über ihre Schulter, und ihre Stimme wurde drängender. »Wir sollten wirklich gehen. Ich darf hier nicht spielen.«
    Aber Lottie wurde wie magisch von den Flügeltüren angezogen. Die Türen, gegen die Hayden sie mit heißen, hungrigen Händen gedrückt hatte. Die Türen, die anzusehen er sich geweigert hatte, als sie die Musik erwähnte.
    Sie begann langsam darauf zuzugehen. »Was für Forscher wären wir«, fragte sie leise, »würden wir beim ersten Anzeichen von Gefahr fliehen?«
    Sie griff mit bebenden Fingern nach einer der Türklinken.
    »Das ist zwecklos.« Allegra näherte sich ihr, ebenfalls wie magnetisch von den Türen angezogen. »Seit mehr als vier Jahren sind sie abgeschlossen. Martha ist die Einzige, die einen Schlüssel haben darf.«
    Lottie wusste, es war falsch, Allegra zu ermutigen, ihrem Vater gegenüber ungehorsam zu sein. Aber die Neugier vertrieb rasch ihre Gewissensbisse. Wenn er nichts zu verbergen hatte, warum sollte Hayden darauf bestehen, dass die Türen verschlossen blieben?
    Allegra kam interessiert näher, als Lottie die Hand zu ihrem Haarknoten hob und eine Haarnadel herauszog. Da sie keinen Hut trug, würde sie sich damit behelfen müssen. Nach mehreren Minuten des Herumstocherns und Bohrens, begleitet von leisen Flüchen, spürte sie schließlich, wie das Schloss nachgab.
    Sie richtete sich auf. Allegra

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