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Eine skandalöse Lady

Eine skandalöse Lady

Titel: Eine skandalöse Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
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blieb, um die Szene zu betrachten. Wie sie so dasaßen, während der Regen gegen die Fensterscheiben prasselte und die Katze auf dem Teppich vor dem Kamin schlief, hätten sie eine ganz normale Tochter mit ihrem Vater sein können, die einfach einen ruhigen Abend in der Gesellschaft des anderen genossen.
    Keiner von beiden bemerkte, wie Lottie zufrieden lächelnd weiterging.
    Obwohl er nicht wieder den Fehler machte, sich zu ihnen zu gesellen, konnte Hayden noch nicht einmal sein Stolz davon abhalten, jeden Tag, wenn Lottie, Allegra und Harriet gemeinsam Tee tranken, an dem Empfangssalon vorüberzuschlendern. Gleichgültig, wie viel er zu tun hatte, fand er stets eine Entschuldigung dafür, auf der Türschwelle stehen zu bleiben und ihrem fröhlichen Geplauder zu lauschen. Seine Tochter mochte seine Gesellschaft nicht schätzen, aber sie schien sie nun eher zu akzeptieren. Sie stand nicht mehr auf, um das Zimmer zu verlassen, sobald er es betrat.
    Als er eines Nachmittags vorüberging, entdeckte er zu seinem Erstaunen die teure Puppe, die er für seine Tochter hatte anfertigen lassen, auf dem Stuhl gegenüber von Lotties.
    Offenbar war Allegra ebenso überrascht wie er. Sie stand, die Hände in die Hüften gestemmt, da und betrachtete das neue Arrangement mit einem allzu vertrauten Stirnrunzeln. »Was hat
die
denn hier zu suchen?«
    »Harriet fühlt sich heute Nachmittag nicht recht wohl«, berichtete Lottie unbekümmert und trank einen Schluck aus der Tasse aus chinesischem Porzellan. »Sie befürchtet, sie hat ein wenig Fieber. Wir brauchen eine vierte Person in unserer Runde, und ich habe nicht eingesehen, warum wir nicht unsere kleine Freundin hier einladen sollten. Sie liegt in dem Kasten, seit sie hier auf Oakwylde eingetroffen ist. Ich kann mir vorstellen, dass es darin ganz schön muffig ist.«
    Allegra setzte sich auf den leeren Stuhl und betrachtete den Eindringling weiterhin finster. Mit ihren Händen in den strahlend weißen Handschuhen und den elegant frisierten, braunen Locken schien die Puppe hochnäsig auf sie alle herabzublicken. Lotties Puppe grinste unter ihrer verrutschten Augenklappe frech zurück.
    Hayden ging weiter und verbarrikadierte sich in seinem Arbeitszimmer, bis die Neugier Oberhand gewann. Kurz darauf spähte er um den Türbogen herum in den Salon und sah, wie Allegra der neuen Puppe mit dem Finger drohte. »Ich werde nicht zulassen, dass du alle Teekuchen allein aufisst, du unartiges Mädchen«, schimpfte sie. »Und jede wohlerzogene junge Dame weiß, dass man nicht mit Handschuhen isst.«
    Während Allegra damit beschäftigt war, ihr die weißen Handschuhe auszuziehen, und ihr einen krümeligen Marmeladenkuchen in die zierliche Hand drückte, wobei sie das kostbare lavendelfarbene Oberteil des Kleides mit Erdbeermarmelade bekleckerte, merkte er, dass er belustigt schmunzelte. Als Lottie zur Tür blickte und ihre Teetasse zu einem spöttischen Salut hob, erkannte Hayden, dass sie die vernachlässigte Puppe nicht für Allegra aus der Kiste geholt hatte.
    Sie hatte es für ihn getan.
    In der nächsten Woche gaben Lottie und Allegra jeden Versuch auf, so zu tun, als fände noch Unterricht statt. Und Hayden gab den Versuch auf, so zu tun, als glaubte er, dass irgendeine Form von Unterricht stattfände. Als sie eines Morgens beschlossen, das seltene Ereignis von Sonnenschein würdig zu begehen, indem sie Lotties Laufrad auf die Auffahrt schoben, setzte sich Hayden auf die Eingangsstufen, um zuzuschauen und mit hungrigen Augen jede Bewegung seiner Frau zu verfolgen.
    Der neumodische Apparat war so gebaut, dass sich sein rittlings auf dem Holzrahmen thronender Fahrer mit den Füßen vom Boden abstieß, bis er eine Neigung des Bodens erreichte, die steil genug war, um das Gefährt ohne Antrieb hinabfahren zu lassen. Doch die hölzernen Räder waren eher für geklinkerte Gartenwege geeignet als für Auffahrten aus Kopfsteinpflaster, sodass die arme Miss Dumwinkle bei ihrer so holperigen wie rasanten Fahrt derart durchgeschüttelt wurde, dass es ein Wunder wäre, wenn ihre Zähne die Fahrt heil und ohne auszufallen überstanden. Lottie und Allegra liefen auf beiden Seiten neben ihr her, lachten und feuerten sie an.
    Als sie über eine Anhöhe verschwunden waren, lehnte sich Hayden auf die Ellbogen gestützt zurück, streckte sein Gesicht in die Sonne und genoss die Wärme. Der herrliche, nur leicht windige Tag schien wild entschlossen zu sein, zu beweisen, dass es zwar lange dauern mochte, bis

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