Eine skandalöse Versuchung
er die Gruppe sehr geschickt nach irgendwelchen außergewöhnlichen Funden aushorchte.
Sie spitzte die Ohren; als sich ihr eine geeignete Gelegenheit bot, warf sie selbst eine Frage ein, um zwischen den Ruinen des alten Persiens nach weiteren Ansatzpunkten zu suchen. Aber in welche Richtung sie oder Trentham das Gespräch auch immer lenkten, die sechs Wissenschaftler waren sich keiner potenziell wertvollen Entdeckung bewusst.
Schließlich wurde der Tisch abgeräumt, und Leonora stand auf. Die Männer taten es ihr nach. Wie üblich beabsichtigten ihr Onkel und Jeremy nun, die Gäste in die Bibliothek zu führen, um sich bei Portwein und Brandy in ihre aktuellen Forschungen zu vertiefen; normalerweise zog sich Leonora an diesem Punkt zurück.
Selbstverständlich lud Humphrey Trentham dazu ein, ihnen in ihrer Männerrunde Gesellschaft zu leisten.
Trentham suchte ihren Blick; sie erwiderte ihn in der Hoffnung, er möge ihre stille Aufforderung, die Einladung auszuschlagen, verstehen und sich stattdessen von ihr zur Tür geleiten lassen …
Seine Lippen beschrieben ein Lächeln; er wandte sich wieder Humphrey zu. »Wenn ich ehrlich bin, ist mir aufgefallen, dass sie
einen recht großen Wintergarten besitzen. Ich habe vor, mir selbst einen zuzulegen, und habe mich daher gefragt, ob Sie vielleicht so freundlich wären, mir einen kurzen Blick zu gestatten?«
»In den Wintergarten?« Humphrey strahlte Leonora freundlich an. »Leonora kennt sich da mit Abstand am besten aus. Ich bin mir sicher, sie wird Sie gerne herumführen.«
»Selbstverständlich. Es wäre mir ein Vergnügen …«
Trenthams Lächeln strahlte pure Verführung aus; er trat an ihre Seite. »Das ist sehr liebenswürdig von Ihnen.« Sein Blick kehrte zurück zu Humphrey. »Ich muss allerdings ohnehin bald aufbrechen, also für den Fall, dass wir uns nicht mehr sehen, möchte ich Ihnen ganz herzlich für Ihre Gastfreundschaft danken.«
»Die Freude ist ganz unsererseits, Mylord.« Humphrey schüttelte ihm die Hand.
Jeremy und die anderen verabschiedeten sich ebenfalls.
Schließlich wandte Trentham sich wieder ihr zu. Er zog die Augenbrauen hoch und deutete zur Tür. »Wollen wir?«
Ihr Herz schlug schneller, aber sie nickte ruhig und gefasst. Und führte ihn aus dem Zimmer.
6
Der Wintergarten war ihr ganz spezieller Bereich. Außer dem Gärtner kam niemand hierher. Es war ihr Heiligtum, ihre Zuflucht, der Ort, an dem sie sich sicher fühlte. Während sie den Mittelgang entlangschritt und das Türschloss hinter sich schnappen hörte, verspürte sie zum ersten Mal hier in diesem Glasbau so etwas wie den Hauch einer Bedrohung.
Ihre Sohlen klopften leise gegen die Steinfliesen; ihre seidenen Röcke raschelten. Trenthams weiche Schritte, die ihr den Gang hinunter folgten, waren noch leiser als ihre.
Aufregung und ein noch durchdringenderes Gefühl erfassten sie. »Im Winter wird dieser Raum von der Küche her über ein Rohrsystem
mit Dampf beheizt.« Sie erreichte das Ende des Weges, blieb in der hintersten Ecke des Erkerfensters stehen und atmete gezwungen ein. Ihr Herz pochte so laut, dass sie es hören konnte; sie fühlte ihren Puls bis in die Fingerspitzen. Sie hob die Hand und drückte einen Finger gegen die Scheibe. »Die Fenster sind doppelt verglast, damit die Wärme nicht so leicht entweicht.«
Vor ihr lag die schwarze Nacht; sie betrachtete die spiegelnde Oberfläche der Scheibe, sah, wie sich Trentham allmählich näherte. Zwei spärliche Lampen erhellten den Raum von gegenüberliegenden Seiten; sie spendeten gerade so viel Licht, dass man den Weg erkennen und einen ungefähren Eindruck von den Pflanzen erhalten konnte.
Trentham kam ihr mit ruhigen Schritten näher - der gemessene Gang eines Raubtiers; sie hatte keinerlei Zweifel, dass er sie aufmerksam beobachtete. Sein Gesicht lag im Schatten, bis er schließlich an ihre Seite trat, den Kopf hob und sie im Spiegelbild der Scheibe ansah.
Ihre Blicke blieben aneinander hängen.
Seine Hände glitten um ihre Taille, begegneten sich, hielten sie fest.
Ihr Mund war trocken. »Interessieren Sie sich wirklich für unseren Wintergarten?«
Sein Blick sank nach unten. »Ich interessiere mich für seinen Inhalt.«
»Für die Pflanzen?«
»Nein. Für Sie.«
Er drehte sie herum, hielt sie in seinen Armen. Er neigte den Kopf und legte seine Lippen auf die ihren, so als hätte er das Recht dazu. Als würde sie ihm in irgendeiner Weise gehören.
Ihre Hand ruhte auf seiner Schulter, drückte sie
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