Eine Spur von Lavendel (German Edition)
Inventar endgültig in den Besitz der Bank übergegangen und wir hätten praktisch nichts mehr besessen.“ Linda machte eine Pause und griff nach dem Wasserglas, das vor ihr auf dem Tisch stand.
Alexander drückte seine Zigarettenkippe aus, ließ sie dabeijedoch nicht aus den Augen. „Was hat das alles mit Walter und dir zu tun?“
„Dazu komme ich jetzt.“ Ihre Stimme begann leicht zu zittern, als sie weitersprach. „Wie gesagt, ich mache es kurz. Walter … Walter bot uns an, den Kredit zu übernehmen, damit wir das Haus nicht verlieren.“
Verwundert hob Alexander die Augenbrauen. „Er tilgte für euch den Kredit?“
Linda lächelte bitter. „Ja, das tat er. Allerdings sprach er darüber zunächst nur mit Frank – und er knüpfte eine … Bedingung an seinen Vorschlag. Er …“
Augenblicklich sprang Alexander auf. „Moment mal! Du willst mir doch jetzt nicht sagen, dass er … dich als Gegenleistung verlangte?“
Lindas Hände kneteten nervös die Papierserviette. Sie nickte. „Mein Mann kam eines Nachts in unser Schlafzimmer und rüttelte mich wach. ‚Linda-Schätzchen‘, sagte er, ‚wenn du dein Haus behalten willst, musst du nur ein klitzekleines Opfer bringen.‘ Mit einem scheußlichen Grinsen im Gesicht, das ich niemals vergessen werde, berichtete er mir von Walters Vorschlag. Ich war natürlich außer mir und lehnte rigoros ab.“ Ihre Stimme drohte zu versagen, und sie räusperte sich einige Male. Inzwischen zitterte sie sichtbar am ganzen Körper.
Fassungslos ging Alexander zu ihr, hockte sich vor sie und ergriff ihre Hände. „Sprich weiter“, forderte er sie auf.
„Es war das erste Mal, dass er mich schlug.“
Alexander stöhnte auf. „Frank hat dich geschlagen?“
Sie reagierte nicht direkt auf seine Frage, sondern sprach einfach weiter, so leise, dass er sie kaum noch verstehen konnte. „Er prügelte auf mich ein und schrie mich an, er würde sich Charlotte auf die gleiche Weise vornehmen, wenn ich mich weiter so mädchenhaft anstellte. Schließlich hänge unsere Existenz davon ab. ‚Du brauchst nur einmal für ihn die Beine breit zu machen und abzuwarten, bis er fertig ist, das kannst du doch so gut‘, sagte er. ‚Daliegen und abwarten. Dir kann es doch nun wirklich egal sein, wer da auf dir liegt und sich abmüht, oder?‘“
Inzwischen liefen wieder Tränen über ihr Gesicht, und Alexanders Hände hielten ihre fest umfangen. Er konnte kaum glauben, was er da hörte, zweifelte nun jedoch absolut nicht mehr an ihrer Ehrlichkeit. Es kostete ihn fast so viel Kraft, ihr weiter zuzuhören, wie es sie Kraft kostete, ihm all das zu erzählen.
„Ich bekam panische Angst – vor allem um meine Tochter – und stimmte letztlich doch zu. Meine letzte Hoffnung war schließlich Walter selbst. Bis zu dem Zeitpunkt war er stets sehr nett und zuvorkommend zu mir gewesen, also redete ich mir ein, ich könnte ihn von dieser widerwärtigen Bedingung abbringen. Wir mussten … noch mehrere Wochen warten, bis … bis mein Körper wieder … na ja, die blauen Flecken, du weißt schon. An dem bewussten Tag lieferte mich Frank vor Walters Haus ab, wie eine Ware. Ich sollte dort die ganze Nacht verbringen. Walter selbst hatte … er hatte dafür gesorgt, dass es an nichts fehlte. Er … hatte Champagner kalt gestellt. Der Sektkühler … stand direkt neben dem … Bett. Entschuldige, Alex, ich …“ Sie entzog ihm ihre rechte Hand und griff erneut nach ihrem Wasserglas.
„Natürlich. Brauchst du vielleicht eine Pause?“
Sie winkte ab. „Nein, nein. Es wird schon gehen. Irgendwie tut es sogar gut, endlich einmal darüber zu reden. Walter … er erzählte mir, dass er schon lange davon geträumt hatte, einmal mit mir alleine sein zu können. Er machte mir widerliche Komplimente, die mir sehr unangenehm waren. Dann führte er mich an einen kleinen Tisch, der für zwei Personen gedeckt war. Es gab nur ausgesuchte Delikatessen, doch ich bekam nicht einen Bissen herunter.“
Linda nahm einen großen Schluck und stellte das Glas wieder ab. „Stattdessen versuchte ich, meinem Schwager ins Gewissen zu reden, und irgendwann war ich … war ich schließlich so verzweifelt, dass ich ihm auch von den Schwierigkeiten erzählte, die ich mit Frank hatte. Ich hoffte verzweifelt, dass das schließlich sein Mitleid hervorrufen würde, aber ich irrte mich schrecklich. Die ganze Zeit über starrte er mich nur wortlosan und schob sich ungerührt Kaviar in den Mund. Ich hatte schon fast das Gefühl, er
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