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Eine Spur von Verrat

Eine Spur von Verrat

Titel: Eine Spur von Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Kindes?« brachte Monk ihn zum Thema zurück.
    »Ach so – ja, da hat sie unter dieser seltenen Form von Depression gelitten, die ab und an vorkommt. Sie war ziemlich verstört, wollte ihr Kind nicht annehmen, hat jeglichen Trost, alle angebotene Hilfe und Freundschaft verweigert; sogar jegliche Gesellschaft, außer der ihrer Mutter.« Er spreizte vielsagend die Finger. »Aber das ging vorüber. Tut es immer. Manchmal dauert es mehrere Jahre, aber meistens ist nach ein paar Monaten alles vorbei.«
    »Es stand nie zur Debatte, sie in eine Anstalt für Geistesgestörte einweisen zu lassen?«
    »Aber nein!« Hargrave war entsetzt. »Ganz und gar nicht. Ihr Mann war sehr geduldig, und für das Kind hatten sie eine Amme. Warum fragen Sie?«
    Monk seufzte. »Es wäre eine Möglichkeit gewesen.«
    »Für Alexandra? Ich wüßte nicht, inwiefern. Wonach suchen Sie, Mr. Monk? Was hoffen Sie zu finden? Wenn ich das wüßte, könnte ich Ihnen vielleicht Zeit ersparen und Ihnen sagen, ob es überhaupt existiert.«
    »Ich weiß es selbst nicht«, gab Monk zu. Außerdem verspürte er nicht den geringsten Wunsch, sich Hargrave oder sonstwem anzuvertrauen, denn schließlich kreiste sein gesamtes Verdachtsmoment um eine Person, die für Alexandra eine Bedrohung darstellte. Und wer wäre dafür besser geeignet als ihr Arzt, der so viele intime Details über sie kannte?
    »Wie steht es mit dem General?« dachte er laut. »Er ist tot. Es kann ihm egal sein, was man über ihn weiß. Seine Krankengeschichte könnte aber einen Hinweis auf die Klärung der Frage liefern, warum er ermordet wurde.«
    Hargrave zog die Stirn in Falten. »Da fällt mir nichts ein. Nichts Nennenswertes jedenfalls. Seine Kriegsverletzungen habe ich natürlich nicht behandelt.« Er lächelte. »Ich habe ihn sogar, um genau zu sein, nur ein einziges Mal medizinisch versorgt, und das war, als er sich eine Schnittwunde am Oberschenkel zugezogen hatte – bei einem ziemlich dummen Unfall.«
    »So? Es muß ganz schön ernst gewesen sein, wenn er Sie hat rufen lassen.«
    »Ja, die Wunde war ausgesprochen häßlich; klaffend, zerklüftet und ziemlich tief. Sie mußte gesäubert und dann genäht werden, nachdem ich die Blutung gestillt hatte. Ich habe sie noch ein paarmal kontrolliert, um sicherzugehen, daß sie auch gut verheilt und sich nicht entzündet.«
    »Wie ist das passiert?« Monk schoß der verwegene Gedanke durch den Kopf, es könnte vielleicht ein früher, tätlicher Angriff von seiten Alexandras gewesen sein, bei dessen Abwehr sich der General die Ober schenke! Verletzung zugezogen hatte.
    Ein verdutzter Ausdruck streifte Hargraves Züge.
    »Er sagte, er hätte eine Zierwaffe reinigen wollen, ein Messer, das er als Souvenir aus Indien mitgebracht hatte und als Geschenk für den kleinen Valentine Furnival gedacht war. Es saß in der Scheide fest; bei dem Versuch, es gewaltsam herauszuziehen, rutschte es ihm aus der Hand und landete in seinem Bein.«
    »Valentine Furnival? War Valentine bei ihm zu Besuch?«
    »Nein, es geschah im Haus der Furnivals. Dort wurde ich dann auch hinzitiert.«
    »Haben Sie sich die Waffe angesehen?« fragte Monk.
    »Nein – die Mühe habe ich mir nicht gemacht. Er hat mir versichert, daß die Klinge nicht verunreinigt gewesen wäre und er das Ding weggeworfen hätte, weil es so gefährlich war. Ich sah keinen Grund, der Sache nachzugehen. Auch in dem unwahrscheinlichen Fall, daß die Verletzung nicht selbstverschuldet, sondern einem häuslichen Streit entsprungen war, ging es mich nichts an, solange er mich nicht bat einzugreifen. Und das tat er nicht. Er hat nie wieder ein Wort darüber verloren.« Hargrave lächelte schwach. »Falls Sie jetzt denken, Alexandra wäre dafür verantwortlich gewesen, irren Sie sich meines Erachtens. Und wenn doch, hat er ihr die Entgleisung verziehen. Abgesehen davon kam es nie wieder zu einem ähnlichen Zwischenfall.«
    »War Alexandra an jenem Tag auch bei den Furnivals?«
    »Keine Ahnung. Gesehen habe ich sie nicht.«
    »Ich verstehe. Vielen Dank, Dr. Hargrave.«
    Obwohl er noch ganze fünfundvierzig Minuten blieb, erfuhr Monk nichts Neues mehr. Er entdeckte nicht einmal den Hauch einer Spur, die ihn zu Alexandras Motiv hätte führen können. Noch weniger war ihm klar, warum sie lieber schwieg, als es zuzugeben selbst ihm gegenüber.
    Enttäuscht und durcheinander machte er sich am frühen Abend auf den Heimweg.
    Er mußte Rathbone bitten, ihm eine zweite Besuchserlaubnis für Alexandra Carlyon zu

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