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Eine Spur von Verrat

Eine Spur von Verrat

Titel: Eine Spur von Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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begann er. »Die Ritterrüstung befand sich neben ihm. Wenn ich mich recht entsinne, war sie in ihre Einzelteile zerlegt, vermutlich durch den heftigen Aufprall seines Körpers. Wahrscheinlich war sie lediglich durch ein paar zerschlissene Lederbänder und ihr eigenes Gewicht zusammengehalten worden, was ihr eine gewisse Stabilität verliehen hatte. Ein Panzerhandschuh lag unter seinem Körper, der andere dicht neben seinem Kopf. Der Helm war etwa viereinhalb Meter zur Seite gerollt.«
    »Lag der General auf dem Rücken oder auf dem Bauch?«
    »Auf dem Rücken«, sagte Hargrave sofort. »Die Hellebarde steckte in seiner Brust. Ich nahm an, daß er sich zu weit über die Brüstung gelehnt, das Gleichgewicht verloren und sich dann bei dem Versuch, sich zu retten, in der Luft gedreht haben mußte, so daß die Spitze der Hellebarde in seine Brust eindringen konnte. Als er anschließend auf die Rüstung fiel, prallte er ab und kam somit auf dem Rücken zu liegen. Hanebüchen, ich weiß, aber damals dachte ich noch nicht an Mord. Alles, was ich wollte, war helfen.«
    »Und Sie haben sofort gemerkt, daß er tot war?«
    Ein Hauch von Wehmut glitt über Hargraves Gesicht. »Als erstes habe ich mich zu ihm hinabgebeugt und seinen Puls gefühlt. Ganz automatisch, nehme ich an – und in dem Fall leider umsonst. Als ich keinen fand, besah ich mir die Wunde genauer. Die Hellebarde steckte noch darin.« Obwohl sich sein ganzer Körper verspannte, schien er seltsam in sich zusammenzusinken. »Sie war so tief eingedrungen, daß ich an seinem Tod keinerlei Zweifel mehr hegte. Nach einer derartigen Verletzung konnte er unmöglich noch länger als wenige Sekunden gelebt haben. Es waren mindestens zwanzig Zentimeter. Als wir seinen Körper später wegbrachten, sah man sogar eine leichte Vertiefung an der Stelle, wo die Spitze den Boden unter ihm berührt hatte. Sie hat…« Seine Stimme versagte. Er atmete tief durch und fuhr fort: »Der Tod muß mehr oder minder sofort eingetreten sein.«
    Hargrave machte eine kurze Pause, schluckte und meinte dann ein wenig entschuldigend: »Ich habe schon viele Leichen gesehen, aber die waren zum Großteil auf Altersschwäche oder Krankheiten zurückzuführen. Mit gewaltsamem Tod bin ich noch nicht oft konfrontiert worden.«
    »Wie sollten Sie auch«, bestätigte Monk in sanfterem Ton.
    »Haben Sie die Leiche bewegt?«
    »Wo denken Sie hin. Es war offensichtlich, daß die Polizei verständigt werden mußte. Auch ein tödlicher Unfall von solch brutalem Ausmaß muß gemeldet und untersucht werden.«
    »Sie gingen also in den Salon und teilten den anderen mit, daß er tot war? Erinnern Sie sich noch an die Reaktionen der einzelnen Personen?«
    »Und ob!« Hargrave schaute ihn verdutzt an. »Sie waren natürlich entsetzt. Maxim und Peverell waren beinah wie gelähmt genau wie meine Frau. Damaris Erskine war den größten Teil des Abends so sehr mit ihren eigenen Gedanken beschäftigt gewesen, daß es eine ganze Weile dauerte, bis sie den Sinn meiner Worte erfaßt hatte. Sabella war gar nicht da. Sie hatte sich irgendwann nach oben verzogen – meiner Meinung nach, weil sie es nicht in einem Raum mit ihrem verhaßten Vater aushalten konnte…«
    »Wissen Sie, warum sie ihn gehaßt hat?« fiel Monk ihm ins Wort.
    »O ja.« Hargrave lächelte nachsichtig. »Seit ihrem zwölften oder dreizehnten Lebensjahr wollte sie Nonne werden – scheint eine romantische Vorstellung vieler Mädchen zu sein.« Er zuckte die Achseln und machte ein leicht amüsiertes Gesicht.
    »Die meisten wachsen aus dieser Phase heraus – sie nicht. Ihr Vater wollte selbstverständlich nichts davon hören. Er bestand darauf, daß sie heiratet und einen Hausstand gründet wie jede andere junge Frau auch. Und Fenton Pole ist ein recht netter, gebildeter und wohlerzogener junger Mann, der ihr dank seines nicht unbeträchtlichen Vermögens ein sehr angenehmes Leben bieten kann.«
    Er beugte sich vor, beförderte einen Holzscheit mit dem Schürhaken auf die niedergebrannte Glut und brachte das Feuer somit wieder richtig in Gang. »Anfangs schien sie sich damit abgefunden zu haben. Dann hatte sie eine sehr schwere Geburt, von der sie sich einfach nicht so recht erholen wollte – seelisch, meine ich. Körperlich fehlte ihr gar nichts, genau wie dem Kind. So was passiert manchmal. Bedauerliches Pech. Die arme Alexandra hatte es nicht leicht mit ihr – von Fenton ganz zu schweigen.«
    »Wie hat sie den Tod ihres Vaters aufgenommen?«
    »Ich

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