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Eine Spur von Verrat

Eine Spur von Verrat

Titel: Eine Spur von Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Schranktüren offenstanden und die Zofe gerade ein blaugraues Cape ausbürstete, das hervorragend zu Alexandras hellem Teint passen mußte.
    Das Mädchen hob überrascht den Kopf, als es Hagger und gleich darauf Monk erblickte. Monk schätzte sie auf Mitte Zwanzig. Sie war dunkelhaarig, mager und nicht besonders hübsch, hatte aber ein verblüffend nettes Gesicht.
    Hagger verschwendete keine Zeit. »Ginny, das ist Mr. Monk. Er arbeitet für die Anwälte der gnädigen Frau und versucht etwas herauszufinden, das ihr vielleicht helfen könnte. Er möchte dir ein paar Fragen stellen, und du wirst sie ihm so gut wie möglich beantworten – sag ihm alles, was er wissen will. Ist das klar?«
    »Ja, Mr. Hagger.« Sie schien recht verwirrt, doch nicht abgeneigt.
    »Gut.« Zu Monk sagte er: »Kommen Sie nach unten, wenn Sie hier fertig sind. Sollte ich sonst noch was für Sie tun können, lassen Sie’s mich wissen.«
    »Ja. Danke, Mr. Hagger. Sie waren sehr entgegenkommend.« Er wartete, bis die Tür hinter dem Butler ins Schloß gefallen war, und wandte sich dann der Zofe zu.
    »Machen Sie ruhig weiter«, forderte er sie auf. »Es wird länger dauern.«
    »Ich hab’ Ihnen wirklich nich viel zu sagen«, erklärte Ginny, während sie sich wieder brav ans Bürsten machte. »Zu mir ist die gnädige Frau immer sehr gut gewesen.«
    »Wie meinen Sie das?«
    Sie schaute ihn überrascht an. »Na ja – rücksichtsvoll und so. Sie hat sich bei mir entschuldigt, wenn sie irgendwas besonders schmutzig gemacht hat, oder wenn ich sehr lange aufbleiben mußte. Sie hat mir Sachen geschenkt, die sie nich mehr haben wollte, und hat sich immer nach meiner Familie erkundigt und so.«
    »Hatten Sie sie gern?«
    »Sehr gern, Mr….«
    »Monk.«
    »Können Sie ihr jetzt noch helfen, Mr. Monk? Ich meine, nachdem sie gesagt hat, daß sie’s gewesen ist?« Ihr Gesicht legte sich in bekümmerte Falten.
    »Das weiß ich nicht«, gestand Monk. »Wenn es ein Motiv geben würde, das jeder versteht, vielleicht schon.«
    »Welchen Grund kann einer schon verstehen, warum ’ne Lady ihren Mann umbringt?« Ginny legte das Cape beiseite und holte ein Kleid in ungewöhnlich leuchtendem Maulbeerton aus dem Schrank. Sie schüttelte es aus, woraufhin sich ein Duft aus den Falten löste, der Monks Erinnerung derart heftig auf die Sprünge half, daß er plötzlich eine komplette Szenerie mit einer Frau in Rosa vor sich sah, sie kehrte ihm den Rücken zu und weinte leise vor sich hin. Er wußte weder, wie ihr Gesicht aussah – nur daß er es schön fand –, noch was sie zu ihm gesagt hatte. Doch was er spürte, war stark, es erschütterte und überwältigte ihn. Er war wie besessen von dem Wunsch, die Wahrheit herauszufinden, sie vor dieser entsetzlichen Gefahr zu bewahren, die ihr Leben und ihren Ruf bedrohte.
    Wer konnte sie bloß sein? Stand sie vielleicht mit Walbrook in Verbindung? Nein! Zumindest ein Knoten schien sich plötzlich zu entwirren. Bis zu dem Zeitpunkt, als Walbrook bankrott ging und seine eigene Karriere als Handeltreibender ein jähes Ende nahm, war ihm noch gar nicht in den Sinn gekommen, zur Polizei zu gehen. Erst sein vollständiges Unvermögen, Walbrook und seiner Frau zu helfen oder sie wenigstens zu rächen, indem er die Konkurrenz aus dem Rennen warf, hatte ihn schließlich zu diesem Entschluß bewegen.
    Die Frau in Rosa hatte sich an ihn gewendet, weil er Polizist war. Weil das Aufspüren der Wahrheit zu seinem Job gehörte. Doch ebensowenig wie an ihr Gesicht, erinnerte er sich an die Fakten des Falles. Er wußte lediglich, daß sie des Mordes beschuldigt worden war, des Mordes an ihrem Mann – wie Alexandra Carlyon.
    Hatte er ihr helfen können? Selbst das entzog sich seiner Kenntnis, wie auch, ob sie schuldig gewesen war oder nicht. Warum hatte er überhaupt ein so großes persönliches Interesse an dem Fall gehabt? Welcher Art war ihre Beziehung gewesen? Hatte er ihr genausoviel bedeutet wie sie ihm, oder war sie nur deshalb zu ihm gekommen, weil sie vor Angst und Verzweiflung nicht weiterwußte?
    »Sir?« Ginny starrte ihn beunruhigt an. »Fehlt Ihnen was, Sir?«
    »Nein, nein. Danke. Alles in Ordnung. Was haben Sie gerade gesagt?«
    »Was für die Leute wohl ’n Grund war, daß eine Lady ihren Mann umbringen darf. Ich kenn keinen.«
    »Warum hat sie es denn Ihrer Meinung nach getan?« fragte Monk unverblümt. Er war noch zu sehr mit seinen Gedanken woanders, um auf eine dezentere Formulierung zu sinnen. »War Sie auf Mrs.

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