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Eine Stadt wie Alice

Eine Stadt wie Alice

Titel: Eine Stadt wie Alice Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neville Shute
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ihrer Fahrt.
    «Kuantan», gab der Blonde an.
«Eigentlich sollten wir heute schon zurück sein, aber Ben Leggatt — das ist
mein Kamerad — hat unser Auto so schön zerlegt, daß man den Plan aufgeben
mußte. Nun geht es wohl morgen weiter. Die Reparatur noch mehr in die Länge zu
ziehen, wäre ein bißchen riskant, aber vielleicht geht es.»
    Sie seien zu sechst und hätten
japanische Lastwagen zu fahren. Die Fahrt gehe regelmäßig von Kuantan etwa
hundertdreißig Meilen landeinwärts bis zur Bahnstation Jerantut, dort hätten
sie die aufgerissenen Schienen und Schwellen aufzuladen, und am folgenden Tag
wieder zurück, um im Hafen in Kuantan das Zeug auf ein Schiff zu bringen. Wohin
dies fahre, wisse er nicht.
    «Sie werden irgendwo eine neue
Bahnlinie bauen.»
    Hundertdreißig Meilen mit
schwerbeladenem Wagen und dazu in den Tropen ist ein schweres, zeitraubendes
Tagewerk, so daß sie des öfteren ihr Ziel nicht mehr erreichten und unterwegs
übernachten mußten. Ihre Abwesenheit werde daher in Kuantan nicht weiter
auffallen.
    Er war in der Nähe von Johore in
Gefangenschaft geraten und fuhr nun seit zwei Monaten einen Lastwagen. «Immer
noch besser als in einem Camp!» meinte er.
    Joan hatte sich auf der obersten der
drei Eingangsstufen zum Schulhaus niedergelassen. Er hockte zu ihren Füßen am
Boden, und zwar, was sie befremdete, so ähnlich wie die Malaien, nur daß er
dabei das linke Bein nach vorne streckte.
    «Sind Sie in Australien auch
Chauffeur?» fragte sie.
    «Gott behüte! Ich bin Ringer!»
    «Ringer? Was verstehen Sie darunter?
Ringkämpfer?»
    «Gott behüte!» rief er abermals.
«Ringer nennt man bei uns einen Viehzüchter und Treiber: einen Stockman. Ich
bin in Queensland geboren, ganz im Binnenland, in Cloncurry. Mein Vater kam
seinerzeit aus London, aus einem Vorort namens Hammersmith. Er kutschierte und
verstand sich auf Pferde. Er hat in Queensland bei Cobb & Co.
gearbeitet. Dort hat er auch Ma kennengelernt. Ich war sehr lange nicht mehr in
Cloncurry. Ich habe viel weiter westlich gearbeitet, auf einer Station mit
Namen Wollara, etwa hundertzehn Meilen südwestlich Alice.»
    Sie lächelte. «Alice? Wer ist denn
das?»
    «Alice Springs; das ist ein Ort mitten
in Australien, zwischen Darwin und Adelaide.»
    «So! Ich dachte, mitten in Australien
sei alles Wüste.»
    Er schien über ihre Unwissenheit
entsetzt.
    «Mein Wort darauf!» stieß er hervor:
«Alice ist ein bonza Ort. Mit reichlich viel Wasser! Dort lassen die Leute
ihren Rasensprenger den ganzen Tag laufen! Sogar die ganze Nacht! Natürlich ist
das Northern Territory größtenteils trocken, aber an den Flüssen findet sich
meistens noch gutes Futter. Man müßte nur ordentlich suchen, dann fände sich
überall Wasser! Nehmen Sie irgendein Flüßchen, das nur zwei Monate im Jahr
feucht ist oder nicht einmal das! Wenn Sie dort im sandigen Flußbett nur einen
Fuß tief graben, finden Sie Wasser wie nichts! Sogar bei der ärgsten
Trockenheit!»
    Sehr gleichmäßige, mit allerhand
fremdartigen Ausdrücken untermischte Redeweise hatte bei aller Langsamkeit
etwas seltsam Ermutigendes.
    «Da finden Sie überall im Sand», fuhr
er fort, «kleine Löcher, wo die Känguruhs und Euros» (wieder so ein unbekanntes
Wort) «nach Wasser gegraben haben. Die wissen Bescheid! Überall im Outback (noch
eins!) Wasser; man muß bloß wissen wo!»
    «Womit beschäftigen Sie sich dort in
Wollara?» fragte sie. «Mit Schafzucht?»
    «Ach was! Um Alice herum gibt es weit
und breit keine Schafe. Es ist viel zu heiß für sie. Wollara ist eine
Viehstation.»
    «Wieviel Rinder haben Sie?» fragte Joan
interessiert.
    «Als ich weg bin, waren’s etwa
achtzehntausend», lautete die Antwort, «aber es schwankt, je nach der
Feuchtigkeit.»
    «Achtzehntausend!» rief sie. «Ja, wie
groß ist denn das?»
    «Wollara? So zweitausendsiebenhundert.»
    Ihr Staunen wuchs.
«Zweitausendsiebenhundert Acres? Das ist ja enorm!»
    Er sah sie groß an. «Pah! Acres! ...
Quadratmeilen! Wollara mißt zweitausendsiebenhundert Quadratmeilen.»
    Sie war baff. «Ein einziges Anwesen?
Eine einzige Farm?»
    Er bestätigte: «Ja, eine Station, wie
man’s nennt. Ein Besitztum.»
    «Ja, wieviel Leute braucht man denn da,
um das zu bewältigen?»
    Er durchmaß im Geist seinen geliebten
Wirkungskreis und zählte auf: «Also, da ist Tommy Duveen, der Manager, und dann
ich, ich bin der Verwalter, das heißt: ich war’s. Aber Tommy», setzte er eifrig
hinzu, «hat mir versprochen, er hält

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