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Eine Stadt wie Alice

Eine Stadt wie Alice

Titel: Eine Stadt wie Alice Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neville Shute
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in ewigem Kreislauf. Man erntet in Kuala Telang zweimal im
Jahr und immer Reis. Mehrfelderwirtschaft ist unbekannt.
    Es ist keine unangenehme Arbeit, sobald
man mit ihr erst vertraut ist. Die sieben Frauen hatten erfahren: Es gibt in
der heißen Zone schlimmere Dinge, als einen breiten konischen, aus Palmblättern
geflochtenen Sonnenhut aufzusetzen, sich ziemlich sämtlicher Kleidung zu entledigen,
im Schlamm und Wasser zu spielen, rieselnde Bächlein einzudämmen und
abzulenken. Ehe vierzehn Tage vergangen waren, hatte jede einzelne ihre
Tätigkeit liebgewonnen; die Kinder hatten sie schon von Anfang an lieb.
    Und kein Japaner kam in der ganzen Zeit
in die Nähe des Ortes.
    Am sechzehnten Tag machte sich Mem
Paget mit dem Ortsoberhaupt auf den Weg nach Kuala Rakit, einem großen Dorf,
fast einer kleinen Stadt, in der eine japanische Abteilung in Garnison lag. Mit
sich führten sie die Uniform des verstorbenen Sergeanten, sein Gewehr, sein
Soldbuch und alles, was er sonst noch besessen hatte. Da die Entfernung
siebenundzwanzig Meilen betrug, waren sie genötigt, unterwegs in Bukit Perah zu
übernachten. Mat Amin schlief bei seinem Kollegen, dem dortigen Ortsvorsteher,
Mem Paget im hinteren Raum bei den Frauen. Am folgenden Abend erreichten sie
ihr Ziel, wo sie zunächst einen Beamten der malaiischen Ortsverwaltung mit
Namen Tungku Bentara Raja in dessen Haus besuchten.
    Tungku Bentara, ein kleiner, dünner Malaie,
der ein vorzügliches Englisch sprach, war von Mat Amins und Joans Berichten
erschüttert.
    «Das ist ja furchtbar; es tut mir
entsetzlich leid, daß ich Ihnen nicht sofort helfen kann, aber der Japaner
belauert jeden Schritt, den man tut. Schrecklich, daß Sie in den Reisfeldern
arbeiten mußten!»
    «Gar nicht schrecklich», versetzte Jane
mit all ihrer neugewonnenen Frische, «ich kann Ihnen nur sagen, wir tun es
gern! Uns wäre nichts lieber, als wenn wir bei Mat Amin bleiben könnten. Wenn
die Japaner hier in der Gegend ein Frauencamp haben, wird man uns dort wohl
festsetzen. Wenn nicht, dann haben wir keine Lust, in ganz Malaya herumzuirren;
es sind gerade genug von uns daran gestorben.»
    «Auf alle Fälle», sagte der Raja,
«bleiben Sie heute bei uns über Nacht. Ich werde morgen mit dem japanischen
Zivil-Administrator Rücksprache nehmen. Ein Frauencamp ist hier in der Gegend
jedenfalls nicht vorhanden.»
    In dieser Nacht schlief Joan Paget zum
erstenmal seit fast sieben Monaten wieder in einem Bett. Es lag ihr nicht
einmal sehr viel daran, auf dem Boden zu ruhen. Sie hatte sich so daran
gewöhnt, daß sie Matratze und Bettzeug zu heiß fand. Sie ging zwar nicht so
weit, daß sie aus dem Bett stieg und sich auf den Fußboden legte, war aber nahe
daran, es zu tun.
    Ihr Morgenbad und die Dusche danach
(die darin bestand, daß sie einen mit Wasser gefüllten Kürbis über ihrem Kopf
entleerte) waren eine Lust und ein Hochgenuß. Sie blieb ziemlich lange im
Waschraum.
    Hierauf ging sie mit Tungku Bentara und
Mat Amin zum japanischen Zivil-Administrator und sagte ihr Sprüchlein von neuem
auf. Dieser hatte als junger Mann die Staatsuniversität von Kalifornien
besucht, sprach ein erstklassiges Amerika-Englisch, machte einen nicht
unsympathischen Eindruck, erklärte jedoch, die Angelegenheit fiele nicht in
sein Ressort: Gefangene seien der Armee unterstellt. Er begleitete aber die
drei zum Kommandeur von Kuala Rakit, Oberst Matisaka, und Joan sagte ihr
Sprüchlein zum drittenmal auf.
    Es war leicht ersichtlich, daß dieser
Herr in weiblichen Kriegsgefangenen nichts weiter als eine Schererei erblickte.
Zu ihrer Bewachung auch nur den kleinsten Teil seiner Mannschaft abzuzweigen,
fiel ihm nicht im Traum ein. Von sich aus hätte er zweifellos die Frauen sofort
wieder in Marsch gesetzt, aber nun saßen in seinem Büro der Zivil-Administrator
und Tungku Bentara und setzten ihm den Fall ausführlich auseinander. Da ging
das nicht ohne weiteres, und schließlich wusch er seine Hände in Unschuld und
überließ es dem Administrator, die Sache nach seinem Dafürhalten zu erledigen.
Dieser sagte Bentara, nachdem sie das Büro des Gewaltigen verlassen hatten, die
Frauen sollten bis auf weiteres bleiben, wo sie seien, und Joan wanderte mit
Amin wieder zurück nach Kuala Telang.
    Dort blieben die Frauen und Kinder drei
Jahre lang.
    «Drei vergeudete Jahre», sagte Miss
Paget, «drei Jahre, einfach aus meinem Leben herausgehauen.» Sie hob den Kopf,
sah mich an und setzte unsicher hinzu: «Das heißt... es kam mir so

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