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Eine Stadt wie Alice

Eine Stadt wie Alice

Titel: Eine Stadt wie Alice Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neville Shute
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gespart, für den Fall,
daß ich mir einmal eine eigene Station kaufen oder einen guten Abschluß mit
Vieh oder sonst sowas machen kann.»
    Ich fragte, wieviel er davon noch übrig
habe, und er bekannte: «Mein Kreditbrief ist auf fünfhundert australische Pfund
ausgestellt; das sind vierhundert englische. Ich glaube, das ist dann der Rest.
Das heißt, mein Gehalt als Stationsmanager wird mir monatlich auf die Bank in
Willstown eingezahlt.»
    Der Mann tat mir, offen gestanden,
leid. Schweigend rauchte ich vor mich hin und dachte: ‹Da hat er nun sechs
Jahre lang ihr Bild im Geist mit sich herumgetragen, hat gehofft, irgendwo eine
zu finden, die ihr ein bißchen ähnlich ist, und sobald er gehört hat, sie sei
noch ledig, hat er seine ganzen Ersparnisse und die kostspielige Reise nach
England riskiert in der einzigen Hoffnung, sie noch unverheiratet vorzufinden.
Ein Vabanquespiel! — Aber sein ganzes Leben war wohl nichts anderes als eine
Kette von Vabanquespielen. Weit draußen im Outback war wohl nichts anderes
möglich. Und um das große Los, Joan als Gattin zu gewinnen, war ihm kein
Einsatz zu hoch! Und das Groteske ist, daß sie zur gleichen Zeit mit dem
größten Eifer ihn in seinem eigenen Lande aufzufinden bemüht ist!› Aber ihm
davon Mitteilung zu machen, dazu fühlte ich mich außerstande.
    «Ich verstehe noch immer nicht recht»,
sagte ich. «Wieso haben Sie die Absicht aufgegeben, Miss Paget den zwischen uns
besprochenen Brief zu schreiben? Sie sagten etwas von Willstown...»
    «Ja.» Pause. Dann sagte er auf seine langsame
Weise: «Als ich vorgestern von Ihnen wegging, habe ich über die Sache genau
nachgedacht — hätte ich es nur getan, eh ich von Midhurst losgezogen bin! Ich
habe Ihnen ja gesagt, ich bin nicht so verrückt stolz, daß ich nicht gern ein
Mädchen mit viel Geld heiraten möchte; im Gegenteil, das wäre mir wie jedem
Mann ein angenehmes Gefühl. Aber darum handelt es sich nicht.» Wiederum Pause.
«Ich bin vom Outback», fing er dann langsam von neuem an. «Eine Viehstation
führen, ist das einzige, worauf ich mich verstehe, und ich tu’s gern; ich bin
gern in Willstown. In einer Großstadt wie Brisbane oder Sydney hielte ich es
nicht aus, nicht mal in Cairns auf längere Zeit; es gibt da keine rechte Arbeit
für mich. Mit Schulunterricht war’s bei mir nicht weit her. Sie können sich
denken: im Outback! ... Ich will damit nicht sagen,daß ich kein Geld verdienen
kann; ich bringe eine Viehstation besser in Schwung als die meisten Ringer, und
auf Viehverkäufe verstehe ich mich so gut wie irgendeiner! Ich hoffe, daß ich
einmal meine eigene Station habe. Die kann ich bekommen. Es gibt immer wieder
einen Eigentümer, der sich mit fünfzigtausend Pfund zur Ruhe setzt und in die
Stadt zieht. Aber wenn ich es mal soweit bringe, bleibe ich im Outback und
mache weiter. Aber, das kann ich Ihnen sagen, Mr. Strachan, für eine Frau ist
der Outback grausig.»
    «Inwiefern?» fragte ich ruhig. Ich
fühlte, nun kamen wir zum springenden Punkt.
    Er schnitt ein Gesicht. «Nehmen Sie
beispielsweise Willstown! Kein Kino, nicht einmal ein Radio, um Musik zu hören;
nur den Kurzwellensender von Brisbane, der fast nur Statistik, Tratsch und
Krankenberichte bringt! Kein Laden mit Obst oder frischem Gemüse; die Schwester
sagt, daher grassiert bei uns die Pellagra, besonders bei den Alten! Keine
frische Milch, kein Damenmode-Geschäft; bei Bill Duncan gibt’s bloß dürre
Bohnen und Erbsen! Keine Tee-Stube, keine Eis-Creme, nicht mal eine Zeitung,
eine Illustrierte oder ein Buch kann eine junge Frau sich da kaufen. Arzt ist
auch keiner da, weil keiner nach Willstown will. Kein Telefon, keine
Badeanstalt, wo sie sich in einem hübschen Schwimmdress sehen lassen kann,
dabei ist eine verrückte Hitze, mein Wort darauf! Es fehlt an Gesellschaft, an
andern Frauen zwischen Siebzehn und Vierzig. Sobald eine siebzehn ist, haut sie
ab in die Stadt. Um in Cairns ein bißchen einkaufen zu gehen, muß man entweder
fliegen, und das kostet schwer Geld, oder im Jeep fahren, da braucht man vier
Tage, und wenn man glücklich einen Jeep findet, muß man erst sehen, wo man
frische Pneus herbekommt!» Er holte Atem. «Ja, Geld kann man da machen! Für
einen Mann, der fest zupackt, ist es großartig. Aber für eine Dame —
vertrackt.»
    Das war deutlich.
    «Sind alle Outback-Orte derart?» fragte
ich.
    «Die meisten. Die größeren, zum
Beispiel The Curry, sind etwas besser. Aber Camooweal und Normanton und...
Burketown,

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