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Eine Stadt wie Alice

Eine Stadt wie Alice

Titel: Eine Stadt wie Alice Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neville Shute
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spare
den Rest.»
    «Sehr vernünftig», lobte ich seinen
Entschluß und versprach, ihm durch mein Büro eine geeignete Passage besorgen zu
lassen. «Bis zu Ihrer Abfahrt würde es mich freuen, wenn Sie bei mir im
Gästezimmer logieren würden. Sie sind herzlich willkommen und sparen das
Hotel.»
    «Störe ich nicht?»
    «Nicht im mindesten. Tagsüber bin ich
nicht zu Hause. Wenn es Ihnen gefällt, soll es mich freuen!»
    Er war einverstanden, und als ich ihn
fragte, ob er sich während seines kurzen Verweilens in England nicht noch etwas
ansehen wolle, nannte er mir als erstes Acacia Road 19 in Hammersmith, wo sein
Vater geboren war, als zweites eine Studio-Aufführung von
«Much-Binding-in-the-Marsh», wovon er auf Kurzwelle Brisbane einmal eine
Übertragung gehört hatte. («In Alice ist ein bonza Sender», bemerkte er
nachdenklich, «ein eigenes Studio, direkt in der Stadt!») Als drittes:
«Möglichst viel von Pferdezucht und Viehzucht.» Auch für gute Sättel
interessierte er sich, meinte jedoch, darin gäbe es kaum etwas Neues für ihn.
    Sein erster Wunsch, Hammersmith, bot
natürlich keine Schwierigkeiten. Ich setzte ihn am gleichen Nachmittag in einen
Bus und begab mich in meine Kanzlei, um meine vernachlässigte Arbeit wieder in
Angriff zu nehmen. Einige Klienten warteten schon auf mich, doch mußte ich
immer wieder an Joe und Joan denken. Ob sie ihn nach einem etwaigen Wiedersehen
heiraten werde, war ihre Privatangelegenheit. Daß sie es werde, schien mir
keineswegs ausgeschlossen. Mochte man von der Partie denken, was man wollte, es
war nicht zu leugnen, daß dieser Mr. Harman einige schätzenswerte Eigenschaften
aufwies. Fleißig schien er zu sein und vor keiner Arbeit zurückzuscheuen, auch
sparsam und — abgesehen von diesem verrückten, verliebten Flug um die halbe
Erde — ein guter Wirtschafter, ein Mann, der im Leben Erfolg haben könnte, und
vor allem ein guter Mensch, der zu einem braven Ehemann wie geschaffen schien.
    Und da gab es noch einen anderen
Gesichtspunkt, der Beachtung verdiente. Ob sie davon wußte oder nicht: In der
Geschichte der Familie Paget-Macfadden spielte Australien eine gewisse Rolle.
Joan hatte zwar nie ihren Großvater James Macfadden erwähnt, hatte seiner wohl
kaum mehr gedacht, und doch stammte das Vermögen, dessen Erbin sie war,
ursprünglich von ihm. Er hatte es in Australien erworben, war damit nach
England zurückgekehrt und hatte sich dort bei dem großen Pferderennen in
Yorkshire das Genick gebrochen. ‹Es wäre nicht übel›, dachte ich, ‹näheres über
diesen Großvater Macfadden in Erfahrung zu bringen. Hatte er sein Vermögen am
Ende im Outback auf einer Viehstation erworben? Auch er? War dieser Joe Harman
vielleicht ein zweiter James Macfadden?›
    Noch am Nachmittag ließ ich mir von
meiner Sekretärin die alten Akten Macfadden holen, und nachdem mein letzter Klient
draußen war, durchblätterte ich die vergilbten Dokumente und Testamente, fand
aber als einzige Fährte nur den Letzten Willen Großvater James’, datiert vom
18. September 1903. Er begann mit den Worten: «Ich, James Nelson Macfadden auf
Lowdale Manor, Kirkby Moorside in der Grafschaft Yorkshire, vordem Hall’s Creek
in Westaustralien, widerrufe hiermit meine früheren Testamente...» etc. Von
Hall’s Creek wußte ich damals noch nichts, notierte mir aber den Namen für
künftige Nachforschungen.
    Hierauf rief ich Marcus Fernie im BBC
an und fragte, ob er mir ein Billett zur Aufführung «Much-Binding-in-the-Marsh»
besorgen könne. Da dies nicht ganz einfach war, denn die Nachfrage war nach wie
vor stark, mußte ich ihm näheres vom Ringer Harman erzählen, worauf er als
fixer Radiomann sogleich erklärte, er wolle ihn für die Programmnummer «Heute
in London» interviewen. Ich versprach, Harman die Sache vorzutragen, worauf er
ihm ein Freibillett zusagte. Um auch den dritten Wunsch meines Gastes zu
erfüllen, rief ich den alten Sir Dennis Frampton an, der auf seinem Gut bei
Taunton eine berühmte Herefords-Rinderzucht unterhielt. Als ich ihm von meinem
queensländischen Besuch berichtete, lud er ihn in liebenswürdiger Weise auf
einige Tage zu sich ein.
    Ich hatte das Abendessen in meiner
Wohnung auf sieben Uhr bestellt und war rechtzeitig dort. Joe Harman war
bereits da. Er war inzwischen auf der Bank und im Hotel gewesen und hatte
seinen Handkoffer mitgebracht. Ich fragte, ob er sein Vaterhaus in Hammersmith
gefunden habe.
    «Mein Wort darauf, ich hab’s gefunden,
und

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