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Eine Stadt wie Alice

Eine Stadt wie Alice

Titel: Eine Stadt wie Alice Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neville Shute
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gefunden, irgendwo in der Gulf
Country.»
    «Haben Sie seine Adresse?» fragte Joan.
    «Ich nicht, aber Tommy Duveen wird sie
wohl wissen; der ist der Manager von Wollara.»
    «Kommt Mr. Duveen öfters in die Stadt?»
    «Letzten Freitag hätten Sie ihn treffen
können. Er kommt im Monat etwa einmal.»
    Mit vollendeter Harmlosigkeit forschte
sie weiter: «Sind die Kinder und die Frau mit nach Queensland, oder hat er sie
vorläufig hier gelassen?»
    Der Alte glotzte. «Joe Harman eine
Familie? Das wäre das Neueste! Der war doch im Leben nie verheiratet.»
    «Mein Onkel in England hat sich immer
eingebildet, der Junge hätte eine Frau!» spielte Joan ihre Rolle weiter.
«Unbegreiflich.»
    «Das müßte ich wissen», lachte der
Alte.
    Joan überlegte und fragte dann, ob man
nach Wollara telefonieren könne. «Wenn Mr. Duveen seine Adresse weiß, kann ich
ihn ja anrufen.»
    «Telefon haben sie dort nicht. Sie
geben das Nötige jeden Morgen und Abend durchs Radio», erklärte die Hoteldirectrice.
Es bestand nämlich ein weit ausgedehnter Radiodienst, der vom Spital aus
dirigiert wurde. Dort rief ein Radio-Operateur jeden Morgen und Abend vierzig
bis fünfzig Stationen an, übermittelte Nachrichten, richtete Bestellungen aus
und vergewisserte sich über den allgemeinen Gesundheitszustand. Am anderen Ende
antworteten meistens die Ehefrauen beziehungsweise die Wirtschafterinnen. «Mrs.
Duveen», versicherte Mrs. Driver, «hört heute bestimmt mit! Ihre Schwester Amy
ist zur Entbindung in die Klinik. Da will Edith natürlich wissen, ob sie schon
Tante ist. Wissen Sie, was? Notieren Sie ihre Frage an Tommy Duveen auf, und
gehen Sie damit zu Mr. Taylor ins Spital; dann wird er es heute nacht
durchgeben.»
    Joan ging auf ihr Zimmer, schrieb ihre
Bitte an Tommy auf und begab sich damit zu Mr. Taylor, der ihr die Übermittlung
nach Wollara zusagte: «Wenn Sie heute abend gegen acht hier vorbeikommen, wird
die Antwort wohl da sein, vorausgesetzt, daß sie die Adresse zur Hand haben.
Wenn sie erst danach suchen müssen, kommt sie vielleicht morgen mit der
Frühsendung.»
    Es hieß also warten, und da Joan nichts
Besseres zu tun hatte, ging sie wiederum in die Milchbar, um ein Eis zu essen,
und lernte dort ein etwa achtzehnjähriges Mädchen namens Rose Sawyer kennen, die
einen Aberdeen-Terrier an der Leine führte; nachmittags arbeitete sie im
Schneideratelier des Modegeschäftes.
    Daß die unbekannte Dame aus England
komme, schien auf Miss Sawyer Eindruck zu machen, und nachdem sie mit ihr eine
Weile von England geplaudert hatte, fragte sie, nichts Gutes erwartend: «Na,
und wie finden Sie Alice?»
    «Es gefällt mir ausgezeichnet», lautete
die aufrichtige Antwort. «Ich habe schlimmere Orte gesehen und kann mir denken,
daß Sie sich hier riesig wohl fühlen.»
    «Es ist nicht übel», versetzte Miss
Sawyer. «Wir waren vorher im Südwesten in Newcastle, und als mein Daddy als
Bankfilialleiter hierher versetzt wurde, haben wir alle gedacht: ‹Es wird
schrecklich.› Meine Freundinnen haben mir vor dem Outback eine solche Angst
gemacht, daß ich dachte, ich halte es hier keine drei Tage aus. Aber jetzt sind
wir schon das zweite Jahr hier, und es ist wirklich nett.»
    «Alice bildet, scheint’s, eine
Ausnahme?»
    «So heißt es allgemein — ich war ja
sonst noch nirgends — , aber so ist es auch erst seit kurzem; vor dem Krieg gab
es noch keine Läden.» Und vor Joan entrollte sich ein Stück Stadtgeschichte.
    Alices Wachstum war erstaunlich. 1928
standen an dieser Stelle drei Häuser und eine Kneipe. Im selben Jahr wurde die
Süd-Nord-Bahn, die bisher nur von Adelaide bis Oodnadatta reichte,
weitergeführt. Alice wurde Kopfstation. Der Ambulanzdienst (genannt «Der
fliegende Doktor») trat 1930 in Funktion, und in den Nachbardistrikten wurden
kleinere Krankenhäuser gebaut. Die Krankenschwestern wurden im Nu weggeheiratet
und legten den Grundstein zu den «ältesten Familien» von Alice und Umgebung.
1939 zählte der Ort dreihundert Seelen. Im Krieg erhielt er eine Garnison, und
bei Kriegsende hatte sich die Bevölkerung mehr als verdoppelt.
    «Heute haben wir etwa zwölf hundert
Einwohner», berichtete Miss Sawyer. «Die neuen Läden gehen glänzend. Aus der
ganzen Umgebung kommen Kunden, und viele lassen sich dauernd hier nieder.»
    Sie schlug der neuen Freundin vor,
gegen Abend zusammen schwimmen zu gehen.
    «Mrs. Maclean hat ein herrliches
Schwimmbad, gleich neben dem Flugplatz. Ich will sie sofort anrufen, ob ich

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