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Eine Stadt wie Alice

Eine Stadt wie Alice

Titel: Eine Stadt wie Alice Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neville Shute
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einer gemeinsamen Zukunft.
    «Im Krieg», erzählte Rose stolz, «hat
er sich ausgezeichnet bewährt; mit Dreiundzwanzig war er schon Captain. Aber
das ist natürlich kein Vergleich mit Ihrem Joe Harman: Billy hat sich für mich
noch nie kreuzigen lassen.»
    «Ich bin nicht in Joe Harman verliebt»,
betonte Joan würdevoll, «ich möchte nur wissen, wie es ihm geht.» —
    Rose war auf Suche nach einer für sie
geeigneten Tätigkeit.
    «Ein Geschäft, einen Laden hätte ich
gern», meinte sie. «Im Stenographieren, so wie Sie, würde ich es nie zu etwas
bringen. Im Laden ja! Aber Damenmode und Konfektion wären auch nichts für mich.
Was einer Dame zu Gesicht steht, sehe ich erst, wenn sie es trägt. Ich kann
auch keine Kleider oder Hüte entwerfen. Eine Milchbar würde mir eher zusagen.
Ja, eine Milchbar wäre etwas für mich!»
    Auch auf seiner Bank stattete Joan dem
allzeit gefälligen Mr. Sawyer einen Besuch ab und gab Auftrag, die für sie etwa
noch einlaufenden Überweisungen nach Willstown weiterzuleiten. Am folgenden
Montag verließ sie, nicht ohne Bedauern, das schöne Städtchen, und sowohl die
Familie Sawyer wie der ganze Kreis um Mrs. und Mr. Maclean sahen sie ungern
scheiden.
    Sie flog den ganzen Tag in einem
Doppeldecker des Macleanschen Flugdienstes und lernte dabei eine Menge. Denn
der Apparat flog Cloncurry nicht in der Luftlinie an, vielmehr durch die
unübersehbaren Weiten Mittelaustraliens im Zickzack von einer Viehstation zur
anderen, gab überall Post ab, nahm Stockmen und Handlungsreisende an Bord, um
sie nach hundert oder hundertfünfzig Meilen wieder abzusetzen, und so landeten
sie im Laufe des Tages wohl zehnmal — in Ammaroo, Hatches Creek, Kurundi,
Rockhampton Downs und anderen Stationen, und überall konnte Joan aussteigen und
bei einer Tasse Tee mit dem Leiter oder dem Eigentümer der Viehstation
plaudern. Als der Tag sich neigte, wußte sie nicht nur, welchen Eindruck ein
solches Gehöft («Homestead» genannt) äußerlich macht, sondern auch, was darin
vorgeht.
    Cloncurry am Cloncurry River, wo sie am
Abend landeten, ist eine ziemlich weitläufige Stadt. (Die Bahnlinie zweigt hier
nach Osten ab und erreicht bei Townsville am Großen Barriere-Riff das
Korallenmeer und den Stillen Ozean.) Nun war Joan Paget in Queensland. Die
bedächtige, langsame Redeweise der Queensländer drang an ihr Ohr, und ihr war,
als höre sie wieder Joe Harman in Maran und auf der Straße nach Kuantan.
    Ein altertümliches offenes Auto fuhr
sie in die Stadt zum «Hotel Post Office», wo sie ein Zimmer erhielt, aber
nichts mehr zu essen, denn der «Tee» war schon vorbei, und sie mußte irgendwo
an der breiten, staubigen Hauptstraße nach einem Lokal suchen, so es noch etwas
zu essen gab. Da war nichts von der bezaubernden Sauberkeit Alice Springs.
Cloncurry roch nach dem Vieh, das man auf den auffallend breiten Kuhwegen in
die Viehhöfe trieb. Gasthäuser gab es genug, aber nur wenig Läden. Alle Häuser
waren aus Holz mit roten Dächern aus Wellblech. Die Gasthöfe hatten meist eine
erste Etage; die anderen Häuser glichen Baracken. Hier hatte Joan einen Tag
Aufenthalt, denn die Strecke Cloncurry-Normanton-Willstown wurde nur
wöchentlich einmal, am Mittwoch, beflogen.
    Anderntags nach dem Frühstück ging sie,
solange es noch halbwegs kühl war, die lange Hauptstraße bis ans obere
Stadtende und dann bis ans untere, insgesamt eine und eine viertel Meile,
hierauf zum Bahnhof, und da sie den Flugplatz schon kannte, hatte sie damit
alle Sehenswürdigkeiten von «Curry» bis zur Erschöpfung gesehen. Sie wollte sich
in einem einschlägigen Geschäft etwas Lektüre besorgen, aber der Lesestoff war
bis auf ein paar Modejournale ausverkauft. Da die Hitze einsetzte, kehrte sie
ins Hotel zurück, lieh sich von der Directrice die neueste Nummer des
australischen «Women’s Weekly», begab sich damit auf ihr Zimmer, legte sich
ausgezogen aufs Bett und verschwitzte die heißeste Tageszeit, wie dies in
Cloncurry Sitte ist. Erst als die Teestunde nahte, raffte sie sich auf, duschte
und nahm im Cafe ein Eis.
    Dem schweren Abendessen, das die
Queensländer «Tee» nennen und das aus Roastbeef und Plumpudding besteht, saß
sie hilflos und verblüfft gegenüber, lag noch ein Weilchen im Liegestuhl auf
der abendlichen Veranda und begab sich gegen acht Uhr zur Ruhe.
    Vor Tagesanbruch weckte man sie; der
erste Schimmer des Tages fand sie bereits beim Flugzeug. Es war ein sogenannter
«Sammeldrachen» und sammelte die Passagiere

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