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Eine Stadt wie Alice

Eine Stadt wie Alice

Titel: Eine Stadt wie Alice Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neville Shute
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und Postsäcke der Viehstationen
Canobie, Wandoola, Milgarra und einiger anderer ein. Gegen Mittag kam das Meer
in Sicht. Unter ihnen dehnte sich eine trostlose, sumpfige Küste. Kurz danach
Landung in Normanton, von wo es bereits nach dreißig Minuten weiterging. Auf
der Viehstation Constance Downs nahm Joan eine Tasse Tee, unterhielt sich kurz
mit der Frau des Leiters, und dann kam die letzte Teilstrecke. Um die Mitte des
Nachmittags kreiste der «Dragon» über Willstown.
    Aus der Vogelschau bemerkte Joan
erstaunt, daß das Gebiet ziemlich grün und von krüppligen Eukalyptusbäumen, den
Gums, erfreulich bewaldet war. Etwa drei Meilen unterhalb Willstown mündet der
Gilbert River ins Meer. Er schien ausreichend Wasser mit sich zu führen, auch
oberhalb der Stadt, wo sie eine hölzerne Landungsbrücke gewahrte. Tiefer
landeinwärts war im Dunst des heißen Tages vom Flußlauf nichts mehr zu sehen.
Die übrigen Flüsse und Seitengewässer, die ihre Landkarte verzeichnete,
schienen fast ausgetrocknet. Der Ort selber bestand aus etwa dreißig weit
auseinander liegenden Baulichkeiten an zwei sich kreuzenden breiten Straßen,
besser gesagt Landstreifen, denn sie waren weder gepflastert noch geschottert.
Nur eines der Häuser — das Gasthaus, wie sie bald erfuhr — hatte über dem
Parterre ein erstes Stockwerk.
    Von der Stadt führten staubige Wege
nach verschiedenen Richtungen. Sonst war von Willstown nur noch der
imponierende Flugplatz zu sehen, dessen drei asphaltierte riesige Start- und
Landebahnen im letzten Krieg zu Verteidigungszwecken angelegt worden waren.
Jede war eine Meile lang. Auf einer derselben landeten sie und rollten dem
Tankwagen zu, der auf dem Querweg mit Treibstoff und Rotationspumpe wartete.
    Als Joan die Passagierkabine verließ,
fragte der Pilot: «Sie steigen hier aus, Miss Paget? Werden Sie abgeholt?»
    Sie verneinte. «Ich suche nur jemanden,
der hier in der Gegend auf einer Viehstation wohnt. Ich denke, ich werde im
Gasthof logieren.»
    «Wer ist es denn?» fragte der Pilot.
«Al Burns, der Shell-Vertreter, der da vorne beim Tankwagen steht, kennt hier
jeden.»
    «Ausgezeichnet», fand Joan. «Ich suche
Mr. Joe Harman, den Manager der Station Midhurst.»
    Der Pilot stieg mit aus, begrüßte den
Shell-Mann, gab seine Bestellung auf: «Vierzig Gallonen, Al, ich komme dann
nachsehen», und fragte: «Ist Joe Harman im Ort?»
    «Joe Harman?» wiederholte der Tanker,
ein hagerer, dunkelhaariger, etwa vierzigjähriger Mann. «Joe Harman ist auf
Ferien in England.»
    Joan fuhr entgeistert zusammen. Dann
mußte sie sich erst einmal sammeln. Sie war darauf gefaßt gewesen, daß Harman
irgendwo auf der Farm, meinetwegen sogar in Cairns oder Townsville war, aber —
in England? Das war ja absurd!
    Und dann mußte sie laut herauslachen.
Die beiden Männer schauten verwundert drein. «Ich habe ihm doch telegraphiert,
daß ich komme», sagte sie, «hat er das Telegramm nicht bekommen?»
    «Wann haben Sie es abgesandt?» fragte
Al Burns queensländisch gedehnt.
    «Vor fünf Tagen etwa, aus Alice
Springs.»
    «Dann hat er es nicht. Vielleicht hat
es Jim Lennon auf der Station Midhurst.»
    «Das ist ja eine Bescherung», meinte
der Pilot. «Wann ist er denn fortgefahren?»
    «Ungefähr vor einem Monat», meinte Al.
«Jim Lennon hat neulich gesagt, Ende Oktober muß er wieder hier sein.»
    Der Pilot wandte sich an Joan. «Was
haben Sie jetzt vor, Miss Paget? Wollen Sie hier bleiben? Ich kann Ihnen sagen:
Schön ist es hier nicht.»
    Sie nagte an ihrer Unterlippe und
überlegte. «Wann steigen Sie auf? Fliegen Sie wieder zurück nach Cloncurry?»
    «Richtig. Wir übernachten heute in
Normanton und fliegen in der Frühe nach Curry. Ich gehe jetzt auf einen Sprung
ins Dorf. Inzwischen füllt Al auf. In einer halben Stunde starten wir.»
    Nach Cloncurry zurückzukehren hatte
Joan nicht große Lust.
    «Ich will es mir überlegen», sagte sie.
«Ich bleibe in Australien, bis ich Mr. Harman gesprochen habe... Ist es in
Cairns nett?»
    «Cairns ist eine bonza Stadt»,
versicherte der Pilot, «auch Townsville ist zu empfehlen. Wenn Sie sechs bis
acht Wochen warten müssen, Miss Paget, ist hier wohl nicht der geeignete Ort.»
    «Wie komme ich nach Cairns?» fragte
sie.
    «Tja, also entweder Sie fliegen mit mir
wieder nach Cloncurry und nehmen dort den Zug Townsville-Cairns, ich weiß aber
nicht, wie lange er braucht; es sind sechs- bis siebenhundert Meilen. Oder Sie
bleiben bis Mittwoch, also heute in einer Woche hier;

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