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Eine Stadt wie Alice

Eine Stadt wie Alice

Titel: Eine Stadt wie Alice Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neville Shute
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führt unfehlbar zu
Ruhr›, sagte sich Joan, ober ich werde auch dies überleben; für eine Woche
reicht mein Sulfonamid›. Sie vertilgte ein Viertel der Riesenportion, trank
dazu zwei Tassen Tee, streckte alsdann die Waffen und floh vor den Fliegen ins
Freie.
    Auf der Parterre-Veranda, die sich
knapp einen Meter über das Straßenniveau erhob, standen etwas abseits vom
Eingang zur Bar drei Liegestühle. Anscheinend bildeten sie das Foyer, den Salon
und Lesesaal des Hotels Wellblech; jedenfalls hatte sie bisher nichts anderes
dieser Art entdeckt, und eingedenk der angloaustralischen Sitte, daß eine Dame
sich von einer Hotelbar fernhalten müsse, rückte sie ihren Liegestuhl noch
etwas weiter zur Seite. (Womöglich ist auch dies wieder ein Verstoß gegen die
Etikette!) sagte sie sich, zündete eine Zigarette an und betrachtete die
Gegend.
    Es war Abend, aber die Sonne hatte noch
immer Kraft; die weite Staubfläche, die hier als Straße diente, war von
goldenem Licht überflutet. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite (die Distanz
betrug über hundert Schritt) stand ein anscheinend in mehreren Bauperioden
entstandenes, weitläufiges Erdgeschoß mit dem Firmenschild: «Wm. Duncan,
Warenhaus». Es war dies der einzige Laden von Willstown. Davor standen drei
farbige Cowboys in lebhaftem Gespräch; einer derselben hielt ein Pferd am
Zügel. Es waren große, gutgebaute Jünglinge, wohl Neger. Sie lachten so
herzlich und reichlich, wie Neger zu lachen pflegen.
    Auf derselben Straßenseite weiter
rechts stieg ein zweieinhalb Meter hohes Rohr aus dem Boden. Aus seinem oberen
Ende, das einen Durchmesser von etwa fünfzehn Zentimeter hatte, schoß ein
Springbrunnen, anscheinend kochend heiß, denn Rohr und Strahl waren von
Dampfwolken eingehüllt. Auch das nach hinten abfließende Wasser dampfte, so
weit ihm das Auge zu folgen vermochte. Es bildete einen Bach, über den —
ungefähr eine Viertelmeile weiter weg — eine Bude gebaut war. Der dampfende
Bach floß in diese hinein und auf der gegenüberliegenden Seite heraus. Was es
damit für eine Bewandtnis habe, konnte Joan vorläufig nicht enträtseln.
    Aus der Hotelbar tönte Stimmengemurmel.
Von Zeit zu Zeit ging ein Mann an ihr vorbei und verschwand durch die offene
Bartüre ins Innere. Frauen waren keine zu sehen.
    Ein junger Bursche ging auf der Straße
vorüber, lächelte sie an, sagte: «Guten Abend!» und lächelnd erwiderte sie
seinen Gruß. Sogleich machte er halt, und sie wußte: Da hatte sie sich etwas
angefangen.
    «Ich habe Sie heute nachmittag mit Sam
Small gesehen. Sind Sie mit dem Flugzeug gekommen?» fragte der Jüngling.
    Es wäre dumm gewesen, hier
Zurückhaltung zu markieren. Er war ein harmlos und frisch dreinblickender
Bauernjunge, sein Gang der typische wiegende Cowboyschritt, und er trug die für
seinen Beruf bezeichnenden grünen Jodhpur-Hosen und Stiefel mit Gummizug.
    «Richtig!» versetzte sie frisch. «Ich
bin von Cloncurry aus geflogen. Sagen Sie: Ist das eine heiße Quelle?»
    «Natürlich. Das ist ein Bohrloch. Mein
Wort darauf! Noch nie gesehen?»
    Sie schüttelte den Kopf und bemerkte zu
ihrer Entschuldigung, daß sie gerade aus England käme.
    «Aus England?» rief er, «wie sieht’s
denn da aus? Habt ihr genug zu essen?» Sie sagte wieder das gewohnte Sprüchlein
und hörte von ihm: «Mein Vater ist aus England. Der Ort heißt Wolverhampton.
Ist das weit von Ihnen?»
    «Etwa zweihundert Meilen.»
    «So nah? Ach! Dann kennen Sie sicher
meine Leute, sie heißen Fletcher. Ich bin Pete Fletcher», stellte er sich vor,
worauf sie ihm erklärte, wie eng beisammen in England die Menschen wohnen, und
weiter fragte — denn alles, was mit Brunnen und Bohrungen zusammenhing,
interessierte sie seit Kuala Telang mächtig.
    «Kommt denn hier alles Wasser so heiß
aus der Erde?»
    «Und ob!» versicherte er, «aber trinken
können Sie es nicht; es ist ungenießbar. Es ist mineralisch und enthält Gas.
Das werde ich Ihnen einmal anzünden.» Die Flamme, erklärte er, schlage fast
zwei Meter hoch. «Warten Sie, bis es etwas dunkler ist; dann zünde ich es an!»
    Sie sagte, dies sei riesig nett von
ihm, und er wurde von ihrem Lob ganz verlegen. Inzwischen war auch Al Burns,
der Shell-Vertreter und Automechaniker, hinzugetreten und fragte: «Na, Miss
Paget, gut untergekommen?»
    «Ja, danke! Ich bleibe bis Mittwoch.»
    «Gu-u-u-ut! Bei uns sieht man so selten
ein neues Gesicht!»
    «Ich habe eben Pete wegen des Bohrlochs
gefragt», kam sie wieder auf

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