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Eine Sünde zuviel

Eine Sünde zuviel

Titel: Eine Sünde zuviel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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somit Statur, Gewicht und Lieblingsdinge gemeinsam … nur Kuchen, wie ihn Gennat tellerweise gegessen hatte, mochte er nicht. In Hannover wußte jeder, daß der dicke Faber die Mordkommission leitete; seitdem er aus dem Aasee einmal einen Männerkopf gefischt hatte und wie Hamlet in stiller Betrachtung ihn vor sich hinhielt, war er in Fachkreisen sagenhaft. Sein Humor war schwarz und derb … aber wenn er eine heiße Spur hatte, verlor er allen Witz und hetzte den Täter mit der Konsequenz eines hungrigen Löwen, der einer Gazelle nachjagt.
    Auch Ernst Dahlmann und Luise kannten Ludwig Faber aus der Presse. Es kostete Luise ungeheure Anstrengung, die Blinde weiterzuspielen, während Dahlmanns Gesichtsfarbe noch fahler wurde.
    »Faber –«, sagte der Dicke und hielt einen Ausweis vor. Dahlmann nickte und winkte zu einem Sessel.
    »Bitte, setzen Sie sich. Sie sehen mich einigermaßen erschrocken, daß die Mordkommission zu uns kommt …«
    »Mordkommission!« schrie Luise auf und tastete nach Dahlmanns Hilfe. »Was ist mit Monika? Hat man Monika gefunden?!« Sie sprang auf. Ihr Aufschrei war echt. Dahlmann drückte sie in den Sessel zurück.
    »Entschuldigen Sie, Herr Kommissar. Ich muß Ihnen erklären. Meine Frau ist blind und …«
    »Ich weiß.« Faber verbeugte sich kurz vor Luise. »Ich habe von dem Unglück damals gehört. Zunächst eins: keine Sorgen!«
    »Also Sie wissen auch nicht, wo sie ist?« Luise schloß die Augen. Faber und Dahlmann verschwammen wieder vor ihrem Blick, die Augen tränten und brannten.
    »Nein.«
    »Aber die Mordkommission.« Dahlmann schluckte. »Sie werden verstehen, niemand ist begeistert, von der Mordkommission besucht zu werden …«
    »Solange mir die Leichen nicht an der Tür entgegenfallen, bin ich ein höflicher Mensch.« Der dicke Faber setzte sich und holte sich eine seiner Zigarren hervor. »Einmal erlebte ich, daß ich einen Lokus suchte, durch die Wohnung irrte, eine Tür aufriß und in eine Besenkammer blickte. Und in der Besenkammer stand eine mumifizierte Frauensperson …«
    »Ihre Erzählungen in allen Ehren, Herr Kommissar, und sie mögen in Fachkreisen sicherlich auch geschätzt werden … sagen Sie uns bitte, warum Sie hier sind?!« Dahlmanns Stimme bebte. »Verstehen Sie, daß wir in einer unerträglichen Erregung sind. Meine Frau ist an der Grenze des Erduldbaren …«
    Faber brannte sich erst seine Zigarre an, in aller Ruhe, fast zelebrierend. Dabei beobachtete er Dahlmann durch die kleine tanzende Flamme seines Streichholzes. Er ist nervös, dachte er. Er benimmt sich anders als die Verwandten, aus deren Mitte ein Mensch verschwindet. Er lauert auf irgend etwas, er schmort gewissermaßen im eigenen Saft. Lassen wir ihn weiterschmoren.
    »Eine Routinesache«, sagte der dicke Faber gemütlich. »Das Vermißtendezernat hat mich um Amtshilfe gebeten.«
    »Das tut man nur bei Mordverdacht!«
    »Ein plötzliches Verschwinden schließt diese Möglichkeit nie aus. In den Hotels und Pensionen Hannovers ist Ihre Schwägerin jedenfalls nicht. Das wissen wir.«
    »Ich auch. Ich habe ebenfalls nachgeforscht.«
    »Kleiner Sherlock Holmes, was?« Faber lächelte breit. Aber hinter dieser Freundlichkeit stand eine erbarmungslose Gefährlichkeit. Dahlmann wußte es. Er bezwang sich, mitzulächeln.
    »Ich wollte meine Frau damit beruhigen. Vielleicht wäre es doch möglich gewesen, sie zu finden.«
    »Natürlich.« Faber rauchte intensiv. »Ich möchte mich bei Ihnen etwas über die Lebensgewohnheiten Ihrer Schwägerin bzw. Schwester erkundigen. Auch aus einer Charakterisierung der Gesamtperson gewinnt man oft verblüffende Einblicke in Motive. War sie sehr schwierig?«
    »Nein, nie«, sagte Luise schnell. Dahlmann wog den Kopf. Faber hob die Augenbrauen.
    »Sie sind anderer Ansicht?«
    »Sie war das, was man kapriziös nennt. Eine Künstlerin. Zu schnellen Entschlüssen neigend, unkompliziert in allen Dingen des täglichen Lebens, sorglos fast, möchte man sagen. Sie lebte, und das war für sie die Hauptsache. Was um sie herum vorging, kümmerte sie wenig … Sie war immer ein wenig wirklichkeitsfremd, wie man es bei Künstlern oft findet. Ein Musentyp …«
    »Sie hätten Psychologie studieren sollen, das liegt Ihnen.« Faber lachte gemütlich. »Nach diesem Charakterbild wäre Monika Horten wohl nicht zu Dummheiten, aber doch zu Unbedachtheiten fähig gewesen …«
    »Ja. Durchaus.«
    »Du kennst Moni nicht.« Luise beugte sich vor. Faber betrachtete seine Zigarrenspitze.

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