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Eine Sünde zuviel

Eine Sünde zuviel

Titel: Eine Sünde zuviel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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eingepflanzten Hornhäute wieder trüben könnten …«
    »Das kann man erst in einigen Monaten sagen, signora.«
    »Ich könnte also wieder blind werden?«
    »Möglich ist alles. Des Menschen Freund und Feind ist sein eigener Körper.« Dr. Saviano lauschte. Viele Schritte knirschten über den Flur. »Der Chef kommt –«
    Professor Siri erkannte Luise Dahlmann sofort wieder und senkte den Kopf wie ein angreifender Stier. Seine weißen Haare standen an den Schläfen ab. Er hatte sich geärgert. Auf Station IV hatte der Gutsverwalter Pietro Stragazzi bei einem Ausgang in einer Taverne sein Glasauge gegen zwei Liter Wein verwettet und verloren. Nun saß er mit leerer Augenhöhle herum und verlangte ein neues Auge. Am schlimmsten war, daß er nicht wußte, wer der Augengewinner war. Professor Siri hatte geschrien und sich die Haare gerauft. »Lieber drei Bettnässer als nächtliche Wärmflasche als euch eine Stunde in Behandlung!« hatte er gebrüllt. »Du bekommst kein neues Auge. Geh nach Bologna und sieh zu, daß du wieder eins gewinnst!«
    Nun stand er vor Luise Dahlmann und steckte die Hände in die Taschen des wie immer viel zu kurzen Kittels. Dr. Saviano drängte die Assistenzärzte und Schwestern aus dem Zimmer und schloß die Tür.
    »Aha!« sagte Professor Siri und schnaufte durch die Nase. »Unser Doppelauge! Ich schenke Ihnen die Sonne wieder, und was tun Sie? Sie treten einem alten Mann ins Gesäß! Und dabei wäre gerade Ihr Fall ein Kleinod zur Veröffentlichung. Bei Ihnen habe ich zum erstenmal die Tantalnähung vorgenommen –«
    »Sie werden es in wenigen Wochen publizieren können.«
    »Wirklich?« Professor Siri winkte auf einen Stuhl zu. »Setzen.«
    Gehorsam setzte sich Luise. Siri beugte sich über sie und spreizte mit den Fingern ihre Augenlider.
    »Bewegen Sie die Augen hin und her, zur Seite, nach oben … danke.« Er trat zurück und strich sich die weißen Haare glatt. »Alles in Ordnung, signora. Die Sonne bleibt bei Ihnen …«
    »Ganz sicher?«
    »Nach menschlichem Ermessen, ganz sicher.«
    »Ich danke Ihnen, Herr Professor.« Luise hielt ihm die Hand hin. Professor Siri hob die Augenbrauen. Sie kannte das und schüttelte den Kopf. »Nein, nein, ich will keine Hymne singen, Herr Professor. Ich will Ihnen nur sagen, daß Sie mir mehr gerettet haben als das Augenlicht.«
    »Mehr?«
    »Ja. Die Lebenserkenntnis. Ich war blind, als ich noch sehen konnte … und ich lernte sehen, als ich blind war. Das klingt absurd, nicht wahr?«
    Professor Siri schüttelte den Kopf. »Das höre ich so oft, nicht wahr, Saviano? Ein paarmal sind sie zurückgekommen und haben mich angeschrien: Warum haben Sie mich sehend gemacht, professore? Vorher war das Leben so einfach und so klar … jetzt ist es schrecklich, kompliziert und schwer! Jetzt sehe ich Dinge, die man mir verheimlicht hat … Und einmal, signora, hat einer Selbstmord begangen … ich glaube, das habe ich Ihnen damals schon erzählt …«
    »Ja. Aber das werden Sie bei mir nie erleben. Ich sehe mein Leben nur anders, klarer, nüchterner. Ob es schöner ist? Ich glaube nicht. Mit dem Wegzug der ewigen Nacht ist auch die Illusion weggewischt worden. Das Leben hat einen gewissen Zauber verloren, auch wenn er nur ein Selbstbetrug war … er war ein Zauber. Und trotzdem danke ich Ihnen. Sie haben nicht zwei Augen sehend gemacht, sondern aus mir einen anderen, einen neuen Menschen …«
    Die Nacht über blieben sie in Bologna in einem kleinen Hotel. Am Morgen fuhren sie nach Mailand und flogen von dort zurück nach Frankfurt und weiter nach Hannover. Der Provisor berichtete, daß Herr Dahlmann gestern dreimal angerufen habe.
    »Woher?« fragte Luise. Sie war völlig ruhig.
    »Aus Köln.«
    »Und was haben Sie gesagt?«
    »Was sollte ich sagen? Ich habe gesagt, daß Sie mit Fräulein Pleschke fortgefahren seien, wohin, das wüßte keiner.«
    Ein wenig verwirrt ging der Provisor hinaus. Eine halbe Stunde später rief Dahlmann wieder an.
    »Luiserl!« rief er. »Endlich! Wo warst du? Ich habe mir solche Sorgen gemacht! Ich habe um zwölf Uhr nachts zuletzt angerufen! Wo warst du denn?«
    »Im Theater. Ich habe mir La Traviata angehört. Und anschließend waren wir noch ein Glas Wein trinken. Deinen mitternächtlichen Anruf habe ich sicherlich verschlafen. Wo bist du denn jetzt?«
    »In Köln. Eine hochinteressante Tagung.«
    »Das glaube ich.« In Luises Stimme war keinerlei Spott. »Wo wohnst du? Kann ich dich zurückrufen?«
    »Leider nicht. Ich wohne

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