Eine Tiefe Am Himmel
Fensterritzen hereinsprühte, war heiß wie Babyspucke. Hinter ihnen glommen zwei Paar fernrote Lichter im Dämmerschein – Schmids Sicherheitsleute schlossen dichter auf.
Es brauchte eine heftige Anstrengung, seine Aufmerksamkeit wieder vom Unwetter draußen abzubringen und sich zu erinnern, was Unterberg gesagt hatte. »Ich weiß vom ›Zeitalter der Wissenschaft‹, Scherk. Das ist ja mein Gebiet im Gerätebau. Beim letzten Schwinden hatten wir Radio, Flugzeuge, Telefone, Tonaufzeichnungen. Sogar während des Wiederaufbaus seit der Neuen Sonne ist dieser Fortschritt weitergegangen. Dein Auto ist eine ungeheure Verbesserung gegenüber dem Relmeitch, den du vor dem Dunkel hattest – und das war damals ein teurer, moderner Wagen.« Und eines Tages hätte Unnerbei gern erfahren, wie Scherkaner ihn sich vom Stipendium eines Studenten hatte leisten können. »Zweifellos ist dies das aufregendste Zeitalter, das zu erleben ich jemals hoffen konnte. Die Flugzeuge werden bald die Schallmauer durchbrechen. Die Krone baut ein landesweites Autobahnnetz. Da stecken doch nicht Sie dahinter, oder, Frau Major?«
Viktoria lächelte. »Nicht nötig. Es gibt mehr als genug Leute in der Quartiermeisterei, die sich darum kümmern. Und das Straßennetz würde auch ganz ohne Unterstützung der Regierung entstehen. Auf diese Weise behalten wir die Kontrolle.«
»So. Es geschehen große Dinge. In dreißig Jahren – bis zum nächsten Dunkel – würde ich mich nicht wundern, wenn es weltweiten Luftverkehr gäbe, Bildtelefone, vielleicht sogar raketengestützte Relaisstationen, die die Welt umkreisen, wie die Welt um die Sonne kreist. Wenn wir einen neuen Krieg vermeiden können, wird das die großartigste Zeit meines Lebens. Aber deine Idee, dass sich unsere ganze Zivilisation das Dunkel über erhalten kann – entschuldige, alter Korporal, aber ich glaube nicht, dass du die Zahlen durchgerechnet hast. Um das zu tun, müssten wir im Grunde eine zweite Sonne erschaffen. Hast du eine Ahnung, um welche Energiemengen es da geht? Ich erinnere mich, was es gekostet hat, während des Krieges unsere Grabmaschinen nach Anbruch des Dunkels in Gang zu halten. Wir haben bei diesen Operationen mehr Treibstoff verbraucht, als im ganzen übrigen Krieg zusammengenommen.«
Ha! Einmal hatte Scherkaner Unterberg keine Antwort parat. Dann begriff Hrunkner, dass Scherk abwartete, was die Generalin sagen würde. Nach einer Weile hob Viktoria Schmid die Hand. »Bis jetzt ist alles eine Plauderei gewesen, Feldwebel. Ich weiß, dass Sie einiges erfahren haben, was Feinden von Nutzen sein könnte – und natürlich haben Sie erraten, welche Stellung ich gegenwärtig habe.«
»Ja. Und ich gratuliere Ihnen. Nächst Steb Grüntal sind Sie die Beste, die die Stellung jemals hatte.«
»Nun ja… danke, Hrunkner. Aber ich will darauf hinaus, dass Scherkaners Gerede uns zum Kern dessen geführt hat, weswegen ich Sie gebeten habe, einen dreißigtägigen Dienst anzutreten. Was Sie jetzt hören werden, ist eindeutig ein Strategisches Geheimnis.«
»Jawohl.« Er hatte nicht erwartet, dass die Einweisung in seine Mission ihn derart überrumpeln würde. Draußen brüllte das Unwetter lauter. Schmid fuhr mit kaum zwanzig Meilen pro Stunde in den Geraden. In den ersten Jahren einer Neuen Sonne waren sogar bedeckte Tage gefährlich hell, doch dieses Unwetter war derart dicht, dass sich der Himmel zu einem trüben Dämmerlicht zugezogen hatte. Der Wind zerrte an dem Auto und versuchte, es von der Straße abzubringen. Das Innere des Wagens glich einem Dampfbad.
Schmid gab Scherkaner einen Wink fortzufahren. Unterberg lehnte sich auf seinem Sitzgitter zurück und hob die Stimme, um in dem zunehmenden Sturm gehört zu werden. »Es ist nämlich so, dass ich ›die Zahlen durchgerechnet‹ habe. Nach dem Krieg bin ich mit meinen Ideen ein paar von Viktorias Kollegen auf die Pelle gerückt. Das hätte sie beinahe die Beförderung gekostet. Diese Kupps können fast ebenso gut rechnen wie du. Aber die Dinge haben sich geändert.«
»Berichtigung«, sagte Schmid. »Sie können sich ändern.« Der Wind trieb sie zu einem Steilabfall, den Unnerbei kaum zu sehen vermochte. Schmid bremste ab und zog das Auto auf die Mitte der Straße zurück.
»Es gibt nämlich«, fuhr Unterberg irritiert fort, »wirklich Energiequellen, die die Zivilisation das Dunkel hindurch versorgen könnten. Du sagtest, wir würden eine zweite Sonne erschaffen müssen. Das kommt der Sache nahe, auch wenn
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