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Eine tödliche Erinnerung (German Edition)

Eine tödliche Erinnerung (German Edition)

Titel: Eine tödliche Erinnerung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fiona Limar
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den Gefühlen von Angst, Abscheu und Ekel. Mit der Ausschaltung aller positiven Empfindungen hatte sie auch den wahrgenommenen Geruch verdrängt. Erst im Zustand der Trance erinnerte sie sich wieder daran.
    "Hypnose ist keine schwarze Magie", betonte Ruth immer wieder. "Sie ist eine ernst zu nehmende Methode, die noch genauerer wissenschaftlicher Erforschung bedarf. Reißerische Darstellungen schaden da eher. Sie rücken unsere Arbeit in die Nähe von Bühnenspektakel und Hokuspokus. Und da gehört sie wirklich nicht hin."
    Ich wollte Ruth bei ihrem Kampf unterstützen und plante eine Dissertation über die Zuverlässigkeit von Erinnerungen unter Hypnose. In jeder freien Minute studierte ich entsprechende Literatur und feilte an den Einzelheiten des Experiments, das ich dafür anstellen wollte. Ruth unterstützte mich dabei.
    Jetzt kam Ruth wieder auf Melissa zu sprechen. "Ich bin gespannt, was die Sitzungen mit ihr ans Tageslicht fördern werden", sagte sie. "Hältst du mich auf dem Laufenden?"
    Und ob ich das tun würde. Ruths Meinung war mir sehr wichtig. Besonders im Falle von Melissa.

13.
    Jeden Tag war es ein wenig kälter geworden und am Wochenende hatte ergiebiger Schneefall eingesetzt. Als ich mich am Montag auf den Weg in die Praxis machte, stapfte ich durch eine verzauberte Winterlandschaft.
    Melissa war sehr pünktlich. Sie wirkte erwartungsvoll und sah wunderschön aus. Die kalte Winterluft hatte ihre Wangen sanft gerötet und ihre Augen glänzten.
    "Ist es nicht schön, dass es geschneit hat?", begrüßte sie mich. "So muss der Winter sein, ich liebe dieses Wetter!"
    Ihre kindliche Begeisterung brachte mich auf eine Idee. Bis zu diesem Augenblick war ich unschlüssig gewesen, wie ich unsere erste Hypnosesitzung thematisch einleiten sollte, jetzt wusste ich es.
    Ich bat Melissa in mein Zimmer und ließ sie diesmal gleich auf der Liege Platz nehmen. Sie benötigte einen Moment, um die für sie bequemste Haltung herauszufinden. Mit einem zusätzlichen Kissen unter dem Kopf fühlte sie sich schließlich wohl.
    Ich begann über den Winter zu reden, ganz ruhig, als würde ich zu mir selbst sprechen.
    "Wie wunderbar verwandelt die Landschaft doch ist", sagte ich. "Wie eine weiße Decke liegt der Schnee über allen Häusern und Straßen. Die Zaunpfähle tragen kleine weiße Mützen. Auf jedem Zweig glitzert der Schnee, die Äste der Bäume biegen sich unter seiner Last."
    Längst war mir aufgefallen, dass Melissa ein sehr visueller Typ war, dass sie bildhaft dachte und sich entsprechend ausdrückte. Für ihre Malerei war das sicher eine unabdingbare Voraussetzung. Und für die Hypnose war es auf jeden Fall hilfreich. An ihrem verklärten Blick erkannte ich, dass sie zu jedem meiner Sätze in ihrem Inneren die entsprechenden Bilder aufsteigen ließ. Ich hätte sie ohne weiteres nur mit Worten in die Trance geleiten können. Nur zur Sicherheit griff ich dennoch zum Pendel.
    "An den Dachrinnen der Häuser haben sich glitzernde Eiszapfen gebildet", fuhr ich fort. "Schau her, Melissa, ist es nicht auch geformt wie ein Eiszapfen? Schau, wie sich das Licht darin bricht." Ich ließ das Pendel vor ihren Augen hin und her schwingen und sie folgte ihm mit ihren Blicken. Ihre Augenlider begannen zu flattern. "Schließ die Augen, Melissa!", sagte ich. "Du wirst jetzt schlafen, doch du wirst meine Stimme hören und dich später an alles erinnern können. Ich werde jetzt von 22 rückwärts zählen und du wirst dich mit jeder Zahl ein Jahr weiter zurück in deine Kindheit begeben." Langsam begann ich zu zählen, bei 7 hörte ich auf.
    "Du bist jetzt 7 Jahre alt, Melissa. Sage mir, wo du dich befindest."
    "Ich bin auf dem Berg beim Hexenhäuschen", antwortete sie mir. Ihre Stimme klang etwas verwaschen.
    Bei den meisten Patienten kommt es nur zu einer leichten Trance. Manche behaupten dann sogar, gar nicht richtig hypnotisiert gewesen zu sein. Bei Melissa war das anders. Ihre Trance fiel erstaunlich tief aus.
    "Ist jemand bei dir, Melissa?", setzte ich das Gespräch fort.
    "Meine Mama und mein Papa sind da." Melissas Stimme klang höher als gewöhnlich und hatte einen kindlichen Tonfall. Auch ihre Wortwahl zeigte, dass sie sich als das siebenjährige Kind erlebte, das sie einmal gewesen war.
    "Ich sitze auf meinem Schlitten, er ist ganz neu."
    "Wie sehen deine Eltern aus, beschreibe sie mir, Melissa."
    "Meine Mama sieht schön aus. Sie hat eine Jacke aus weißem Fell an, die ist ganz kuschelig weich. Sie hat auch eine weiße

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