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Eine tödliche Erinnerung (German Edition)

Eine tödliche Erinnerung (German Edition)

Titel: Eine tödliche Erinnerung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fiona Limar
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Gehrke. Einen vorsichtigen Vorstoß wagte ich dann doch noch. "War die Frau Morgenroth eigentlich auch Künstlerin?"
    Auf diese Frage ging Frau Gehrke bereitwillig ein. "Sie war Pianistin und ein sogenanntes Wunderkind. Mit knapp 10 Jahren hat sie Konzertsäle gefüllt, als sie 20 war, hatte man kein Interesse mehr an ihr, was das typische Los der meisten Wunderkinder ist. Sogar ein Mozart musste das schließlich erfahren. Den Menschen geht es nicht um die Kunst, sondern um die Sensation, um das Außergewöhnliche. Kinder kommen besser an als Erwachsene, mögen die auch noch so begabt sein. Frau Morgenroth hat nur noch Klavierstunden geben können, aber verkraftet hat sie diesen Abstieg wohl nie, sie soll depressiv gewesen sein. Aber", fügte sie schnell hinzu, "auch das sollte heute keine Rolle mehr spielen."
    Ich war mit dieser Auskunft hochzufrieden. Wieder hatte sich ein Mosaikstein aus Melissas Erinnerungen als echt herausgestellt. Die Mutter hatte vermutlich manches Mal tatsächlich geweint, wenn sie auf dem Flügel gespielt hatte. Melissas Ambivalenz gegenüber klassischer Musik lag in dieser Erfahrung begründet. Ich dankte Frau Gehrke herzlich für das Gespräch und machte mich beschwingt auf den Weg. Das Timing hätte perfekter nicht sein können. Kaum hatte ich die Schule verlassen, erreichte mich der Anruf von Tobias. "Meine Mission ist abgeschlossen, ich bin schon am Ortseingang von Gröbeneck. Wo darf ich dich auflesen?"
    Fünf Minuten später stieg ich zu ihm ins Auto. Tobias war ziemlich unzufrieden mit dem Erfolg seiner Recherche. "Alles wie schon gehabt", sagte er. "Kein Hinweis auf einen Unfall, nicht die kleinste Notiz. Das ist doch nicht normal. Übrigens auch keine Todesanzeige von Seiten der Familie. Lediglich ein Kulturverein bedauert in einer Annonce das plötzliche und viel zu frühe Ableben von Adrian Morgenroth. Auf den Tod von Frau und Sohn nur ein paar Tage später gibt es überhaupt keinen Hinweis."
    Tobias wirkte erregt und ich legte ihm beschwichtigend die Hand auf den Arm. "Dafür habe ich einiges herausfinden können", sagte ich. "Adrian Morgenroth ist eines natürlichen Todes gestorben. Bei seiner Frau und den Kindern scheint es tatsächlich ein tragischer Unfall gewesen zu sein, doch darüber konnte ich nichts Genaueres erfahren. Das mit den Todesanzeigen ist nicht ungewöhnlich. Nicht jede Familie setzt sie in die Zeitung. Viele lassen sie drucken und verschicken sie nur an einen bestimmten Personenkreis. Vermutlich haben die Morgenroths das auch so gehalten."
    Tobias hörte aufmerksam zu, als ich ausführlich über mein Gespräch mit Frau Gehrke berichtete. "Hat sie einen glaubwürdigen Eindruck auf dich gemacht?", fragte er.
    "Unbedingt. Sie hat Adrian Morgenroth sehr geschätzt und verhält sich der Familie gegenüber loyal, indem sie keinen Klatsch verbreiten will. Das mit dem Heimatmuseum ist ein guter Tipp, den sollten wir aufgreifen."
    "Das machen wir auf jeden Fall. Denn der Tod der Angehörigen von Adrian Morgenroth und der Brand des Hauses geben immer noch Rätsel auf. Schade, dass das Heimatstübchen erst in vier Wochen wieder öffnet."
    "Vielleicht klärt sich bis dahin ja auf anderem Wege einiges auf. Wenn Melissa dann nicht mehr unter Verdacht stehen sollte, kann sie uns sogar begleiten. Es wäre sicher wichtig für sie, die Bilder ihres Vaters zu sehen."
    "Das wäre schön", stimmte Tobias zu.
    Die Begegnung mit Frau Niemand-Brückner erwähnte ich mit keinem Wort. Schließlich war sie meine Patientin gewesen und das verpflichtete mich zur Verschwiegenheit.
    Wir machten uns dann auf den Weg zum Hexenturm. Gut zweihundert Meter hinter dem Ortsausgang ragte er massiv und unübersehbar in die Landschaft. Auf einem Feldweg parkten wir das Auto und als wir ausgestiegen waren, griff Tobias nach meiner Hand. "Wir sollten wie ein harmloses Touristenpaar wirken und nicht wie zwei Detektive auf geheimer Mission", begründete er seine Initiative. Es fühlte sich trotzdem gut an. Wir konnten uns dem Turm bis auf etwa 50 Meter nähern, dann versperrte ein stabiler Zaun den Weg. Aufgeregtes Bellen ertönte, gleich darauf sprangen zwei kräftige Schäferhunde am Zaun hoch und fletschten bedrohlich die Zähne. Wir wichen zurück, bis die Hunde die Distanz als angemessen betrachteten und Ruhe gaben. Dann ließen wir uns im Gras nieder und gaben uns der Betrachtung des Turmes hin.
    "Glaubst du, dass wir den richtigen Turm gefunden haben?", fragte ich Tobias.
    "Ich nehme es stark an,

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