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Eine tödliche Erinnerung (German Edition)

Eine tödliche Erinnerung (German Edition)

Titel: Eine tödliche Erinnerung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fiona Limar
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albernen Zettel in meinem Briefkasten hatte ich schon fast wieder vergessen und erwähnte ihn eher beiläufig. Doch Tobias wurde dadurch in helle Aufregung versetzt. "Das ist doch eine wichtige Spur", sagte er. "Da wird jemand nervös und fängt an, sich zu verraten. Offenbar fürchtet diese Person die Erinnerungen, die du bei Melissa noch hervorholen könntest. Sie bedroht dich, das solltest du sehr ernst nehmen."
    Ich fühlte mich ehrlich gesagt nicht ernsthaft bedroht durch das Geschmiere, doch die Besorgnis von Tobias tat mir unsagbar gut. Merkwürdig war die Sache ja wirklich, da wusste jemand über meine Angelegenheiten Bescheid und versuchte mich zu beeinflussen. Es war so ähnlich wie damals mit den Zeitungsausschnitten, von denen ich bis heute nicht erfahren hatte, wie sie in meinen Briefkasten gelangt waren. Tobias riss mich aus meinen Gedanken. "Ich habe einen Anschlag auf dich vor", sagte er. "Von Werlitz hält morgen im Hilton einen Vortrag . Er schob eine Zeitung mit einer entsprechenden Notiz über den Tisch. "Wie wäre es, wenn du hingehen und versuchen würdest, anschließend mit ihm zu reden? Wenn er wollte, könnte er eine Menge Licht ins Dunkel bringen. Ich habe das früher auch schon mal versucht, allerdings ohne Ergebnis und mit eher unangenehmen Folgen."
    Ich verstand nicht ganz, was er damit meinte. "Na ja", sagte er auf meine Nachfrage, "nach dem Mord an meiner Schwester hat Frau von Werlitz doch diese kryptische Bemerkung gemacht, sie hätte so ein Unglück kommen sehen und damit das Misstrauen meiner Mutter gegenüber Melissa erst richtig angefacht. Ich wollte wissen, was sie damit andeuten wollte, sie sollte endlich Klartext reden. Also bin ich zu ihr hin und habe sie zur Rede stellen wollen. Das ist alles, was dabei heraus gekommen ist." Tobias deutete auf zwei weiße Narben auf seinem Unterarm. "Dobermänner", sagte er, "wirklich schöne, wachsame Tiere. Mit sehr scharfen Zähnen."
    "Sie hat die Hunde auf dich gehetzt?", fragte ich fassungslos. Tobias wiegelte ab. "Ich bin nicht gegangen, als sie mich dazu aufgefordert hat. Statt dessen habe ich sie weiter bedrängt und sogar einen Fuß auf das Grundstück gesetzt. Ich war sehr aufgebracht wegen der ganzen Sache. Sie hätte behaupten können, dass sie sich von mir bedroht gefühlt hat. Allerdings kann ich mich dort nie wieder blicken lassen."
    "Und aus diesem Grunde soll ich es jetzt bei ihm versuchen. Er wird zwar beim Vortrag nicht gerade die Hunde dabei haben, aber ich werde da vermutlich überhaupt nicht reinkommen, das ist doch eine geschlossene Veranstaltung."
    "Mit einem Presseausweis kommst du rein. Ich habe dir schon mal vorsorglich einen besorgt." Verblüfft starrte ich auf das Kärtchen, das Tobias mir grinsend unter die Nase hielt.
    "Aber wenn er nun nicht mit mir reden will?", gab ich zu bedenken.
    "Ich bin da ganz optimistisch. So eine schöne junge Frau wird er auf keinen Fall unhöflich abweisen. Wenn er erst einmal angebissen hat, findest du garantiert die richtigen Worte, um ihm das Geheimnis zu entlocken."
    Erst einmal war ich diejenige, die anbiss. Das Kompliment fühlte sich an wie eine Wellnesspackung aus warmem Blütenhonig auf ausgetrockneter Haut. Ja, ich würde hingehen und Hans Friedrich von Werlitz zum Reden bringen. Tobias sollte nicht von mir enttäuscht sein.

40.
    Der Saal war brechend voll und machte meine Hoffnung auf einen der vorderen Plätze zunichte. Immerhin saß ich weit genug vorn, um Hans-Friedrich von Werlitz gründlich in Augenschein nehmen zu können. Er sah für seine 72 Jahre ausgesprochen gut und vital aus, hielt sich sehr gerade und hatte noch volles, grau meliertes Haar. Seine Vortragsweise wirkte engagiert, aber gleichzeitig ruhig und konzentriert, man konnte ihm gut zuhören. Auch das Thema Ökologie und Profit - die Grenzen unseres Wachstums behandelte er auf eine interessante Weise. Trotzdem schweiften meine Gedanken immer wieder ab und beschäftigten sich vorauseilend mit dem Gespräch, in das ich ihn zu verwickeln gedachte.
    Ich hatte mich schlicht und seriös für eine schwarze Hose und eine weiße Bluse entschieden, darin fiel ich unter den vielen Anzugträgern hier im Saal auch am wenigsten auf. Am Ende des Vortrags versuchte ich mich nach vorn zu drängen, was sich als nicht so einfach erwies. Von Werlitz wurde bereits dicht umlagert und ich musste eine günstige Gelegenheit abpassen, ihn anzusprechen. Die kam erst, als wir uns bereits draußen auf dem Flur befanden. Ich hatte

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