Eine Trillion Euro
Hörer aus der Hand und hielt ihn ans Ohr. Trotz des starken Rauschens gelang es ihm schließlich, eine Serie ständig wiederkehrender Sätze zu erkennen: »… le combat. Mein Name ist Kayser Sose. Ce n’est qu’un début, continuons le combat. Mein Name ist Kayser Sose. Ce n’est qu’un début, continuons le combat. {*} Mein Name ist Kayser Sose. Ce n’est qu’un début …«
»Herr General!«, schrie einer der Unteroffiziere. »Die Mosaikos da draußen skandieren etwas. Soll ich es über einen der Audiokanäle übertragen?«
»Lassen Sie nur. Ich weiß bereits, was sie rufen.« Totenbleich wankte Vogelnik zu einem Sessel und ließ sich hineinfallen. »Da muss wirklich etwas sehr Ernstes geschehen sein«, murmelte er mit müder Stimme.
Sara Doke
Starker Tobak, das eben. Zeit, Atem zu holen und eine Erholungspause einzulegen. Zeit, sich mit Freunden zu treffen und sich gemeinsam Gedanken zu machen, ob man sie nicht doch meistern kann, diese Zukunft, die uns da so voller Ungewissheiten entgegenkommt. Wie ein solches Gespräch verlaufen könnte – und um welche Ideen es sich drehen könnte – , davon versucht Sara Doke uns in der nächsten Geschichte eine Vorstellung zu geben.
Diskussionen über das Reizthema ›Doppelte Staatsbürgerschaft‹ dürften Sara Doke nur ein Lächeln entlocken: Sie besitzt gleich drei davon. Geboren 1968, mit einer Belgierin als Mutter und einem Amerikaner als Vater, aufgewachsen in Frankreich, steht ihr Leben unter einem wahrhaft kosmopolitischen Stern. Unnötig zu erwähnen, dass sie mehrere Sprachen spricht und ohne sichtbare Mühe von einer zur anderen wechselt; mitten im Satz, wenn es sein muss. Nach einer Zeit, in der sie »davon träumte, Geheimagentin zu werden oder gelernte Hexe«, erinnerte sie sich schließlich ihrer lebenslangen Begeisterung für Bücher und für das Schreiben. Seit einem Jahrzehnt lebt sie in Brüssel und teilt ihre Zeit zwischen Journalismus, Übersetzungsarbeiten und eigenen schriftstellerischen Projekten. Sie hat eigene Radiosendungen moderiert, eine Zeit lang ein Hard-Rock-Café geführt und etliche Kurzgeschichten in etlichen Magazinen veröffentlicht. Nach einer Kurzgeschichte, die ihren Weg bis nach Italien fand, ist dies ihre zweite Story, die in eine andere Sprache übersetzt wurde.
Sara Doke träumt davon, eines Tages in einem in eine riesige Bibliothek umgebauten Leuchtturm zu wohnen. Und sie träumt von einer besseren Welt …
Stammestreffen
von Sara Doke
Freiheit ist immer die Freiheit des anders Denkenden.
Rosa Luxemburg
»Aufruf zum Stammestreffen. Zeitpunkt: Beginn des europäischen Karnevals.«
Alle haben die Nachricht erhalten. Nicht alle auf die gleiche Weise. Und auch nicht alle von der gleichen Person.
»Weitere Informationen bitte beim Bezirksvorsitzenden erfragen.«
Die Schuld liegt bei mir. Ich habe dieses Treffen einberufen. Das Merkwürdigste daran ist, dass die Mitglieder meines eigenen Bezirks mir nicht eine einzige Frage gestellt haben. Wir treffen uns jedes Jahr zum Karneval in Brüssel. Das ist längst Tradition. Dass die Verabredung mit einem Stammestreffen zusammenfällt, scheint sie nicht weiter zu stören. Nur Alexandre hat sich einige Sorgen gemacht und ist natürlich sofort an die Decke gegangen.
Alexandre und ich haben uns mit zwanzig Jahren kennen gelernt. Unzählige Male haben wir die Welt neu geordnet, wir haben geträumt, aufgebaut, entworfen. Nie aber haben wir uns die Finger verbrannt. Schon damals sahen wir uns als Soldaten der gerechten Sache; wir wollten auf keinen Fall für Hirngespinste kämpfen. Wir waren unerbittlich und unermüdlich, wurden oft enttäuscht und gaben uns dennoch nie geschlagen. Wir versuchten uns im Ökologischen Kampf für die Evolution und setzten alles daran, ein Gleichgewicht zwischen Tradition und Technologie zu finden. Wir schlossen uns der Gruppe Söhne des Atoms an, die sich der Aufgabe widmete, die Wissenschaft und ihre Segnungen zu rehabilitieren. Wir arbeiteten auf solidarischen Baustellen und bei alternativen Weinlesen mit; selbst bei den ersten Sonnenernten in Tombouctou waren wir dabei. Alexandres Begeisterung ließ niemals nach. Während der beiden Jahre in Brüssel haben wir wie Bruder und Schwester Seite an Seite unser Leben aufgebaut.
Nachdem er fortgezogen war, sahen wir uns zwar immer noch regelmäßig, hatten aber weniger Zeit. Jedes Jahr zum Karneval trafen wir uns alle sieben. Vier Männer und drei Frauen. Sieben eigenwillige
Weitere Kostenlose Bücher