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Eine unbeliebte Frau

Titel: Eine unbeliebte Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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angelogen hatte. Und dann gab es diese klinisch saubere Dachwohnung im Zauberberg, in der die Spurensicherung nicht einmal ein Haar oder einen einzigen Fingerabdruck gefunden hatte. Vor allen Dingen gab es mittlerweile ein Handy, das ein Bewohner des Zauberbergs am Sonntag in der Tiefgarage gefunden und bei der Verwaltung abgegeben hatte. Die Techniker im Labor hatten bereits herausgefunden, dass es sich bei diesem Mobiltelefon um das von Isabel Kerstner handelte. Auf der Mailbox hatte man ein paar interessante Nachrichten gefunden. Um zwanzig nach acht hatte eine ungeduldige Männerstimme barsch um Rückruf gebeten, danach hatte eine junge Frau angerufen und hinterlassen, sie sei in einer Disko namens »Check-in«. UmViertel vor neun und um halb zwölf hatte wieder der Mann auf die Mailbox gesprochen.
    »Es ist jetzt gleich zwölf«, hatte er gesagt, »und ich finde es überhaupt nicht mehr lustig. Wir hatten eine Verabredung und die war verdammt wichtig. Das weißt du doch! Warum gehst du nicht an dein Handy? Ruf mich zurück, aber sofort!«
    Behnke hatte sich mit dem Provider in Verbindung gesetzt und ein Bewegungsprofil des Mobiltelefons angefordert. Isabel Kerstner hatte ein Girokonto bei der Sparkasse besessen, auf dem sich ein beachtliches Guthaben von knapp neunzigtausend Euro befand und auf das in den vergangenen Monaten regelmäßig hohe Bareinzahlungen erfolgt waren. Manchmal einige tausend, hin und wieder aber auch zehntausend Euro und mehr. Und es gab diesen undurchsichtigen Reitlehrer Kampmann, der Isabel kurz vor ihrem Tod auf dem Hof der Reitanlage gesehen hatte. Eine wichtige Frage war auch, wo sich die kleine Tochter von Isabel Kerstner befand. Anzeigen in sämtlichen regionalen Zeitungen und Suchaufrufe im Fernsehen waren bisher ergebnislos geblieben. Das fünfjährige Mädchen war spurlos verschwunden.
    »Chef?« Kai Ostermann steckte den Kopf zur Tür herein. »Wir haben gerade den Obduktionsbericht bekommen.«
    »Ah ja, gut«, Bodenstein nahm seinem Mitarbeiter den schmalen Hefter aus der Hand und begann sofort zu lesen.
    Isabel Kerstner war tatsächlich an einer Überdosis Natrium-Pentobarbital gestorben. In ihrem Blut war eine hohe Konzentration des Mittels gefunden worden, das in der Veterinärmedizin zur Euthanasierung von Tieren benutzt wurde. Die Injektion musste bei Isabel unmittelbar tödlich gewirkt haben. Unter ihren Fingernägeln waren keine Haut- oder Stoffreste gefunden worden, die darauf hingewiesen hätten, dass sie gegen ihren Mörder gekämpft hatte. Sie hatte ein paarStunden vor ihrem Tod einen Cheeseburger und Hühnchenteile gegessen. Der Zustand ihrer Nasenscheidewand ließ darauf schließen, dass sie häufiger Kokain geschnupft hatte. Irgendwann in den Stunden vor ihrem Tod hatte sie mit mindestens einem Mann ungeschützten Geschlechtsverkehr gehabt, davon zeugten fremde DNA-Spuren in der Vagina. Sie waren mit der DNA von Kampmann verglichen worden, aber sie stimmten nicht überein. An der Kleidung Isabel Kerstners waren neben Faserresten und einzelnen Pferdehaaren Abriebspuren von winzigen Polyethylen-Partikeln gefunden worden. Professor Kronlage vermutete, dass die Leiche in einen Müllsack gewickelt worden war. Kein Wunder, dass man im Kofferraum des Porsches keine Spuren gefunden hatte, wenn der Körper der Frau in einem Plastiksack gesteckt hatte! Die Aufklärung des Mordes an Isabel Kerstner versprach, eine langwierige Sache zu werden, wenn nicht der Offenbarungsdrang des Täters zu einem unverhofften Aufklärungserfolg führte.
    »Ostermann«, sagte Bodenstein und blickte auf, »die Jagd ist eröffnet. Ich will minutiös wissen, was Isabel Kerstner am Tag ihres Todes getan hat. Wann war sie wo, mit wem und warum? Wir dürfen uns nicht auf Kerstner als möglichen Täter versteifen. An die Arbeit!«
    Kai Ostermann rückte seine runde Brille zurecht und nahm Haltung an.
    »Zu Befehl«, er grinste und salutierte, dann verschwand er. Bodenstein blickte ihm mit einem leichten Lächeln nach. Zu seinem Glück hatte er Mitarbeiter, die noch nicht desillusioniert und abgestumpft waren. Sie waren ein wirklich gutes Team.
     
    Bodenstein verließ am frühen Abend das Kommissariat und beschloss, noch einmal mit Friedhelm Döring zu sprechen. Er musste in Erfahrung bringen, was der Mann zur Tatzeit getanhatte. Im Bürogebäude der Spedition erfuhr er, dass Döring bereits außer Haus war. Sein Privathaus erwies sich als ein protziger Palast hinter einem schmiedeeisernen Tor, gegen

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