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Eine unbeliebte Frau

Titel: Eine unbeliebte Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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fragte Bodenstein und zog sich einen Stuhl heran.
    »Hole ich nach«, Pia schob ihm einen Stapel ausgedruckter Zeitungsartikel hin. »Hier sind die Presseberichte über den Hausbrand, die Untersuchung und die Todesanzeige von Herbert Stein, dem Detektiv. Er war erst achtundzwanzig, als er beim Joggen von einem Auto angefahren wurde. Der Unfallfahrer wurde nie ermittelt. Eigenartig, oder?«
    Bodenstein überflog die Zeitungsausschnitte. Ein Bericht über Marianne Jagoda, die tief trauernde Alleinerbin.
    »Sie hat fünfzig Millionen Mark geerbt«, staunte er.
    »Dazu die Brauerei, Immobilien, Aktien, Kunstsammlungen, Rennpferde und andere Kleinigkeiten«, bestätigte Pia mit einem Nicken. »Das Walross ist ein Goldfisch.«
    Bodenstein las weiter. Ein Artikel handelte vom Machtkampf im Drescher-Bräu-Vorstand nach dem Tod des Chefs, den Marianne Jagoda beendet hatte, indem sie den Kronprinzen ihres Vaters kurzerhand gefeuert hatte. Eine kurze Zeitungsnotiz über den Unfalltod des Privatdetektivs aus Frankfurt war dabei. Berichte aus verschiedenen Börsenmagazinenüber den kometenhaften Aufstieg von Hans Peter Jagoda. Dann ergriff Bodenstein nochmals die Schwarzweißfotos. Kein Zweifel – die Frau neben Hardenbach war Marianne Jagoda.
    »Hardenbach und die Jagodas kannten sich«, sagte Pia, »er hatte ihnen schon einmal geholfen. Aber offenbar reichte die alte Sache nicht aus, um Hardenbach nochmals als Gehilfen zu gewinnen, deshalb musste eine neue Repressalie her. Und zwar Isabel Kerstner.«
    »Wie kam sie an diese Fotos?«
    »Tja«, Pia seufzte, »ich schätze mal, das Mädchen war ziemlich gerissen. Vielleicht hatte Hardenbach auch geredet, als er mit ihr im Bett war.«
    »Niemand hat solche Fotos einfach herumliegen«, Bodenstein schüttelte den Kopf.
    »Sie lagen ganz sicher nicht einfach so herum«, Pia drehte ihren Stuhl so, dass sie ihren Chef besser ansehen konnte. »Wollen Sie meine Theorie hören?«
    »Schießen Sie los«, Bodenstein wartete gespannt. Bei einer Ermittlung musste alles denkbar sein, selbst scheinbar abwegige Hypothesen.
    »Also«, Pia zündete sich eine Zigarette an, »Hardenbach wollte sich von Jagoda nicht mehr bestechen lassen, deshalb hetzte Jagoda ihm Isabel Kerstner auf den Hals. Sie geht mit ihm ins Bett und besorgt damit Material für eine Erpressung. Vielleicht mochte sie Hardenbach wirklich oder versprach sich nur etwas von ihm. Er erzählt ihr von Marianne Jagoda und dem Tod ihrer Eltern, und sie sieht eine Chance, ihrerseits ein Druckmittel gegen die Jagodas in die Hand zu bekommen. Sie überredet ihn, ihr die Fotos zu überlassen ...«
    »Stopp!«, unterbrach Bodenstein ihren Redefluss, »Hardenbach hätte solche Fotos niemals aufgehoben.«
    »Vielleicht doch.«
    »Hm«, Bodenstein dachte nach. »Isabel Kerstner versuchte Marianne Jagoda mit ihrem Wissen zu erpressen .«
    ». und schon haben wir eine weitere Person mit einem starken Mordmotiv.«
    Die beiden sahen sich an.
    »Ziemlich gewagte Theorie«, sagte Bodenstein.
    »Wie auch immer«, Pia gab sich so leicht nicht geschlagen, »aber Hardenbach wurde hundertprozentig von den Jagodas erpresst. Jetzt muss Nierhoff akzeptieren, dass wir einen Durchsuchungsbeschluss für sein Haus brauchen.«
    »Und wir müssen mit Marianne Jagoda sprechen.«
    »Das würde ich noch nicht tun«, Pia schüttelte den Kopf. »Für sie habe ich mir etwas anderes überlegt.«
     
    Außer Bodenstein war an diesem Samstagmorgen niemand vom K11 anwesend. Pia hatte gegen acht ihre freiwillige Nachtschicht mit dem Versprechen beendet, sie sei den ganzen Tag über per Handy erreichbar, auch alle anderen befanden sich in Rufbereitschaft. Bodenstein hatte nichts Besseres vor, außerdem stapelten sich Berge von Akten, die er längst hätte bearbeiten müssen. Lorenz war irgendwo unterwegs, Rosalie noch auf der Abschlussfahrt mit ihrer Klasse in Rom, und Cosima hatte sich seit zwei Tagen nicht mehr gemeldet, aber das deutete er als gutes Zeichen. Er wartete, bis die Zeit angemessen war, und rief den befreundeten Leiter des Frankfurter Dezernats für Wirtschaftskriminalität und Betrug unter dessen Privatnummer an. Schon vor zwei Tagen hatte Bodenstein ganz offiziell um Informationen in Sachen JagoPharm gebeten, aber nun konnte er angesichts der neuen Erkenntnisse nicht bis nächste Woche warten. Das, was er dann von seinem Kollegen erfuhr, war ausgesprochen aufschlussreich. Das Betrugsdezernat hatte die JagoPharm und ihren Vorstandsvorsitzenden Hans Peter Jagoda

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