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Eine unbeliebte Frau

Titel: Eine unbeliebte Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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Bodenstein seinen BMW um Viertel nach sechs schräg gegenüber anhielt. Pia hatte ihm während der Fahrt vom Gespräch mit dem Apothekerehepaar Helfrich und ihrem Erlebnis im Hause Jagoda berichtet.
    »Glauben Sie der Jagoda, dass sie nichts von ihrem Mann und Isabel wusste?«, fragte Bodenstein.
    »Sie schien gekränkt und betroffen zu sein«, überlegte Pia. »Auf jeden Fall hat sie sich nicht einmal nach ihrem Mann erkundigt. Wenn Sie mich fragen, dann wusste sie es und ist deshalb ihrerseits fremdgegangen.«
    Bodenstein wählte die Nummer der Pferdeklinik und hoffte halb, dass sich Inka melden würde. Doch es nahm überhaupt niemand ab, nur der Anrufbeantworter sprang an. Ihm fiel ein, dass Rittendorf ihm erklärt hatte, sie würden sofort zurückrufen, weil der Anrufbeantworter den Piepser des diensthabenden Tierarztes alarmierte. Er sprach also seine Handynummer auf Band und legte auf.
    »Wir haben Rittendorf noch gar nicht danach gefragt, was er an dem Samstagabend gemacht hat«, brach Pia das Schweigen.
    »Dafür gab es auch keine Veranlassung.«
    »Vielleicht doch«, sagte Pia. »Mir ist der Gedanke gekommen, dass Helfrich und Rittendorf durchaus Grund hatten,Isabel zu töten. Sie hat einen der Freunde auf dem Gewissen, und zwar den, der sich in seiner Garage erhängt hat. Und dann noch beinahe Michael Kerstner.«
    »Eine Hinrichtung aus Rache für die Freunde?« Bodenstein sah seine Kollegin zweifelnd an.
    »So etwas in der Richtung. Denken Sie an dieses Wappen der Studentenverbindung.«
    Bodenstein runzelte nachdenklich die Stirn. So abwegig schien dieser Gedanke gar nicht zu sein.
    »Aber als gute Freunde mussten sie doch wissen, dass es Kerstner wichtig war, zu erfahren, wo seine Tochter war«, wandte er ein.
    »Vielleicht wollten sie Isabel nicht töten, sondern nur ein Geständnis erpressen. Irgendetwas ging schief, und sie starb.«
    »Tierärzte und Apotheker wissen, wie Pentobarbital wirkt.«
    »Und wenn sie sie nur betäuben wollten?«
    »Wir werden das Alibi der beiden überprüfen«, Bodenstein blickte auf seine Uhr. Es wurde acht, halb neun. Nach kurzem Abwägen entschied er, in die Pferdeklinik zu fahren. Ruppertshain lag wie ausgestorben da. Es war schon beinahe dunkel. Als sie das Auto auf dem leeren Parkplatz abstellten, bemerkte Pia, dass das Hoftor einen Spalt offen stand, die Außenbeleuchtung aber nicht eingeschaltet war. Auch im Wohnhaus war alles dunkel. Ihr Blick fiel auf den Verwaltungstrakt. Dort glaubte sie, den umherhuschenden Lichtschein einer Taschenlampe gesehen zu haben. Sie machte ihren Chef darauf aufmerksam. Plötzlich hatten beide das Gefühl, dass hier etwas nicht stimmte.
    »Wir gehen rein«, sagte Bodenstein leise und zog seine 38er aus dem Schulterhalfter. Pia nickte und nahm ein zweites Mal an diesem Tag ihre Waffe zur Hand. Bodenstein lauschte indie Dunkelheit, alle Sinne angespannt, doch außer seinen und Pias Atemzügen und dem gelegentlichen Schnauben eines Pferdes war es vollkommen still. Irgendwo im Ort bellte ein Hund, ein anderer fiel ein, dann verstummten beide. Auf der Straße oberhalb der Pferdeklinik fuhr ein Auto vorbei, das Motorengeräusch verklang in der Ferne. Pia öffnete das Hoftor. Das Knarren schien so laut wie Maschinengewehrfeuer. Sie pirschten im Schatten der Mauer über den Hof, in dessen Mitte der Geländewagen von Dr. Kerstner geparkt war. Auf einmal erstarrte Bodenstein, der vorgegangen war. Die Tür des Verwaltungsgebäudes war ins Schloss gefallen, und eilige Schritte näherten sich um die Hausmauer. Bodenstein und Pia spannten jeden Muskel an, sie entsicherten ihre Revolver und bereiteten sich darauf vor, irgendeiner düsteren Gestalt gegenüberzutreten. Die Person, die um die Ecke bog, stieß einen schrillen Schrei aus und wich erschrocken zurück, als sie plötzlich zwei Leute mit Revolvern im Anschlag vor sich stehen sah.
    »Was machen Sie denn hier im Dunkeln?«, fragte Bodenstein, halb erleichtert und halb verärgert, als er die Tierarzthelferin Sylvia Wagner erkannte.
    »O Gott«, die Sommersprossige griff sich an den Hals und lehnte sich an die Wand, »wie können Sie mich so erschrecken, verdammt noch mal!«
    »Wir dachten, es wären Einbrecher im Büro«, erwiderte Bodenstein und steckte seine Waffe zurück ins Halfter.
    »Was schleichen Sie überhaupt hier herum?«, fuhr die junge Frau die beiden an. Sie schien sich von ihrem Schrecken erholt zu haben.
    »Wir wollten zu Dr. Kerstner«, erwiderte Pia. »Wir waren bei ihm zu

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