Eine unbeliebte Frau
Gesichtsausdruck.
»Ja?«, bellte sie unfreundlich.
»Kripo Hofheim«, sagte Bodenstein. »Bei Ihnen wurde ein Michael Kerstner eingeliefert. Können wir bitte mit dem behandelnden Arzt sprechen?«
»Moment«, sagte die Herrische knapp und ließ die Milchglastür zufallen. Wieder verstrichen einige Minuten, dann ging die Tür auf, und ein junger Arzt in einem blauen Kittel, den sein Schildchen als Dr. Ahmed Djafari auswies, kam auf sie zu. Bodenstein stellte sich vor und nannte den Grund ihres Erscheinens.
»Wie geht es Herrn Dr. Kerstner?«, fragte er.
»Er ist ziemlich übel zugerichtet«, erwiderte der Arzt, »aber er ist wieder bei Bewusstsein.«
»Können wir mit ihm sprechen? Es ist dringend.« Dr. Djafari hob eine Augenbraue.
»Normalerweise sind wir nicht autorisiert ...«, begann er.
»Wir ermitteln in einem Mordfall«, unterbrach Bodenstein ihn grober, als es normalerweise seine Art war. »Die Frau von Dr. Kerstner wurde letzte Woche ermordet, und wir sind der Meinung, dass derselbe Täter nun auch ihn töten wollte.«
Das entsprach zwar nicht ganz der Wahrheit, aber es zeigte Wirkung. Der Arzt riss beeindruckt die Augen auf, dann versprach er, unverzüglich über den Gesundheitszustand Kerstners Bericht zu erstatten.
»Ich geh raus eine rauchen«, sagte Pia.
»Ich komme mit«, antwortete Bodenstein. In der Eingangshalle trafen sie auf Clasing, der mit grimmiger Miene in Richtung Notaufnahme marschierte.
»Wenn das Schwein meiner Schwester etwas antut, mache ich ihn fertig«, Clasing ballte die Hände zu Fäusten. »Dieser Typ ist ein Psychopath.«
»Glauben Sie, dass Ihr Schwager etwas damit zu tun hat?«
»Natürlich«, Clasing schnaubte. »Einschüchterung durch körperliche Gewalt ist seine Spezialität. Das haben Sie doch mittlerweile auch bemerkt, oder?«
»Ihre Schwester hat mir erzählt, dass sie meint zu wissen, wo das Kind von Kerstner ist«, sagte Bodenstein. »Sie war davon überzeugt, dass ihr Mann mit dem Verschwinden des Kindes zu tun hat.«
»Halte ich für möglich«, Clasing nickte düster. »Ich habe Anna schon vor Jahren gesagt, dass sie diesen Kerl verlassen muss. Er hat seine erste Frau mit bloßen Händen totgeschlagen.«
»Ich weiß«, Bodenstein nickte. »Deshalb mache ich mir ja auch Sorgen um Ihre Schwester. Sie deutete mir an, dass siesehr viel über ihren Mann weiß und auch Beweise für seine kriminellen Machenschaften besitzt. Hat sie sich Ihnen gegenüber einmal geäußert, um was es da ging?«
»Leider nein«, Clasing verzog das Gesicht und fuhr sich mit einer Geste der Hilflosigkeit durch das Haar. »Meine Schwester hat immer zu ihrem Dreckskerl von Mann gehalten, sogar dann noch, als er sie verprügelt hat. Sie wollte mit Gewalt mit ihm glücklich sein, und es ist ihm gelungen, sie völlig von uns fernzuhalten. Eigentlich lag es an Micha, dass sie endlich wach geworden ist.«
»Wir werden gleich mit ihm sprechen können«, sagte Bodenstein, »vielleicht kann er uns ja sagen, was passiert ist.«
Sein Handy summte. Ungeduldig nahm er das Gespräch entgegen.
»Hier ist Thordis . Störe ich gerade?«
»Oh ... nein, nein. Wie geht's?«
»Gut«, sie machte eine kurze Pause. »Ich will Sie nicht lange aufhalten, aber ich bin noch im Stall. Frau Jagoda tauchte hier vor einer halben Stunde auf und marschierte hoch zu Kampmann. Sie sah so aus, als würde sie jeden Augenblick explodieren. Und es geht das Gerücht um, dass Jagoda im Knast sitzt.«
»Ach ja?«, machte Bodenstein nur.
»Ich verstehe schon. Hier im Stall ist auf jeden Fall etwas im Gange. Das interessiert Sie vielleicht.«
»Okay. Danke«, er überlegte gerade, was sie wohl meinte, als ihm etwas einfiel. »Ach, Thordis, haben Sie zufällig Friedhelm Döring oder seine Frau heute Abend im Stall gesehen?«
»Nein. Anna habe ich schon ewig nicht mehr gesehen, und Freddy war auch seit letztem Donnerstag nicht mehr da«, erwiderte Thordis, »das weiß ich zufällig, weil der faule Kampmann sich heute darüber aufgeregt hat, dass er seit Tagen Freddys Pferde reiten muss.«
Bodenstein konnte ihr Lächeln förmlich sehen.
»Hören Sie«, sagte sie dann, »mir ist noch etwas eingefallen. Und zwar wegen diesem Philipp. Er war ja .«
Es rauschte und knackte, ihre Worte verzerrten sich, dann brach das Gespräch ab.
»Scheiße«, fluchte Bodenstein.
»Sie müssen ein Stück vom Krankenhaus weggehen«, sagte Pia. »Hier funktionieren Handys nicht.«
Er ging also ein paar Meter weiter, und prompt summte
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