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Eine unberührte Welt

Eine unberührte Welt

Titel: Eine unberührte Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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Sekt aus dem nächsten Jahrtausend mitgebracht. Das ist der Grund, warum Sie so sicher über die Zukunft sprechen können: Sie sind ein Zeitreisender, der seine eigene Vergangenheit besucht.«
    Seine Worte standen plötzlich im Raum wie aus Stahl gehämmert, und ihre Wahrheit war so offenkundig, dass es unmöglich schien zu leugnen. Der fremde Gast starrte ihn an wie erstarrt, wie von Panik gelähmt.
    »Sie sind ein Zeitreisender«, wiederholte Brück.
    Schließlich nickte der andere unwirsch. »Verdammt, ja.«
    »Aus welchem Jahr?«
    »2991.«
    Unwillkürlich musste Brück lachen. »Zweitausendneunhundert … Leidet Ihre Welt etwa auch wieder an einer Jahrtausendpsychose?«
    »Ja, natürlich.« Es schien ihm nun peinlich zu sein, wie er vorhin mit seiner Kenntnis der Zukunft regelrecht angegeben hatte.
    »Und Sie sind in die Vergangenheit gereist, um die Symptome zu vergleichen … sicherheitshalber!«
    »So ungefähr.«
    »Warum sind Sie nicht stattdessen in die Zukunft gereist?«
    Der andere wand sich förmlich. »Das geht nicht.«
    Brück musterte den blonden, stämmigen Mann, der da auf seiner Couch saß und sein Sektglas verlegen zwischen den Fingern drehte. Erst jetzt wirkte der Fremde real – so, als könne man ihn anfassen, ohne mit den Fingern durch ein Trugbild zu stoßen. Komisch, dachte Brück, als ob ich es geahnt hätte, seit er zur Tür hereinkam …
    »Immerhin scheint es noch Menschen zu geben im Jahr 2991.«
    »Natürlich. Mehr denn je.«
    »Gibt es Kolonien im Weltraum? Überlichtschnelle Raumschiffe?«
    Jetzt lächelte er, so wie Brück gelächelt hätte auf die Frage eines Zeitgenossen von Wilhelm dem Eroberer, der sich nach künftigen Pferderassen erkundigt. »Raumschiffe, ja – und anderes, für das Ihre Sprache keine Worte hat …«
    Brück lehnte sich zurück, sehr behutsam und vorsichtig. Plötzlich hatte er Angst, er könnte die Magie dieser Begegnung durch ein unbedachtes Wort oder eine hastige Bewegung zerstören. »Erzählen Sie mir etwas über die Zeitreise. Wie machen Sie das, dass Sie unsere Sprache sprechen, die richtige Kleidung tragen, wissen, wie Sie sich zu benehmen haben?«
    »Das ist einfach. Ich bin Historiker; wir erforschen die Vergangenheit mit Hilfe der Zeitreise, und wir haben technische Möglichkeiten, unglaublich schnell zu lernen …«
    »Ist es nicht gefährlich? Haben Sie nicht Angst, den Verlauf der Geschichte zu verändern?«
    Der Mann aus der Zukunft nickte. »Man muss sehr aufpassen. Es ist auch nicht ganz … legal, dass ich hier bin.«
    »Wie war das mit dem Sekt? Woher stammt der?«
    »Ich habe zuerst die Zeit nach der Jahrtausendwende besucht. 1999 wird ein sehr guter Weinjahrgang. Ich habe die Flaschen verwechselt.«
    »Und warum haben Sie ausgerechnet mich besucht?«
    »Es war wirklich so, wie ich sagte. Allerdings habe ich auch die Bücher gelesen, die Sie noch schreiben werden, und sie haben mir gut gefallen. Ich wollte Sie kennenlernen; Ihnen Mut machen, sie zu schreiben.«
    Brück schwindelte bei diesen Worten, aber zu seiner Verwunderung gab es einen Teil in ihm, der den verzwickten Verwicklungen mühelos zu folgen vermochte.
    »Gut«, sagte er, »machen Sie mir Mut. Was passiert in den nächsten Jahren?«
    Das Gesicht seines Gegenübers verschloss sich. »Das darf ich Ihnen nicht sagen. Es ist zu gefährlich.«
    Brück fühlte plötzlich seinen eigenen Atem, spürte die Unebenheiten des sperrmüllreifen Sessels, auf dem er saß, und hörte das feine, ameisenhafte Ticken der Regentropfen, die gegen die hohen, schlierigen Fensterscheiben nieselten. In weiter Ferne schlug eine Turmuhr, drei viertel zwölf. Dies war die Wirklichkeit, er träumte nicht. Der Mann, der aus einer tausend Jahre entfernten Zukunft gekommen war, saß ihm gegenüber, und nur die fast greifbare Stille trennte sie.
    »Sie wollten mir Mut machen«, sagte Brück schließlich. »Dazu müssen Sie mir eine Frage beantworten – wie überlebt die Menschheit?«
    »Sie überlebt.«
    »Wie?«, beharrte Brück. »Sie brauchen mir keine Einzelheiten zu erzählen, wenn das so gefährlich ist – aber Sie müssen mir eine Idee geben. Mir fällt dazu nichts ein. Was könnte die Situation der Menschheit noch entscheidend verändern? Was könnte das sein?«
    Der Zeitreisende verfiel in brütendes Nachdenken. Dann beugte er sich langsam vor und stellte sein Sektglas auf dem Tisch ab. »Der Kontakt mit einer außerirdischen Zivilisation«, sagte er schwerfällig.
    Eine heiße Woge brandete durch

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