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Eine unberührte Welt

Eine unberührte Welt

Titel: Eine unberührte Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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seinen Eltern erst heute angekommen, gerade noch rechtzeitig zum Fest.«
    Sie musterte ihn mit einem Gesichtsausdruck, der deutlich verriet, was sie von dieser Art, ein Gespräch anzubahnen, hielt. »Hallo, Tonak.« Sie gab ihm betont artig die Hand.
    Tonak war die Situation unbehaglich. »Hallo, Gham’bia.«
    »Tja, ich glaube, ich muss jetzt weiter, meinen Pflichten als Gastgeber nachkommen«, meinte Onkel Peret, wie nicht anders zu erwarten gewesen war. »Unterhaltet euch schön, ihr zwei. Wir sehen uns später, Tonak, ihr seid ja noch ein paar Tage hier.«
    Er bedachte sie mit einem Lächeln, das wohl harmlos wirken sollte, aber nur sehr künstlich aussah, und verschwand rasch zwischen den anderen Gästen.
    Die Sonne war dabei unterzugehen, und Dämmerung senkte sich über die Landschaft. Ein sanfter Wind strich durch die Bäume, fremdartiges Zirpen ertönte von irgendwoher. Auf den Tischen brannten Kerzen in gläsernen Schalen, und Fackeln beleuchteten das Buffet und die Wege.
    »Tut mir leid, Tonak, dass ich gerade so pampig war«, sagte Gham’bia. »Es hat nichts mit dir zu tun. Ich hasse es nur, wie er mich dauernd umherkommandiert – tu dies, tu das! O Gott! Und dauernd versucht er, mich zu verkuppeln. Als ob ich wer weiß wie hässlich wäre und trickreich an den Mann gebracht werden müsste.«
    »Also hässlich bist du nicht«, entfuhr es Tonak, der fast rot wurde, als ihm die Kühnheit seines spontanen Ausrufs zu Bewusstsein kam. »Entschuldige.«
    »Wieso denn, ist doch ein nettes Kompliment«, kicherte das Mädchen belustigt und schlug dann vor: »Magst du ein bisschen mit mir durch den Park spazieren?«
    »Ja, gern. Ich muss nur meinen Teller irgendwo hinstellen.«
    Als sie die Treppen hinuntergingen, die in den Park führten, betrachtete er sie verstohlen von der Seite. Sie hatte langes schwarzes Haar und ziemlich dunkle, samtene Haut. Vielleicht sechzehn, schätzte er. Sie wirkte irgendwie praktisch und lebenserfahren.
    »Was ist das für ein Mann, den deine Schwester geheiratet hat?«, fragte er, mehr aus dem Wunsch heraus, als gewandter Gesprächspartner zu erscheinen, als aus wirklichem Interesse.
    »Bjoot?« Sie gluckste. »Diese blasse Type? Dieser zum Erbrechen langweilige Kleiderständer? Dieser Inhaber der einzigen vakuumgefüllten Hirnschale auf diesem Planeten? Er arbeitet in irgendeiner Verteilungsbehörde, und wahrscheinlich rechnet er sich jetzt Karrierechancen aus, weil seine Schwiegermutter im Rat der Regierung sitzt.«
    »Du kannst ihn wohl nicht leiden?«
    »Ach, merkt man das? Nein, ich kann ihn nicht ausstehen. Der Junge, mit dem Alaina die ganzen Jahre vorher zusammen war, der war wirklich nett. Den hätte sie nehmen sollen. Aber mit dem gab es genetische Probleme; die beiden hätten keine Genehmigung für Kinder bekommen.«
    »Deswegen hätte sie ihn aber doch heiraten können.«
    »Zufällig ist Alaina verrückt danach, Kinder zu kriegen. Und Bjoot muss, so blöd er auch aussieht, der Träger geradezu fantastischer Gene sein. Mit ihm hat sie die Konzession für zwei Kinder gekriegt.« Gham’bia seufzte. »Jedenfalls hoffe ich, dass sie ihn wenigstens aus diesem Grund geheiratet hat und nicht, weil sie an galoppierender Geschmacksverirrung erkrankt ist.« Sie sah ihn keck von der Seite an. »Und du bist also der Tonak, der die ganzen alten Bücher liest.«
    »Jeder scheint hier über mich Bescheid zu wissen«, wunderte sich Tonak. Er wusste nicht so recht, ob er sich geschmeichelt oder unwohl fühlen sollte.
    »Ich glaube, meine Mutter und deine Mutter telefonieren ziemlich viel miteinander. Und am Esstisch verkündet sie dann immer die neuesten Nachrichten aus Europa«, erklärte Gham’bia. »Das mit den Büchern finde ich echt interessant. Woher bekommst du die denn? Ich wüsste gar nicht, wo ich hier Bücher auftreiben sollte. Wenn mich etwas interessiert, frage ich es aus der Datenbank ab; das ist doch viel praktischer.«
    »Bei uns im Wohnbereichszentrum gibt es eine Bibliothek; dorthin gehe ich immer zum Lesen«, erzählte Tonak.
    »Und dort gibt es so alte Bücher? Dreihundert Jahre alt?«
    »Ja. Manche sind sogar über vierhundert Jahre alt. Man darf sie nur in einem speziellen Lesesaal lesen, weil sie unerhört wertvoll sind.«
    »Ist ja witzig. Ich muss mich glatt mal erkundigen, ob es so was bei uns nicht auch gibt.«
    »Bestimmt.«
    »Und was für Bücher liest du da? Abenteuerromane, sagt meine Mutter, aber ich kann mir darunter nichts vorstellen.«
    Tonak holte

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