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Eine undankbare Frau

Eine undankbare Frau

Titel: Eine undankbare Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Fossum
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»Sie waren doch bei uns, erinnern Sie sich nicht mehr? Sie haben mir Ihre Karte gegeben und mir gesagt, dass ich meine Kolleginnen fragen soll. Also die anderen Kassiererinnen. Und dann sollte ich Sie anrufen. Aber ich hatte Ella Marit vergessen. Ella Marit war krank geschrieben, sie ist oft krank, aber jetzt ist sie wieder da. Und sie kann sich an einen Jungen erinnern, der so einen Block aus gefrorenem Rinderblut gekauft hat. Sie hat sein Gesicht nicht so genau sehen können, er hatte ja seinen Helm auf. Aber sie erinnert sich an seine Handschuhe, mit den Totenköpfen, denn sowas sieht man ja nicht alle Tage. Und die Handschuhe, die liegen jetzt bei uns im Pausenraum, er war hier wieder einkaufen und hat sie dann vergessen. Die lagen auf dem Laufband. Wir gehen davon aus, dass er kommt um sie zu holen, denn sie sehen teuer aus«, erklärte sie.
    Skarre stand langsam auf. Er legte die Hand um die eiskalte Bierdose und verspürte den fast unwiderstehlichen Drang, sie sofort zu öffnen und das Bier hinunterzukippen. Stattdessen nahm er die Autoschlüssel und verließ die Wohnung.
    Die beiden Mädchen warteten auf einer Bank vor dem Laden.
    Sie saßen eng nebeneinander, wie Freundinnen, und wie Blumen streckten sie sich in die Sonne. Ella Marit, die Ältere, hatte sich eine selbstgedrehte Zigarette angesteckt, Britt leckte an einem Eis. Beide trugen die grünen Supermarkt-Kittel und sie hatten sich nach Kräften schön gemacht, denn sie waren in dem Alter, in dem solche Dinge wichtig sind. Als Skarre auf sie zukam, wechselten sie flüsternd ein paar Worte miteinander, dann sprangen sie auf und gingen mit ihm in den Laden und von dort in den Pausenraum. Das war ein scheußliches Zimmer, mit einem winzigen Fenster und kahlen Mauern mit Rissen. Wie in einem Keller. In dem Raum befanden sich eine Kaffeemaschine und ein kleiner Kühlschrank, ein Tisch sowie vier Stühle und ein stählernes Spülbecken.
    Britt holte die Handschuhe und zeigte sie ihm.
    Sie waren aus weichem, schwarzen Leder.
    »Die sind aber klein«, kommentierte Skarre.
    Er versuchte, sich den einen Handschuh anzuziehen, aber erfolglos.
    »Er war auch nicht besonders groß«, erklärte Ella Marit, sie stand vor Skarre und stemmte die Hände in die Seiten. »Noch keine zwanzig, glaube ich. Und klapperdürr.«
    Skarre sah sich die Handschuhe genauer an. Sie wurden am Handgelenk mit einem kräftigen Druckknopf geschlossen. Im Innenfutter war ein seidener Stoffschnipsel angebracht. Made in China. Der Totenkopf war rot und auf dem Handrücken ins Leder eingeprägt.
    »Wie sah er aus?«, fragte er.
    »Wie ein Engel«, sagte Ella Marit. »Dunkelhaarig, hübsch und mit ziemlich langen Haaren.«
    »Und wie war er angezogen?«
    »Er hatte Jeans und ein T-Shirt. Auf dem Hemd stand etwas, aber ich kann mich nicht erinnern, was da stand. Blöd, nicht?«
    »Haben Sie seine Stimme gehört? Hat er etwas gesagt?«
    »Nein.«
    »Am Eingang hängt doch ein schwarzes Brett«, sagte Skarre. »Am besten machen Sie einen Aushang. Dass die Handschuhe gefunden wurden. Falls er nicht mehr weiß, wo er sie liegen gelassen hat. Wenn er dann kommt, müssen Sie zusammenarbeiten. Die eine holt die Handschuhe und trödelt so lange wie möglich herum. Die andere läuft raus und sieht sich sein Fahrzeug an. Wir glauben, dass er ein Moped oder ein leichtes Motorrad fährt. Notieren Sie sich die Nummer. Und rufen Sie mich sofort an.«
    Britt und Ella Marit nickten.
    »Beim ersten Mal trug er den Helm«, sagte Skarre. »Welche Farbe hatte der?«
    »Rot«, sagte Ella Marit. »Mit kleinen goldenen Flügeln an der Seite. Der ist bestimmt ganz schön eitel.«
    »Ich möchte noch etwas sehr Wichtiges sagen«, sagte Skarre. »Es sind wirklich schlimme Dinge passiert, hier in Bjerkås, in Sandberg und drüben in Kirkeby. Aber wir wollen nur mit ihm reden. Wir wissen nichts mit Sicherheit. Setzen Sie also bitte keine Gerüchte in Umlauf, die ihm schaden könnten.«
    Da ergriff Britt das Wort.
    »Hier in Bjerkås fahren viele Moped«, sagte sie. »Es gibt nur eine einzige, schlechte Busverbindung in die Stadt. Die knattern die ganze Zeit hier über die Straßen, ich meine, die, die unter achtzehn sind, denn alle über achtzehn fahren Auto. Ich werde bestimmt total nervös werden, wenn er auftaucht«, fügte sie hinzu. »Wenn er plötzlich hier an der Kasse seht und nach den Handschuhen fragt.«
    Ella Marit stützte sich auf die Bank. Ihr Kittel saß eng und verriet ihr Übergewicht. Ihr Singsang beim

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