Eine unerwartete Erbschaft (German Edition)
Mindy, als würde sie eine tiefgründige Aussage machen. »Du musst ihn entschuldigen, Ryan. Was Essen betrifft, ist Chads Geschmack unterste Schublade. Wenn ich nicht wäre, würde er sich nur von Hot Dogs und Hamburgern ernähren.«
»He, Mexikanisch mag ich auch«, protestierte Chad. »Habt ihr schon mal bei Taco Amigo an der Strand Street gegessen?«
Ryan und ich schüttelten gleichzeitig den Kopf, merkten es und lächelten uns an. Ein Insider-Witz.
»Da solltet ihr aber mal hingehen. Das Essen ist klasse.«
»Das ist eine kleine Spelunke.« Mindy verdrehte die Augen. »Fastfood!«
Chad sah sie verwirrt an. »Aber du hast immer gesagt, es gefällt dir da.« Zu mir gewandt fügte er hinzu: »Die liefern auch nach Hause, Lola, wenn du lieber auf der Couch sitzt und fernsiehst und dann mal Appetit auf Mexikanisch bekommst. Sie bringen es direkt bis an die Tür.«
»Wir werden daran denken«, sagte Ryan und warf mir einen amüsierten Blick zu.
Die Bedienung nahm die Getränkebestellung auf und Mindy nahm denselben Cocktail wie Ryan: einen Apple-Martini. Chad trank wie üblich Bier und ich, da ich meine Lektion gelernt hatte, blieb bei Diätcola.
»Du trinkst Martini?«, fragte ich, sobald die Bedienung gegangen war. »Das ist aber neu für dich, Mindy. Ich dachte immer, du wärst mehr der Weinschorle-Fan.«
Mindy setzte sich gerade und sah Ryan an. »Das ist das Problem mit Familie. Sie denken immer, sie wüssten alles über dich, aber das ist einfach nicht wahr.«
Von wegen! Auch wenn Mindy sich vorkam wie ein Buch mit sieben Siegeln, war sie doch so berechenbar wie das kleine Einmaleins.
»Es gibt Vieles, das du noch nicht weißt, Lola«, fügte sie fast schnippisch hinzu.
»Ach, ich denke, das grundlegende Konzept ist mir vertraut«, erwiderte ich. »Schließlich kenne ich dich schon dein ganzes Leben.«
Mindy sah zu Ryan. »Es ist hart, die jüngere Schwester zu sein. Immer diese Vergleiche: Warum kannst du nicht mehr wie deine Schwester sein? Lola hatte immer Einsen. Deine Schwester war immer pünktlich zu Hause. Warum kannst du deine Hausaufgaben nicht erledigen, ohne dass wir ständig nachfragen müssen? Mit Lola mussten wir nie schimpfen.«
»Ich bin auch das zweite Kind«, sagte Ryan, »und habe dieselben Sachen gehört. Ich glaube, das ist ganz normal.«
Es gefiel mir nicht, dass die zwei sich hier quasi verbündeten. »Warte mal«, warf ich dazwischen. »Du hattest ständig gute Noten, Mindy. Du warst immer unter den Klassenbesten.«
Sie schüttelte traurig den Kopf. »Na ja, Einsen hatte ich schon, aber auch viele Zweien. Ich hatte nie Eins Komma Null.« Beim letzten Wort stülpte sie ihre Lippen zu einem Schmollmund vor.
Ihr Schmollmund regte mich auf – der Manipulationsversuch war offensichtlich! »Und ich habe nie gehört, dass Mom und Dad sich über dich beschwert hätten. Tatsächlich haben
sie ständig erzählt, wie stolz sie auf dich seien, zum Beispiel, als du die Hauptrolle in dem Schultheaterstück bekamst. Und wie toll du auf dem Schulabschlussfoto ausgesehen hast.« Ich legte meine Hand auf Ryans Arm. »Sie haben ein gerahmtes Dreißig-Mal-Vierzig-Foto mitten auf dem Kaminsims stehen. Es ist das Erste, was dir auffällt, wenn du ins Wohnzimmer kommst. Mein Foto dagegen ist nur zehn mal fünfzehn und steht im Arbeitszimmer meines Vaters im Bücherregal versteckt.« Ich reckte den Hals, um Mindy in die Augen zu sehen. »Außerdem musste ich ständig hören, wie schön es sei, dass Chad den Rasen mäht und im Winter Schnee schiebt.« Ich deutete auf Chad, der sich freute, Teil des Gesprächs zu sein. »Sie hat Punkte für die Leistungen ihres Freundes kassiert.«
Amüsiert wandte Ryan sich an Chad. »Sind die immer so?«
Chad zuckte mit den Schultern. »Manchmal. Sie zicken sich eben gern gegenseitig an. Du weißt ja, wie Schwestern sind.«
Mindy wandte sich wieder direkt an Ryan. »Meine Noten waren also nicht so gut wie ihre – na und? Das ist mir völlig egal. Denn während Miss Bücherwurm die meiste Zeit ihres Highschool-Lebens im Zimmer saß und lernte, bin ich ausgegangen – ins Kino und zum Tanzen und zu Lagerfeuern.«
»Und bei Footballspielen waren wir auch oft«, fügte Chad hinzu.
»Ja, unter der Tribüne.« Der Satz lag mir plötzlich auf der Zunge und ich konnte nicht widerstehen, ihn auszusprechen. Chad wurde puterrot. Da hatte ich wohl unbewusst ins Schwarze getroffen.
Mindy machte eine Geste, als würde sie mich ins Gesicht schlagen. Es sah
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