Eine unerwartete Erbschaft (German Edition)
sogar. Ich lehnte mich gegen das Geländer der überdachten Veranda. Das Haus von Crazy Myra lag direkt gegenüber und meines rechts daneben. Es sah solide und beeindruckend aus. Der Rasen musste gemäht werden, aber das war nebensächlich. »Es ist ziemlich interessant, mein Haus von hier aus zu betrachten.«
»Willkommen in meiner Sicht der Welt.« Ryan schob sich neben mich auf das Geländer, so dass er halb saß. »Da sind wir nun, endlich allein.«
»Ich wollte gern noch einmal mit dir sprechen, ohne dass Mindy dabei ist«, sagte ich. »Zunächst einmal muss ich mich für sie entschuldigen. Sie hat schon immer gern geflirtet, aber wenn man bedenkt, dass sie in drei Wochen heiratet, übertreibt sie es doch ein bisschen.«
»Wenn man bedenkt, dass ich mit ihrer Schwester zusammen bin, übertreibt sie es maßlos.«
Bei seinen Worten spürte ich große Erleichterung. Ich musterte sein schönes Gesicht, das entspannt war und dennoch Anteilnahme zeigte, und fragte mich, wie es wohl wäre, diesen Mann zu küssen. Was mich zu meinem zweiten Thema brachte. »Ich bin froh, dass du das mit Mindy auch so siehst. Dann wollte ich noch über Hubert sprechen. Ich weiß, du hast uns küssen gesehen ...«
»Du bist mir keine Erklärung schuldig. Wir sind doch erst ein paar Mal zusammen ausgegangen.«
Tatsächlich waren es erst zweimal gewesen, aber mir gefiel, dass er es quasi aufstockte – als hätte er mir eine Beförderung
erteilt. Nervös öffnete und schloss ich die Finger, um mich auf meine nächste Aussage vorzubereiten. »Ich würde trotzdem gern darüber sprechen. Wir haben uns zwar geküsst, aber ich betrachte Hubert nach wie vor nur als guten Freund.« Als wirklich guten Freund, der zufällig ein großartiger Küsser war. »Er hat in letzter Zeit viel durchgemacht und eins führte zum anderen. Es war nur eine Art Aussetzer. Ich weiß, wie es ausgesehen hat, und ich kann es nicht wirklich erklären, aber ich weiß auch, dass es nie wieder passieren wird.« Ich blickte auf und sah Ryan schmunzeln.
»Du bist so süß, wenn du dir Sorgen machst«, sagte er. »Alles ist gut, Lola. Zerbrich dir darüber nicht den Kopf.«
»Wirklich?«
»Absolut. Kein Problem. Weder deine flirtende Schwester, noch dein liebesbedürftiger Freund. Jeder kennt doch ein paar anstrengende Menschen in seinem Leben. Glaub mir, die beiden sind kein Problem. Da habe ich schon viel schlimmere Sachen erlebt.«
»Puh, da bin ich wirklich erleichtert.«
»Ich verstehe das. Solche Sachen kenne ich auch.«
»Da wäre noch etwas.« Nun war ich schon so weit gekommen, da konnte ich es auch zu Ende führen. »Ich habe noch mal über Mindys Hochzeit nachgedacht und dein großzügiges Angebot, meinen Verlobten zu spielen.«
»Ja?« Er bekam wieder diese wunderschönen Fältchen um die Augenwinkel.
»Ich weiß, dass ich gesagt habe, ich würde es nicht tun wollen, aber ich habe meine Meinung geändert. Bist du immer noch bereit mitzumachen?«
»Lola. Machst du mir etwa einen Antrag?«
Ich grinste. »Ja.«
Er legte in gespieltem Erstaunen die Hände auf die Wangen und sprach mit hoher Stimme wie eine Südstaatenschönheit. »Oh, das kommt ja so unerwartet. Ich meine, ich hatte ja gehofft, dass du fragst, aber ich hätte mir nie träumen lassen, dass du es auch wirklich tust.« Er fächelte sich Luft zu. »Ich kann nicht glauben, dass ich Mr. Lola Watson werde! Grundgütiger, das muss ich all meinen Freundinnen erzählen!«
»Das reicht, das reicht!« Ich musste lachen. »Also, machst du mit?«
»Es wäre mir ein Vergnügen.«
»Du müsstest mit meinen Verwandten reden. Und einige davon sind nervig. Richtig nervig.«
»Ach, das ist kein Problem. Verwandte lieben mich.«
In diesem Moment liebte ich ihn. Was für ein toller Mann! »Ich kann dir gar nicht sagen, wie glücklich ich bin, dass alles so wunderbar geklärt ist.«
Er stellte sich aufrecht und zog mich zu sich heran, so dass ich ihn direkt ansehen musste. »Natürlich ist alles wunderbar. Das mit uns ist wunderbar. Sogar mehr als das.«
»Gut. Ich bin froh, dass du so denkst.«
»Weißt du, Lola ...« Es gefiel mir, wie er meinen Namen aussprach – so melodisch. »Ich habe viel darüber nachgedacht, wie wir uns kennengelernt haben. Gerade letzte Nacht noch habe ich wach gelegen und gedacht: Wie hoch standen die Chancen, dass ich zur selben Zeit in diesem Vorzimmer war wie deine Freundin? Und dass deine Freundin ausgerechnet mich anspricht und dein Problem beschreibt? Und noch
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