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Eine ungezaehmte Lady

Titel: Eine ungezaehmte Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Archer
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haben.«
    »Offenbar ist das schlechte Wetter ja von Süden herangezogen.«
    »So kann man es natürlich auch sehen.« Sie hielt an, damit Rafe sie einholen konnte.
    Er hob das Gesicht zum Himmel, fuhr sich mit der Hand durchs feuchte Haar und bedachte sie mit einem finsteren Blick. »Es ist der einzige Weg, es zu sehen.«
    »Du bist ein Spießer. Nicht die Spur von Fantasie.« Sie musterte ihn nicht minder finster. Vor lauter Erleichterung dar­über, dass der Regen ihre Spuren verwischen würde, hatte sie Lust, wild um sich zu schlagen, um die aufgestaute Anspannung loszuwerden. Da kam ihr ein anstrengender Zeitgenosse wie Rafe gerade recht.
    »Ich kann mir gut vorstellen, wie du vor Richter Parker stehst«, entgegnete er, die Stimme rau vor Gereiztheit.
    »Hab ich es doch gesagt – nicht die Spur von Fantasie.«
    »Zumindest hat sie gereicht, um die berüchtigte Lady dingfest zu machen.«
    »Offenbar hast du noch nicht bemerkt, dass du selbst in der Tinte sitzt.«
    »Falsch. Du überschätzt dich«, gab er zurück.
    »Wer reitet voran?«
    »Das kann ich übernehmen.«
    »Und kannst du uns auch zu einem warmen, trockenen Geheimversteck bringen, wo es für uns und für die Pferde etwas zu essen gibt?«
    »Wehe, wenn das nicht die Wahrheit ist.«
    »Haben die Pferde nun einen Regentanz aufgeführt?«, beharrte sie, denn sie wollte, dass er nachgab und sich auf ihre Welt der Möglichkeiten einließ.
    »Lady, du forderst das Schicksal heraus.«
    »Ja oder nein?«
    »Versteck, ja oder nein?«
    »Pferde, ja oder nein?«
    »Verdammt! Du kannst einen Mann wirklich in den Wahnsinn treiben. Falls es in der Nähe tatsächlich Essen und einen Unterschlupf gibt, haben die dämlichen Pferde meinetwegen alles mögliche getrieben, während wir nicht hingeschaut haben. Auch einen Regentanz aufgeführt.«
    »Ja.«
    »Ja, was?«, fragte er und wischte sich das Regenwasser vom Gesicht.
    »Ja, ich bringe dich in mein Versteck, wenn du versprichst, nicht mehr ständig darüber zu reden, dass du mich vor einen Richter schleppen willst, der mich aufhängt.«
    »Gut, abgemacht. Und jetzt lass uns verschwinden, bevor wir noch ertrinken. Es regnet in Strömen. Da kommt einiges vom Himmel herunter.«
    »Allerdings. Da oben versucht wohl jemand, uns zu ersäufen wie irgendwelches unliebsames Viechzeug.«
    Sie lachte auf. Plötzlich war ihr wegen seiner Zusage, ihres Geplänkels und der Flucht in letzter Minute ganz leicht ums Herz. Möglicherweise war er nicht nur ein Deputy, sondern auch ein Mensch. Jemand, der nicht nur eine Waffe, sondern auch ein Herz hatte. Und vielleicht würde er nicht nur ein Feind sein, sondern auch ein Freund. Das würde die Zeit zeigen. Jetzt lag es an ihr, dafür zu sorgen, dass sie die auch be­kamen.
    Sie genoss es, wie der Regen auf sie herunterprasselte und Schmutz, Angst und Wut wegspülte. Ebenso wie den glitschigen Schlamm und den muffigen Geruch des Red River, der ihr anhaftete.
    Lady war so müde, dass ihr jeder Knochen im Leibe wehtat. Hinzu kamen die Schmerzen nach dem langen Ritt, das Brennen der Streifschüsse und die Zweige, die sie beim Reiten gnadenlos peitschten. Wie sehr sehnte sie sich nach einem ausgedehnten heißen Bad mit jeder Menge duftender Lavendelseife. Als sie an ein riesiges brutzelndes Steak dachte – Bison, Hirsch, Rind, das spielte keine Rolle –, lief ihr das Wasser im Munde zusammen. Nach dem Fleisch würde sie sich ein Stück frisch gebackenen Apfelkuchen oder Blaubeerkompott gönnen. Oder, noch besser, gleich den ganzen Kuchen auf einmal. Sie war so ausgehungert, dass sie den Geschmack fast auf der Zunge spürte. Also leckte sie sich das kühle Regenwasser von den Lippen, legte den Kopf in den Nacken und trank, was vom Himmel auf sie herniederströmte.
    Doch nun musste sie die Augen aufhalten, sonst würde sie auf diesen überwucherten Pfaden niemals ihr Versteck finden. Sie hatte einige solcher Unterschlüpfe, immer in der Hoffnung, dass kein Desperado oder Braunbär sie in der Zwischenzeit entdeckte. Schließlich konnte man nie wissen, wann Voraussicht den Unterschied zwischen Leben und Tod bedeuten würde.
    Also spähte sie in die dunkle, regnerische Nacht und hielt Ausschau nach Wegweisern. Es waren keine offensichtlichen, die einem Außenstehenden aufgefallen wären, nur eine eingeritzte Baumrinde oder ein ungewöhnlich geformter Felsen hie und da.
    Blitze zuckten, gefolgt von einem Donner, der grollte wie das Hufgetrappel einer Herde von Pferden. Zum Glück reichte das

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