Eine unheilvolle Begegnung
bereits abgeholt?«
»Nein, ich wollte gerade losfahren. Wieso, ist sie nicht mehr da?«
Die Schwester lachte verlegen. »Es scheint, als wäre sie uns … abhandengekommen. Sie ist nicht mehr in ihrem Zimmer. Ihre gesamten Sachen sind ebenfalls verschwunden. Hier im Haus haben wir sie nirgends entdecken können. Es könnte natürlich sein, dass sie nach Hause gefahren ist, ohne Bescheid zu sagen.«
Cathy bekam eine Gänsehaut. Irgendetwas stimmte hier nicht. Sam wäre nicht gegangen, ohne sich bei ihr zu melden. Sie wusste, dass sie sie abholen würde. Und in ihr Haus wäre sie nach dem, was ihr in den letzten Tagen alles passiert war, bestimmt nicht zurückgekehrt, zumindest nicht alleine.
»Das glaube ich nicht. Aber ich werde mit ihren Freunden und Kollegen sprechen, ob jemand etwas weiß. Dann komme ich rüber.«
»In Ordnung. Wir wissen Ihre Hilfe zu schätzen.«
Langsam ließ Cathy den Hörer sinken. Ein kalter Schauer lief ihr über den Rücken. War Sam nicht freiwillig aus dem Krankenhaus gegangen? Hatten etwa die Täter, die auch ihr Auto zum Explodieren gebracht hatten, sie gefunden und mitgenommen? Energisch schüttelte Cathy den Kopf. Nein, das konnte nicht sein. Nicht in so einem belebten Krankenhaus. Und sie hätten auch bestimmt nicht extra ihren ganzen Kram mitgenommen. Cathy verließ im Laufschritt ihr Zimmer. Sie schaute in die anderen Büros, aber da war niemand. Wahrscheinlich waren alle nach Hause gegangen, als sie vom gewalttätigen Tod Professor Marshs gehört hatten.
Nachdem sie die oberen Stockwerke durchkämmt hatte, lief sie in den Keller hinunter. Irgendjemand musste doch im Gebäude sein! Sie schlitterte um die Ecke und landete direkt in einem soliden Hindernis. »Hmpf.«
Starke Arme schlossen sich um sie und verhinderten, dass sie das Gleichgewicht verlor. Verwundert blickte sie auf, direkt in Toms blaue Augen. Erleichtert atmete sie auf. »Oh, Tom. Gut, dass ich dich treffe.«
Seine Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. »Und das auch noch wortwörtlich.«
Schnell wand sie sich aus seiner Umarmung. »So meinte ich das nicht. Das Krankenhaus hat angerufen. Sam ist spurlos verschwunden.«
Sofort wurde er ernst. »Verschwunden?«
Cathy zuckte die Schultern. »Anscheinend. Ich wollte sie gerade abholen, wie mit ihr abgemacht. Sie wäre nicht einfach weggegangen, ohne mir Bescheid zu sagen.«
Toms Miene verdüsterte sich. »Stimmt. Haben sie dort alles abgesucht?«
»Bisher haben sie nichts gefunden, aber sie suchen weiter. Ich wollte jetzt rüberfahren.«
»Ich komme mit.«
»Das musst du nicht.«
»Ich weiß.«
Cathy lächelte ihn an. »Danke.«
Tom zuckte mit den Schultern. »Sam ist auch meine Freundin.«
19
Eine Viertelstunde später betraten Cathy und Tom die Krankenhauslobby. Zielsicher strebten sie auf den Auskunftstresen zu, Toms Hand immer an ihrem Ellbogen. Normalerweise hätte ihr das sehr gefallen, doch jetzt bemerkte sie es kaum. Sie war zu sehr von ihrer Angst um Sam in Anspruch genommen. Gott, warum war sie nicht bei ihr geblieben? Weil ihre Arbeit wieder einmal wichtiger gewesen war, wie so oft in ihrem Leben. Sie ließ es auch nicht als Entschuldigung gelten, dass Sam sie selbst weggeschickt hatte, weil sie sich ausruhen wollte. Dann hätte sie eben auf dem Flur warten müssen. Überhaupt, warum hatte die Polizei keine Wachen aufgestellt, wenn doch so offensichtlich ein Anschlag auf ihr Leben verübt worden war? Nein, sie hatten nur diesen einen griesgrämigen Detective geschickt. Wie hieß er noch – Guano, Gonzo? Gonzalez, das war es!
Cathy beugte sich zu der Krankenschwester über den Tresen. »Mein Name ist O’Donnell. Schwester Mae hat mich angerufen. Es geht um Samantha Dyson, Zimmer 213.«
Die Schwester betrachtete sie mit gerunzelter Stirn, dann hellte sich ihre Miene auf. »Die verschwundene Patientin, richtig?«
»Genau. Wurde sie inzwischen gefunden?« Cathys Stimme klang hoffnungsvoller, als sie sich fühlte.
»Nein, bedaure.« Sie wandte sich an die neben ihr sitzende Kollegin. »Hast du etwas darüber gehört, Sue?«
Die angesprochene Schwester blickte auf. »Wie bitte?«
»Ich fragte, ob du etwas von der verschwundenen Patientin gehört hast.«
Sue blickte sie verwirrt an. »Eine Patientin wird vermisst? Ich hatte Pause und bin eben erst wiedergekommen. Ich weiß von nichts.«
»Samantha Dyson, Zimmer 213.«
Die junge Krankenschwester runzelte die Stirn. »Dyson … 213 … Ach ja, vorhin war ihr Bruder hier. Vielleicht hat
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