Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine unzüchtige Lady

Eine unzüchtige Lady

Titel: Eine unzüchtige Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Wildes
Vom Netzwerk:
schreckliche Tragödie zu überwinden, die der Verlust beider Elternteile bei jenem tragischen
Unfall für sie bedeutete. Vielleicht war ihre frühe Verwaisung der Grund, warum sie so eine unverwüstliche, selbständige Persönlichkeit entwickelt hatte. Oder es war ihr einfach angeboren. Aber woher es auch kam, ihm hatte immer ihr Drang nach Unabhängigkeit gefallen. Bei dem kleinen Mädchen war es eine liebenswerte Eigenschaft gewesen. Die junge Frau war einfach nur bezaubernd.
    Zu seiner Überraschung stellte er fest, wie oft er an sie denken musste. Sogar wenn er in London war und sie sich in Berkshire aufhielt. Rückblickend wurde ihm bewusst, dass er häufiger nach Manderville Hall reiste, als notwendig gewesen wäre - und Annabel war der Grund für seine häufigen Aufenthalte. Ihr Lachen, ihr Hang, sich weit vorzubeugen, wenn sie ein Thema diskutierte, die unkleidsame Intelligenz, die zu verbergen sie sich keine Mühe gab … All das zog ihn an.
    Wie konnte das sein? Ausgerechnet er fühlte sich zu einer jungen Lady hingezogen, die kaum dem Schulzimmer entwachsen war?
    Nein.
    Oder doch?
    An jenem schicksalshaften Nachmittag in der Bibliothek hatte er das Unverzeihliche getan. Nachdem er erst so tat, als suchte er nach einem Buch, ein paar neckende Bemerkungen machte, damit er die Melodie ihres Lachens hören konnte - küsste er sie. Oh, er stellte es geschickt an. Schließlich war er in der Kunst des Flirts durchaus geübt, und Annabel hatte ihm gegenüber keine Chance. Er lockte sie zum Fenster, um den Blick in den Rosengarten zu bewundern, und stand nur eine Winzigkeit zu nah neben ihr, als schicklich gewesen wäre. Er legte seine Hand auf ihr Kreuz, dann neigte sich sein Körper ein wenig ihr zu, und er blickte auf sie herab. Er konnte sich noch lebhaft daran erinnern, wie sich ihre Augen leicht weiteten, als sie sich seiner Absichten
bewusst wurde. Und wie weich und anschmiegsam sie sich in seinen Armen anfühlte …
    Der Geschmack ihres Mundes war erdbeersüß, warm und voller Unschuld. Die zaghafte Berührung ihrer Finger, die seinen Hals streichelten, ließen seinen Körper vor Verlangen erbeben. Mit dem untrüglichen Instinkt einer Frau schmiegte sie sich an ihn, ergab sich ihm ganz. Und er nahm ihr kostbares Angebot an. Zur Hölle mit ihm!
    Nach nur einem Kuss war er der eine.
    Darüber hinaus wollte er der eine für sie sein.
    Die Wirklichkeit jedoch hat die unangenehme Angewohnheit, jeden auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen, und so geschah es auch hier, sogar dann, als er seinen Kopf senkte und in ihre Augen blickte. Sie waren von einem so reinem Blau, dass er sie nur mit einem wolkenlosen Sommerhimmel vergleichen konnte, und bargen jenen verträumten Blick voller Glück, der auch dann nicht verschwand, als ein herrliches Lächeln auf ihre Lippen trat. Lippen, die noch feucht waren von seinen Zärtlichkeiten.
    Dann sagte sie es. Hör nicht auf. Mit einem einzigen, atemlosen und so unschuldigen Flüstern rief sie ihm die eiskalte Realität ins Gedächtnis.
    Hör nicht auf. War sie wahnsinnig? Natürlich musste er aufhören.
    Was um alles in der Welt hatte er ihr bereits angetan?
    Er war siebenundzwanzig Jahre alt und sie noch nicht achtzehn. Er war ein Wüstling mit eindrucksvollem Ruf - und manchmal war dies auch durchaus berechtigt, wenn auch nicht immer -, und sie war seines Onkels unschuldiges Mündel. Solange er nicht wünschte, sie zu heiraten, sollte er nicht mal den kleinen Finger an sie legen. Und erst recht nicht sollte er sie zu ihrer Verliebtheit ermutigen.

    Zu dem Zeitpunkt hatte das Wort Ehe ihn noch zu Tode erschreckt. Er war nicht sicher, ob das Wort heute noch denselben Effekt auf ihn hatte, aber mittlerweile war vieles anders. Er betrachtete die Situation aus einer anderen Perspektive.
    Er verhielt sich also noch feiger, murmelte eine lahme Entschuldigung und verließ abrupt den Raum. Für den Rest des Tages mied er ihre Gesellschaft, weil er keine Ahnung hatte, wie er mit den widerstreitenden Gefühlen umgehen sollte. Schuldgefühle, Verwirrung und etwas anderes rangen in ihm, etwas, das er kaum benennen konnte. Wann war das Kind zur Frau herangereift, und wann war er sich dessen bewusst geworden?
    Darüber hinaus fragte er sich, wann er sich erstmals zu ihr hingezogen gefühlt hatte. Nicht nur zu ihrer neu entdeckten Reife, nicht nur zu ihrem anderen Aussehen und ihren Bewegungen, die sich von denen des Kindes unterschieden, sondern zu ihr . Ihr sprudelndes Lachen, ihr

Weitere Kostenlose Bücher