Eine unzüchtige Lady
in ihr dahinschmolz. »Ich bewundere Euren Enthusiasmus, meine Liebe.«
Die Zärtlichkeit entschlüpfte ihm so leicht. Er schien es gewohnt zu sein, mit dem ihm eigenen gewandten Selbstbewusstsein stets zu wissen, was Frauen aus seinem Mund hören wollten.
Diese herrlichen, begabten Lippen. Spontan schob Caroline sich nach oben, so dass sie die Linie seiner Unterlippe ablecken konnte. Von Mundwinkel zu Mundwinkel, provozierend langsam. Überraschung glomm in seinem Blick auf, und er lachte. Sein Atem war an ihrem Mund angenehm warm. »Die Lady ist eine gelehrige Schülerin, merke ich.«
War sie das? Vielleicht war es der warme Nachmittag und die Situation, die sie so kühn machten.Vielleicht war es die Freiheit, die mit der Erkenntnis wuchs, dass all die gehässigen Kommentare und grausamen Spötteleien, mit denen Edward sie in den Nächten überzogen hatte, nachdem er seinen Nachtrock wieder angezogen hatte, falsch waren. Es konnte sogar sein, dass der sehr hübsche, unbestreitbar männliche Duke tatsächlich unwiderstehlich war, und zwar nicht nur für die zahlreichen erfahrenen Bettgefährtinnen, sondern auch für jemanden, der so unerfahren war wie sie.
Was auch immer es war, sie wusste eines: Sie wollte ihn noch
einmal, wollte seine Leidenschaft spüren, seine behutsame Berührung. Sie wollte wissen, dass sie ihn als Frau erfreute.
Auch wenn das alles eine Illusion war.
Kapitel 12
»Also? Wie läuft deine Kampagne? Ich wage zu behaupten, dass wir dich in den letzten Tagen häufiger gesehen haben als im gesamten letzten Jahr.«
Derek schenkte seinem Onkel einen vorwurfsvollen, erschöpften Blick. »Du weißt doch, wie schlecht es läuft. Schließlich warst du meist Zeuge. Das heutige Dinner ist ein perfektes Beispiel. Ich glaube, sie hat nicht mehr als ein Dutzend Worte mit mir gesprochen, und dann hat sie erneut Kopfschmerzen vorgeschoben, um den Tisch früh zu verlassen.« Er saß in einem Sessel ausgestreckt, und neben seinem Ellbogen stand auf einem marokkanischen Tisch mit einer hervorragenden Einlegearbeit aus polierten Steinen ein Glas Portwein. Mit, wie er hoffte, unbeteiligter Miene fragte er: »Hat sie irgendetwas gesagt?«
»Deiner Tante Margaret gegenüber, meinst du?« Thomas lehnte sich zurück und schüttelte den Kopf. »Nicht, dass ich wüsste, aber es gibt diese einzigartige geheime Verabredung unter Frauen, über romantische Geständnisse, die sie einander machen, zu schweigen. Das finde ich erstaunlich bei Lebewesen, die eigentlich nicht so viel aufs Schweigen geben.«
Derek wollte bei dieser ironischen Bemerkung gern lachen, aber er war zu frustriert und entmutigt. »Ich kann nicht glauben, dass Annabel nichts gesagt hat, nachdem ich plötzlich so häufig anwesend bin.«
Gütiger Himmel, er klang wie ein liebeskranker Heranwachsender. Ihn ärgerte nicht nur sein Verhalten, ihn ärgerte im Grunde alles. Die Situation mit Annabel war schlimm genug, aber die Wette stellte ihn gewissermaßen jedes Mal auf die Probe, wenn er vor die Tür trat und seinen Pflichten nachging. Zumal Nicholas’ Abwesenheit in der Londoner Gesellschaft deutlich auffiel. Die spöttischen Fragen über seinen Verbleib waren ein Ärgernis, das Derek nicht brauchen konnte.
»Ich sage immer noch, du solltest dich um ein Gespräch unter vier Augen mit ihr bemühen.«
»Das habe ich bei mehr als einer Gelegenheit versucht. Es ist eindeutig, dass sie nicht daran interessiert ist.« Er machte eine hoffnungslose Geste mit der Hand. Voller Enttäuschung erinnerte er sich an seine vergeblichen Versuche. Eine Enttäuschung, die für ihn untypisch war und die er nicht spüren wollte. »Weißt du, der Aufruhr um Phoebe Tanner fiel ausgerechnet mit meiner Erkenntnis zusammen, dass ich versuchen sollte, Annabels Meinung über meinen Charakter zu ändern. Obwohl die radikale Entscheidung von Phoebes Ehemann, die Scheidung zu erwirken, nichts mit mir zu tun hat, sind die Gerüchte nicht gerade hilfreich. Ich bin sicher, dieser Umstand hat Annabels schlechte Meinung über mich als ausschweifenden Teufelskerl nur gefestigt. Es gibt kaum etwas Schlimmeres, als in ein Scheidungsgesuch hineingezogen zu werden. Zum Glück bin ich nicht nur vollkommen unschuldig, die Lady je angerührt zu haben, sondern Lord Tanner hat schließlich auch seine Anschuldigungen fallen lassen. Ich fürchte aber, das kam zu spät.«
Thomas warf ihm bloß einen Blick zu, der von seiner männlichen Sympathie sprach.
»Annabels Meinung über mich lässt
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