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Eine Urwaldgöttin darf nicht weinen

Eine Urwaldgöttin darf nicht weinen

Titel: Eine Urwaldgöttin darf nicht weinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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einmal an Totenbündeln vorbei, stumme Wächter, sicherlich einst im Leben die tapfersten Krieger des Stammes.
    Und dann plötzlich, beleuchtet von einem Loch in den Baumkronen, durch das die Sonne brach wie ein greller Scheinwerfer, glitzerte und flammte es auf, blitzte und schimmerte es und blendete die Augen, die fassungslos darauf starrten.
    Ein Haufen nur, aber ein Haufen aus Goldkörnern und gezackten Steinen, auf denen bunte Kristalle das Licht der Sonne in einem Gemisch von Farben zurückwarfen.
    Diamanten und Saphire: weiß, goldgelb und tiefblau. Ein ganzer Haufen Edelsteine und reines Gold, einfach hingeworfen in eine Mulde der Felsen. Ein Haufen, dessen Wert gar nicht abzuschätzen war.
    »Mein Gott …«, stammelte Gloria und starrte den alten Häuptling an. »Wo habt ihr das her? Wo habt ihr das gefunden? Wie habt ihr das zusammengetragen? Wißt ihr überhaupt, was das ist?«
    Sie setzte sich auf einen großen Stein neben den schimmernden Haufen und hob ein paar Edelsteine auf. Es waren sektfarbene Diamanten von einer fast glasklaren Reinheit.
    »Betet zu euren Göttern«, sagte Gloria leise und warf die Diamanten auf den Haufen zurück, »daß nie ein Weißer euer Geheimnis entdeckt. Dieser Haufen ist euer Todesurteil. Man wird euch ohne die geringste Reue ausrotten.«
    Zu dieser Stunde waren Hellmut Peters und Antonio Serra 37 Kilometer von Gloria entfernt.

15
    Der Marsch am Ufer des Flusses entlang war ›idiotisch und selbstmörderisch‹, wie Serra es nannte. Aber alles Lamentieren half ihm nichts. Peters hatte die Waffen und trieb ihn vor sich her. Der große Bluff, daß ihm sein Leben nichts wert sei, hatte nicht gezogen. Natürlich hing Serra an seinem Leben und dachte gar nicht daran, sich einfach über den Haufen schießen zu lassen. Daß Peters dazu gewillt war, stand außer Zweifel, denn als Serra plötzlich am Fluß stehenblieb und herumwirbelte, drückte Peters wortlos und kalt ab. Der Schuß fuhr Serra zwischen die Beine, er machte einen hohen Luftsprung und riß die Arme hoch.
    »Sie Vollidiot!« brüllte er. »Sie sollen doch nicht schießen! Hören Sie sich das an! Das klingt meilenweit!«
    »Ich schieße, wenn Sie nicht tun, was ich will«, sagte Peters mit starrem Gesicht. Er lauschte auf seine eigene Stimme und war erschrocken, wie kalt, wie brutal sie klang.
    »Und was wollen Sie, he?«
    »Gloria finden.«
    »Ihre verdammte Gloria können Sie einbalsamieren!« Serra hockte sich nach Eingeborenenart auf den Boden, indem er sein Gesäß auf die Hacken stützte. »Glauben Sie wirklich, daß sie noch lebt?! Mensch, lassen Sie uns jetzt ganz brutal reden: Ihre Gloria ist längst geköpft und schmort als Schrumpfkopf in heißer Asche.«
    »Noch ein Wort, Serra, und ich ziele auf Ihren scheußlichen Kopf«, knirschte Peter tonlos. »Nur noch eine solche dämliche Rede.«
    Serra schielte zu Peters hinauf. Der Gewehrlauf war genau auf seine Stirn gerichtet. Er hat Augen wie ein Irrer, dachte Serra erschrocken. Er ist völlig außer sich vor Verzweiflung. Solche Menschen sind zu allem fähig; auch zu einem Mord, ohne zu bedenken, was sie da tun.
    »Hellmut«, sagte er.
    »Sie sollen den Mund halten, Antonio!«
    »Wie lange sind Sie schon in Brasilien?«
    »Zwei Jahre.«
    »Himmel noch mal, und da kennen Sie nicht diese Indios?«
    »Ich baue Staudämme …«
    »Und wenn Sie Scheißgruben bauen … was hier im Urwald passiert, weiß doch jeder!«
    »Ich weiß es auch, Antonio.«
    »Aha!«
    »Aber ich will es jetzt nicht wissen. Begreifen Sie das nicht, Sie roher Klotz?! Ich will nicht daran denken, daß Gloria … Ich will es einfach nicht! Ich wehre mich mit allem, was ich in mir habe, dagegen. Gloria lebt! Sie wartet auf uns! Sie braucht uns! Sie … sie …«
    »Sie steht an der Bushaltestelle, streckt den Daumen hoch und will per Anhalter quer durch den Urwald. He, wann geht der nächste Bus nach Porto Velho?«
    Serra winkte ab, stand wieder auf, überlegte, ob er das Risiko eingehen sollte, Peters noch einmal anzugreifen, entschloß sich aber dann, auf eine günstigere Gelegenheit zu warten, und watete hinaus in den weichen Schwemmboden des Flusses. Er ging vorsichtig, äugte nach den Wasserschlangen und den giftigen Lanzettenfischen, die im seichten Wasser stehen und die Hitze der Sonne genießen.
    Peters folgte ihm, das Gewehr unter den Arm geklemmt, und bemühte sich, in die Stiefelabdrücke zu treten, die Serra im weichen Boden hinterließ.
    Hier am Fluß war das Gehen nicht so

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