Eine Vampirin auf Abwegen: Argeneau Vampir 1
war erleichtert, Lissianna zu sehen.... bis er bemerkte, wie blass sie bei seinem Anblick geworden war, als sie ihn wieder gefesselt sah. Er hatte schon befürchtet, dass das nichts Gutes bedeuten konnte, und ihre Reaktion schien es zu bestätigen. Sein Blick glitt zu den anderen hinüber, die stumm dastanden. Er zog an seinen Fesseln und sagte müde: „Das ist wohl ein schlechtes Zeichen, wie?”
Niemand schien darauf antworten zu wollen, aber nach einem Zögern ging Lissianna zu ihm und fing an, an dem Strick an seinem Handgelenk zu nesteln. Sie sagte: „Du darfst jetzt nicht mehr denken.”
„Nicht mehr denken?”, fragte er ungläubig. „Wie soll das gehen?”
„Rezitiere etwas.”
Gregs Kopf wurde sofort leer. „Was soll ich denn rezitieren?”
„Das ist mir egal.” Sie klang gereizt, aber dann nahm sie sich zusammen und sagte ruhiger: „Ein Gedicht oder einen Kindervers oder.... was auch immer. Das ist gleich, aber rezitiere irgendwas und konzentriere dich vollkommen auf das, was du vorträgst. Es ist die einzige Möglichkeit, dass du das, was du denkst, nicht so klar sendest, dass meine Mutter und Lucian wissen, was los ist. Wenn du hier rauskommen will st, musst du auf meine Ratschläge hören und genau das tun, was ich dir sage, aber ohne nachzudenken. Hast du mich verstanden?”
„Ja.” Greg nickte, dann sagte er zweifelnd: „Aber ich weiß nicht, ob ich das kann.”
„Du musst, wenn du hier lebend wieder rauskommen will st”, sagte sie grimmig.
„Improvisieren Sie doch einfach etwas, oder Hundert Mann auf des toten Mannes Kiste’ vielleicht”, schlug Thomas vor und trat zu ihnen, um zu helfen, ihn loszubinden.
„Thomas.” Lissianna richtete sich auf und sah ihn an. „Du darfst mir dabei nicht helfen. Du.... ” Sie unterbrach sich und sah die sechs Personen an, die außer ihr und Greg noch im Zimmer waren. „Ihr müsst jetzt alle runtergehen und euch aus dieser Sache heraushalten.”
Mirabeau schnaubte protestierend und näherte sich ebenfalls, um Gregs Fußknöchel loszubinden. „Undenkbar.”
„Mirabeau, das hier ist kein Spiel mehr”, versuchte sie es erneut. „Es ist wirklich sehr, sehr ernst. Es geht nicht mehr nur darum, sich meiner Mutter zu widersetzen. Onkel Lucian.... ”
„Halt die Klappe, Lissi”, fauchte Elspeth und beugte sich über Gregs anderes Fußgelenk. „Warum sollst nur du deinen Spaß haben?”
„Außerdem”, Juli schob sie beiseite und fing an, das Handgelenk loszubinden, das Lissianna noch nicht in Angriff genommen hatte, „,Einer für alle und alle für einen’, erinnerst du dich?”
„Wir mögen Greg”, sagte Vicki und tätschelte Lissiannas Schulter, als wollte sie sie beruhigen. „Keiner hier will sehen, dass er dem ,Rat der Drei’ ausgeliefert wird.”
Die allgemeine Anspannung hatte sich plötzlich verschärft, und ihre finsteren Mienen waren alarmierend, doch Lissiannas Gesichtsausdruck beunruhigte Greg am meisten. Sie hatte Angst, und er nahm an, dass es nicht viel gab, das ihr Angst machen konnte. Und er fürchtete zudem, dass sie vor allem um seinetwillen Angst hatte.
„Was ist der ,Rat der Drei’?”, fragte er und befürchtete, dass die Antwort ihm nicht gefallen würde.
„Drei Ratsmitglieder verbinden sich gleichzeitig mit dem Geist eines Sterblichen”, antwortete Vicki. „Einige Sterbliche können einem der Unsrigen widerstehen oder ihn abblocken, aber keiner kann dreien widerstehen, die zusammenarbeiten.”
„Was passiert dann?”
„Es zerstört die Psyche; die Person wird ein Renfield.”
Greg nahm an, „ein Renfield” war ihre Art auszudrücken, dass jemand den Verstand verloren hatte, weil sie in seinem Kopf herumgewühlt hatten. Er war sich allerdings nicht vollkommen sicher, denn als er den Mund öffnete, um etwas zu fragen, fauchte Mirabeau: „Rezitieren.”
.„Hundert Mann auf des toten Mannes Kiste’”, begann Greg gehorsam und machte weiter, während sie damit beschäftigt waren, ihn zu befreien, aber es fiel ihm schwer. Er war nicht daran gewöhnt, nicht zu denken, und es gab alle Arten von Gedanken und Fragen, die in seinem Kopf herumwirbelten. Die meisten hatten damit zu tun, dass er nicht das Bedürfnis hatte, „ein Renfield” zu werden.
Greg war bei zweiundneunzig Mann, als die letzte Fessel fiel. „Jemand muss nach unten gehen, herausfinden, was los ist, und sich davon überzeugen, dass sie nicht wissen, dass Lissianna wieder da ist”, sagte Thomas, als Greg sich
Weitere Kostenlose Bücher