Eine verlockende Braut: Roman (German Edition)
Haar. »Es ist alles in Ordnung. Jetzt bist du in Sicherheit.«
Obwohl es einen verräterischen Teil in ihr gab, der glauben wollte, dass sie in seinen starken Armen sicher war, wusste sie es besser. Sie legte ihm die Hände flach auf die Brust und stieß sich von ihm ab, entschlossen, auf eigenen Füßen zu stehen.
Er beobachtete misstrauisch, wie sie Dreckklumpen von dem Rock des zerfetzten schmutzigen Lumpens klopfte, der der traurige Rest ihres Hochzeitskleides war. Eine beunruhigend große Fläche blasser, sommersprossiger Haut war durch die Risse in der Seide zu sehen, ein Umstand, der Jamies Blick nicht entgangen zu sein schien.
»Als ich Sie davor gewarnt habe, keinen Fluchtversuch zu unternehmen, wäre es mir nie in den Sinn gekommen, dass Sie es sich in den hübschen kleinen Kopf setzen könnten, mitten in der Nacht in den Wald zu laufen und sich über einen Abhang in die Tiefe zu stürzen.«
»Was wollen Sie jetzt von mir?«, fragte sie und warf ihm einen trotzigen Blick zu. »Soll ich mich dafür entschuldigen, dass ich versucht habe wegzulaufen, oder dafür, dass ich es so hoffnungslos vermasselt habe?«
Er verschränkte die Arme vor der Brust. »Vielleicht sollte die Frage besser lauten, was Sie von mir wollen, Miss Marlowe? Wollen Sie den Beweis von mir, dass ich genau der Schurke bin, für den Sie mich halten? Versuchen Sie absichtlich, mich dazu zu verleiten, die Hand gegen Sie zu erheben? Sie zu zwingen, meinen Willen zu tun?«
»Was ich will, mein Herr, ist, nach Hause zu gehen!« Emma war ebenso erschreckt wie er, diese Worte aus ihrem Mund kommen zu hören. Sie hatte sie so lange heruntergeschluckt, dass es ihr wie eine Ewigkeit vorkam.
Jamie versteifte sich. Die Hitze wich aus seinen Augen, sodass sie so kühl und undurchdringlich waren wie falsche Smaragde. »Ich habe versprochen, dass ich Sie so bald wie möglich zu Ihrem Bräutigam zurückbringe. Ich bin sicher, Sie geben eine ausgezeichnete Herrin für seine Burg ab. Und wärmen ihm zudem das Bett.«
Emma schüttelte hilflos den Kopf und wich vor ihm zurück. Sie sank auf einen Baumstumpf in der Nähe, stützte das Kinn in die Hand, unfähig, ihn anzusehen. Sie hatte Angst, dass die Tränen, die ihr die Kehle zuschnürten, ihr am Ende doch noch über die Wangen laufen würden. »Hepburn Castle ist nicht mein Zuhause. Mein Zuhause ist ein baufälliges altes Herrenhaus in Lancashire, das seit zwei Jahrhunderten der Familie meiner Mutter gehört. Das Dach ist undicht wie ein Sieb, die Bodendielen knirschen unter jedem Schritt, und es gibt eine Mäusefamilie in der Küchenwandverkleidung, die jede Nacht hervorkommt, um die Brotkrumen zu stehlen, die unter den Esstisch im Speisesalon gefallen sind. Die meisten Fensterläden hängen schief und schließen nicht richtig, und wenn es schneit, zieht es in den Zimmern und wird so kalt, dass sich eine dünne Eisschicht innen auf der Fensterscheibe bildet. Der Abzug im Kamin im Empfangssalon klemmt so oft, dass man, wenn man ein Feuer anzündet, nie weiß, ob man am Ende durch dicke Rauchwolken aus dem Zimmer vertrieben wird.«
Sie blickte verstohlen zu Jamie und sah, dass seine Miene unergründlicher war als eben noch. »Ich weiß immer, wenn es Frühling wird, weil ein Paar frecher Rotkehlchen ihr Nest in der Stechpalme, die vor meinem Schlafzimmerfenster wächst, gebaut hat. Wenn die Küken schlüpfen, weckt mich ihr Gezwitscher jeden Morgen vor Sonnenaufgang. Der Torbogen am Rande des Obstgartens schwebt in ständiger Gefahr einzustürzen, weil er restlos überwuchert ist mit Wildrosen.« Sie konnte nicht verhindern, dass ein wehmütiges Lächeln um ihre Lippen spielte. »Und im Herbst, wenn die Äpfel von den Bäumen im Obstgarten zu fallen beginnen, riecht die ganze Welt so frisch und süß, dass man schwören könnte, der Geruch allein mache einen betrunken.«
»Sie sprechen von diesem Ort, als sei es der Himmel auf Erden, also was ist mit all den Schätzen, die Hepburn Ihnen geben kann? Den Juwelen? Den Pelzen? Dem Land? Dem Gold?«
Sie warf ihm einen verzweifelten Blick zu. »Ich würde sie jederzeit gegen die Chance eintauschen, an einem schönen Sommermorgen nach draußen zu gehen und in den Hecken Brombeeren zu pflücken.«
»Wenn Sie Ihr Zuhause so sehr lieben, warum haben Sie dann eingewilligt, den Earl zu heiraten?«
Emma sah wieder in die Schatten. »Bevor Papa mich für die Saison nach London geschickt hat, bekamen wir einen Brief, der uns davon unterrichtet hat, dass das
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