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Eine verlockende Braut: Roman (German Edition)

Eine verlockende Braut: Roman (German Edition)

Titel: Eine verlockende Braut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
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waren nicht länger vom Alter getrübt, sondern funkelten vor Wut. »Und alle zwischen hier und Edinburgh wissen das, eingeschlossen dieser unbotmäßige Bastard Sinclair. Höchstens ein Mord an einem der Ihrigen würde die Rotröcke dazu bewegen, sich in unsere Fehde hineinziehen zu lassen. Soweit es sie betrifft, sind wir alle nur eine Bande ungehorsamer Kinder, die sich um ein schönes Spielzeug streiten. Es reicht ihnen völlig, uns den Kopf zu tätscheln und uns unserer Wege zu schicken, in der Hoffnung, dass wir uns am Ende gegenseitig vernichten, damit sie dann herkommen und sich alle Spielzeuge nehmen können.«
    »Was haben Sie denn vor zu tun?«
    Der Earl wandte sich wieder der Aussicht vor dem Fenster zu, als hätte es den Ausbruch eben nicht gegeben. »Im Augenblick? Nichts. Ich weigere mich, Sinclair die Befriedigung zu geben zu wissen, dass er mit seiner kleinen List, mich zu übertrumpfen, Erfolg gehabt hat. Wenn ich ihrem Vater nicht bereits diese lachhaft hohe Summe gezahlt hätte, von dem ich vermute, dass er die Hälfte schon am Spieltisch verschwendet hat, wäre ich versucht, sie Sinclair zu überlassen. Es ist schließlich nicht so, als sei ich dem Mädchen gefühlsmäßig sonderlich verbunden. Ich könnte vermutlich binnen vierzehn Tagen eine neue Braut finden. Alles, was nötig wäre, wäre eine weitere Reise nach London und ein weiterer verzweifelter mittelloser Vater.«
    Seit seine Eltern bei einem Kutschenunfall gestorben waren, als er fast zehn war, war der Earl Ians Vormund gewesen. Er hatte genug Zeit, sich gegen die Gefühllosigkeit seines Großonkels zu wappnen, und hatte schon vor langer Zeit aufgehört, sich nach einem Zeichen von Herzlichkeit oder Zuneigung zu sehnen. Aber selbst er konnte sich bei den herzlosen Worten des Mannes ein Zusammenzucken kaum verkneifen.
    Er wusste instinktiv, dass es viel wirkungsvoller wäre, statt das Wohlergehen des Mädchens ins Spiel zu bringen, seinen Stolz anzusprechen. Ian trat näher und senkte die Stimme. »Es wird kaum ein gutes Licht auf Sie werfen, wenn Ihre Braut von diesen Wilden vergewaltigt oder getötet wird. Es werden nicht Sinclair und seine Bande sein, denen man die Schuld geben wird, Mylord, sondern Sie. Und wenn die Nachricht London erreicht – und glauben Sie mir, das wird am Ende geschehen –, wird nicht einmal der verzweifeltste Vater seine Tochter Ihrer Obhut überlassen. Nicht, wenn Sie nicht zusichern können, dass sie bis zur Hochzeitsnacht am Leben bleibt.«
    Nachdem er das gesagt hatte, wartete Ian mit angehaltenem Atem darauf, dass sein Onkel sich erneut wütend zu ihm umdrehen würde.
    Aber der alte Mann schien tatsächlich einmal seinen Ratschlag zu bedenken. Er schürzte seine dünnen Lippen, ehe er sagte: »Dann warten wir Sinclairs nächsten Zug ab, so wie ich es geplant hatte. Da du es so vermasselt zu haben scheinst, werde ich mich selbst um ihre Eltern kümmern und ihnen sagen, dass uns die Hände gebunden sind, bis wir vom dem Schurken eine Lösegeldforderung erhalten. Erst dann können wir entscheiden, wie wir weiter vorgehen wollen.«
    Von einem neuen Sendungsbewusstsein beseelt nahm sein Onkel seinen Gehstock aus dem Messingständer in der Ecke und marschierte aus dem Zimmer. Ian begann ihm zu folgen, aber ehe er sich vom Fenster abwenden konnte, wurde sein Blick von der herrlichen Aussicht angezogen. Die Dämmerung senkte sich gerade über die Landschaft und warf einen lavendelfarbenen Schatten über die äußerste Spitze des Berges.
    Anders als sein Onkel wich Ian diesem Anblick so gut wie möglich aus. Als er anfangs nach Hepburn Castle gekommen war, war er ein blasser, dünner Junge von zehn Jahren gewesen, ein Bücherwurm, der insgeheim davon träumte, durch die Gegend zu streifen und auf den Berg zu steigen, seine Geheimnisse zu erkunden, so wild und frei wie die Adler, die über den majestätischen Höhen kreisten. Doch sein Onkel war es bald leid gewesen, ständig ein Kind um sich zu haben, und hatte ihn zur Schule fortgeschickt. Die meisten seiner Ferien hatte Ian im Londoner Stadthaus des Earls verbracht, unter der gleichgültigen Aufsicht des jeweiligen Butlers.
    Als sein Onkel ihn dann schließlich mit siebzehn nach Schottland hatte zurückkehren lassen, damit er St. Andrews besuchen konnte, waren seine Schultern zwar breiter gewesen, aber er war nicht weniger blass und an Büchern interessiert als damals. Dieser Umstand machte ihn zu einem verlockenden Opfer für seine kräftigeren, weniger

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