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Eine verlockende Braut: Roman (German Edition)

Eine verlockende Braut: Roman (German Edition)

Titel: Eine verlockende Braut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
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dankbar, dass niemand sie zurück an ihre Arbeit schickte. Mrs Marlowe, die sich von ihrem Schwächeanfall wieder erholt hatte, erhob sich und presste ein spitzengesäumtes Taschentuch an ihre zitternden Lippen. Die Marlowe-Schwestern standen dicht gedrängt, und ihre Sommersprossen stachen von ihrer hellen Haut ab.
    Schließlich konnte Ian die Spannung nicht länger ertragen. »Was steht da, Mylord? Wie viel verlangt er für ihre Rückgabe?«
    Sein Onkel hob langsam den Kopf. Ein rostiger Laut entstieg seiner Kehle. Einen eisigen Moment lang dachte Ian, es sei ein Schluchzen. Dann ertönte es wieder, und Ians Blut rann noch kälter durch seine Adern.
    Sein Onkel lachte.
    Alle verfolgten erstaunt, wie der Earl auf seinem Stuhl zusammenbrach, seine papiernen Wangen sanken weiter ein, während er nach Atem rang.
    Ian machte unwillkürlich einen Schritt zum Schreibtisch. »Was soll das heißen? Sind seine Forderungen derart maßlos?«
    »Das will ich nicht behaupten«, erwiderte der Earl. »Sie sind ganz vernünftig … für einen Irren!« Er schlug wieder auf den Schreibtisch und zerknüllte die Lösegeldforderung in der Faust, ehe er wieder pfeifend zu lachen begann. »Also denkt der Junge, er ist gewitzt genug, mich zu überlisten, was? Nun, wir werden ja sehen!«
    Trotz der ungebrochenen Erheiterung seines Onkels konnte man ein Glitzern in seinen Augen erkennen, das beinahe nach Bewunderung aussah. Ian hatte so einen Ausdruck noch nie bei seinem Onkel gesehen, wenn er ihn anschaute. Der Mann mochte seinen Bastardenkel vielleicht noch mit seinem letzten Atemzug leugnen, doch er zählte ihn auch zu den seltensten Geschöpfen, die es seinem machiavellistischen Verstand nach gab: einen würdigen Gegner.
    »Aber meine Tochter, Mylord?« Mr Marlowe machte einen Schritt nach vorn. Die Schweißtropfen auf seiner Stirn verrieten, wie viel Mühe es ihn kostete, aufrecht stehen zu bleiben. »Was wird aus ihr?«
    Der Earl stand auf und kam um den Schreibtisch herum. Er sah beunruhigend freundlich aus. »Keine Angst, Marlowe. Emmaline ist meine Sorge, und ich gebe Ihnen mein Wort, dass ich mich um sie kümmere. Ich möchte nicht, dass Ihre Frau oder Ihre Töchter sich die hübschen Köpfe darüber zerbrechen.« Er schenkte den Mädchen ein strahlendes Lächeln, die nicht anders konnten, als unter der unerwarteten Schmeichelei ein wenig aufzublühen. »Seien Sie einfach weiter geduldig, dann sorge ich dafür, dass Sinclair bekommt, was er verdient. Alles, was er verdient.«
    Immer weiter Beschwichtigungen murmelnd gelang es ihm irgendwie, mithilfe seiner schieren Willenskraft, die gesamte Familie Marlowe an den gaffenden Dienstboten vorbei durch die Tür auf den Flur zu steuern.
    »Was soll ich mit ihm machen?« Dockett warf dem jungen Boten einen wölfischen Blick zu, als könne er sich eine Reihe von Möglichkeiten denken, von denen keine angenehm oder auch nur erlaubt wäre.
    Der Earl winkte ungeduldig ab. »Bring ihn nach unten in eins der alten Verliese und sperr ihn ein. Er und sein Herr können ihr Mütchen erst einmal ein oder zwei Tage lang kühlen.«
    Bevor Ian dagegen Einspruch erheben konnte, ging Dockett auf den Jungen zu, die Zähne zu einem bestialischen Grinsen gefletscht.
    »Warte. Nicht du«, verlangte der Earl barsch. »Ich will noch mit dir reden.« Er deutete mit seinem knöchernen Finger auf die beiden Lakaien, die Mrs Marlowe mit dem Stuhl versorgt hatten. »Ihr da, ihr könnt ihn fortschaffen.«
    Die beiden Lakaien schauten einander zweifelnd an. Sie waren daran gewöhnt, dass man ihnen auftrug, das Silber zu polieren oder die Kutschenlampen zu entzünden, aber nicht, wütend blickende Burschen in Verliese zu schaffen, die seit mehr als hundert Jahren nicht mehr benutzt worden waren.
    Wenigstens nicht, dass sie davon wüssten.
    Aber Gehorsam war ihnen ebenso anerzogen wie Ehrerbietung über ihnen Stehenden gegenüber, sodass sie schließlich nur die Achseln zuckten, zu dem Jungen gingen und ihn an den Ellbogen packten. Er wehrte sich tapfer und landete dabei auch einen Treffer, der dem einen Lakai gewiss ein blaues Auge bescheren würde und dem anderen eine dicke Lippe, ehe es ihnen gelang, ihn mit vereinten Kräften aus dem Raum zu bugsieren.
    Als die Geräusche des Gerangels verklangen, ließ der Earl seinen Blick über die restlichen Bediensteten gleiten. »Ich bezahle euch schließlich nicht, dass ihr herumsteht und Maulaffen feilhaltet oder Sachen belauscht, die euch nichts angehen. Geht sofort

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