Eine verlockende Braut: Roman (German Edition)
Verrats in der Miene einer Frau gesehen, während sie zu Boden fiel.
Ein Schrei reinen Schmerzes entrang sich seiner Brust. Die Zeit lief nun mit doppelter Geschwindigkeit, während er zu Emma rannte und dabei wild in die Kiefer schoss, wo der Schütze allerdings längst verschwunden war.
Die Schlucht explodierte, Schüsse zerrissen die Luft.
Durch den roten Schleier, der sich über sein Sichtfeld gelegt hatte, sah Jamie Ian wie erstarrt neben dem Wagen stehen, einen bestürzten Ausdruck im Gesicht, als er die auf dem Boden liegende Emma betrachtete. Er sah seine eigenen Männer aus den Bäumen kommen, wildes Kriegsgeheul ausstoßend und auf alles feuernd, was dumm genug war, sich zu rühren. Er sah den Kutscher die Peitsche heben und das Gespann antreiben, sodass der Wagen sich mit einem Ruck in Bewegung setzte und wild schwankend aus der Schlucht fuhr. Er sah, wie die Männer von Hepburn ihren Pferden die Sporen gaben und sie den Abhang hinuntertrieben, mitten ins Getümmel.
Ian griff in seinen Rock. Dieses Mal tauchte seine Hand mit einer Pistole, nicht mit einer Nachricht darin auf. Jamie biss die Zähne zusammen und richtete seine eigene Waffe auf Ians Brust. Keine Macht der Welt würde ihn davon abhalten, Emma zu erreichen, nicht einmal die Pistole in der Hand des Mannes, der einmal sein bester Freund gewesen war.
Ihre Blicke trafen sich einen für den Bruchteil einer Sekunde, aber bevor Jamie feuern konnte, rief Ian: »Los, hol sie, verdammt!«
Damit machte Ian kehrt und lief rasch zu der Kiefer, sich duckend und im Zickzack, um den Kugeln auszuweichen, die um ihn durch die Luft pfiffen.
Von dem Augenblick an hatte Jamie einzig Augen für Emma.
Wenn sie noch lebte, wusste er, gab es nur eine Hoffnung, dass sie das weiter tat. Er blieb stehen, gerade lange genug, um sie wie ein Kind auf die Arme zu heben, und rannte mit ihr zum nächsten Felsen.
Dahinter fiel er auf die Knie und hielt Emma behutsam auf seinem Schoß. Sie blickte ihn an, und ihre wunderschönen Augen waren glasig vor Schreck und Schmerz.
»Alles ist gut, Kleines«, sagte er heiser. Dabei versuchte er verzweifelt, den Blutfluss mit seiner freien Hand zu stoppen. Ihre Sommersprossen stachen von ihrer blassen Haut ab. Er lehnte seinen Kopf gegen ihre kalte klamme Stirn, versuchte sie durch Gedankenübertragung dazu zu bewegen, ihn anzusehen. Ihn wirklich zu sehen. »Ich habe dich, und ich werde dich nicht wieder gehen lassen.«
»Es ist zu spät«, flüsterte sie, und unendlich viel Zärtlichkeit und Bedauern leuchteten aus ihren Augen, während sie sich bemühte, eine Hand zu heben, ihn im Gesicht zu berühren. »Das hast du schon getan.« Dann schloss sie die Augen, und ihre Finger erschlafften an seiner Wange wie die Blütenblätter einer welkenden Blume.
Kapitel 25
Den Rest dieses endlosen Tages ritt Jamie, wie er nie zuvor geritten war – durch das erlöschende Tageslicht, durch die aufsteigenden Nebel in der Dämmerung und durch den kalten Regen, der seine Verzweiflung nur steigerte, und schließlich durch eine Nacht, die tiefer und dunkler war, als er es je erlebt hatte.
Sobald Hepburns Männer erkannt hatten, dass sie zahlenmäßig unterlegen waren, hatten sie ihre Pferde herumgerissen und hastig den Rückzug angetreten. Jamie war keine andere Wahl geblieben, als Bon zu vertrauen, sich um das zu kümmern, was noch unerledigt war. Er hatte nie zuvor seine Männer im Stich gelassen, aber er konnte es sich nicht leisten, auf sie zu warten. Nicht, wenn jede verlorene Minute eine weitere Minute war, in der Emmas Lebenslicht langsam weiter erlosch.
Er konnte es sich nicht leisten, lang genug in der Schlucht zu bleiben, um sich um Ian zu kümmern. Er hatte nur Zeit gehabt, die knappe Anweisung zu geben, dass ihm nichts zuleide getan werden sollte, falls er ergriffen wurde, sondern dass er auf direktem Wege in die Festung seines Großvaters gebracht werden sollte, damit er ihn befragen konnte.
Jamie erreichte die Festung erst längst nach Mitternacht und Emmas behelfsmäßiger Verband war inzwischen durchweicht von Blut und Regen. Als er absaß, sie in seine Arme nahm und ihr die Kapuze ihres Umhanges über den Kopf zog, um ihr Gesicht vor dem schlimmsten Regen zu schützen, lag sie weiter so reglos und schlaff in seinen Armen wie ein Leichnam. Ihr Atem, den er schwach an seinem Hals fühlen konnte, war nicht wirklicher als ein Irrlicht, das in einer mondlosen Nacht durch das Moor geisterte.
Während er durch den Schlamm
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