Eine Villa zum Verlieben: Roman (German Edition)
Sie könnten mir dabei helfen?«
»Dafür sind wir da«, entgegnete Leonie professionell, griff nach dem Katalog »Weihnachten & Silvester« und schob ihn über den Schreibtisch.
»Haben Sie an etwas Bestimmtes gedacht? Wollen Sie in die Wärme fliegen, oder soll es lieber in den Schnee gehen? Wollen Sie etwas besichtigen oder die Natur genießen?«
Eigentlich sollte man unentschlossenen Kunden nicht zu viele Fragen auf einmal stellen, das führte in den meisten Fällen nur zu restloser Verwirrung. Besonders schwierig wurde die Situation, wenn Paare zur Beratung kamen, die sich im Vorfeld überhaupt keine Gedanken über das gewünschte Reiseziel gemacht hatten und nur dorthin wollten, »wo es warm ist« – ein äußerst dehnbarer Begriff! Eine Antwort wie »Dann gehen Sie nach Hause und ziehen sich die Decke über den Kopf«, musste Leonie sich ebenso oft verkneifen wie den Tipp, sich in die heiße Badewanne zu legen. Und häufiger konnte dann schon die eine oder andere Stunde der Beratung ins Land gehen. Was als Sonnenziel begann, verwandelte sich manchmal im Verlauf des Gesprächs in einen Trip nach Grönland.
»Ich weiß nicht so recht, das ist ja gerade mein Problem. Mein Freund hat sich gerade von mir getrennt, wissen Sie. Und da ich die Feiertage nicht allein hier in Hamburg verbringen möchte, kam ich spontan auf die Idee, wegzufahren.«
Leonie bekam sofort Mitleid mit der jungen Frau, in deren Augen sie ein verdächtiges Glitzern bemerkte.
»Oh, das tut mir leid! Wie wär’s mit einer Tasse Tee zur Entspannung?«, fragte sie und lächelte die Kundin aufmunternd an. »Wenn Sie mir sagen, was Sie gern trinken, gehe ich schnell nach hinten in die Küche. Währenddessen können Sie schon mal in unseren Katalogen blättern. Vielleicht finden Sie etwas, das Ihnen gefällt.«
»Haben Sie Roibuschtee? Das wäre toll«, antwortete die Kundin zaghaft.
»Bin gleich wieder da!«
Als Leonie zurückkam, wartete eine böse Überraschung auf sie. Innerhalb weniger Minuten war das totale Chaos ausgebrochen. Zwei Telefonapparate klingelten gleichzeitig, und mit einem Mal, als hätten sie sich verabredet, standen fünf Kunden herum und warteten. Ein ungeduldig aussehender Geschäftsmann mit Aktentasche unter dem Arm rief erbost:
»Ist denn außer Ihnen niemand im Laden?«
Genau in diesem Moment betrat eine sichtbar schlecht gelaunte Doris Möller das Reisebüro, und zwar mit niemand anderem als Thomas Regner, dem Besitzer der Reisebürokette Traumreisen.
Leonie war für einen Moment unfähig zu reagieren und stand – den dampfenden Becher Tee in der Hand – regungslos da.
»Nun schauen Sie nicht wie eine Kuh, wenn’s donnert. Stellen Sie die Tasse ab und kümmern Sie sich um den Herrn dort!«, herrschte ihre Vorgesetzte sie an. Leonie riss sich zusammen und drückte ihrer Kundin mit zitternden Händen den Tee in die Hand. Dann wandte sie sich an den wichtig aussehenden Geschäftsmann, wobei sie hoffte, dass er kein schwieriger Kandidat sein würde. Olli versuchte unterdessen, so gut es ging, auf beiden Apparaten abwechselnd Auskunft zu erteilen.
Thomas Regner ging kopfschüttelnd auf und ab und sah alles andere als erfreut aus. Doris Möller bemühte sich, Haltung zu bewahren, und versorgte eine gestresste Mutter mit Skireise-Prospekten. Auch Leonie tat ihr Bestes und recherchierte für den Geschäftsmann nach Flügen in die USA.
Eine halbe Stunde später kehrte wieder Ruhe ein. Thomas Regner zitierte Doris Möller in ihr Büro und schloss die Tür hinter sich. Olli warf Leonie einen beunruhigten Blick zu, aber sie hatte jetzt keine Zeit, sich über den Vorfall Gedanken zu machen. Sie musste nun endlich ihrer Kundin weiterhelfen, die die ganze Zeit geduldig in den Prospekten geblättert hatte.
»Es tut mir sehr leid, dass Sie so lange warten mussten«, entschuldigte sie sich und registrierte erfreut, dass die junge Frau lächelte.
»Ich habe zwei Möglichkeiten in die engere Auswahl genommen. Vielleicht könnten Sie mir noch einmal behilflich sein.«
»Gern! Wo zieht es Sie denn hin?«
Die beiden beugten sich über die Kataloge und diskutierten angeregt über die Möglichkeit einer Reise nach Madrid oder Wien.
»Madrid ist beeindruckend. Vielleicht wissen Sie ja, dass man in Spanien um Mitternacht ganze Berge von Trauben verspeist, soll angeblich Glück bringen. Das hat sicherlich seinen Reiz. Aber ich persönlich finde, Silvester in Wien zu feiern, das ist etwas ganz Besonderes. Solch einen Zauber
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