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Eine Villa zum Verlieben: Roman (German Edition)

Eine Villa zum Verlieben: Roman (German Edition)

Titel: Eine Villa zum Verlieben: Roman (German Edition)
Autoren: Gabriella Engelmann
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Sie eigentlich unter gelegentlichem Tinnitus? Unter Durchblutungsstörungen?«
    Stella rutschte unruhig auf dem Patientensessel hin und her. Worauf wollte ihr Hausarzt hinaus? Steckte am Ende etwas Schlimmeres hinter ihrer Kreislaufschwäche? Womöglich sogar eine lebensbedrohliche Erkrankung?
    »Ab und zu habe ich ein Summen im Ohr, das ungefähr zwanzig Minuten anhält. Und mein rechter Arm schläft öfter mal ein«, antwortete sie zögerlich und sah den Arzt fragend an. »Ist es etwas Ernstes? Sagen Sie es mir ehrlich. Ich bin schon groß, ich kann die Wahrheit vertragen!«
    »Ich weiß, liebe Stella, dazu kenne ich Sie nun schon lange genug. Ich weiß, dass Sie sehr zäh sind, und genau da dürfte das Problem liegen. Wie viele Stunden arbeiten Sie eigentlich in der Woche? Wann haben Sie das letzte Mal Urlaub gemacht und wie lange? Treiben Sie Sport? Ernähren Sie sich gesund? Ihre Blutwerte sind zwar einigermaßen in Ordnung, verzeichnen aber einen hohen Wert an Cortisol, dem Stresshormon.«
    Stella überlegte kurz.
    »Ich schätze, ich komme auf ein Pensum von sechzig Stunden die Woche. Außerdem muss ich gelegentlich auf Abendveranstaltungen oder zu Wochenendterminen. Ich weiß, das ist ein bisschen viel, aber momentan läuft meine Firma hervorragend, und die Arbeit macht mir Spaß. Positiver Stress ist nicht schädlich, soviel ich weiß. Mein letzter Urlaub war im Mai, da war ich mit Freunden für fünf Tage an der Amalfi-Küste. Für Sport habe ich ehrlich gesagt kaum Zeit. Wenn ich mich erholen will, gehe ich in die Sauna oder lasse mich massieren.«
    »Wie sieht es mit Alkohol aus? Tabletten?«
    Stella war kurz versucht, ihm die vielen Kopfschmerztabletten zu verschweigen, die sie täglich schluckte.
    »Ich nehme ein bisschen viel Paracetamol«, gab sie schließlich kleinlaut zu. »Aber Alkohol trinke ich nur in Maßen, weil ich sonst am nächsten Tag nicht fit bin.«
    Herr Eisenmann verzog keine Miene.
    »Wie steht es mit Ihrem Privatleben? Haben Sie überhaupt eins, bei dem hohen Arbeitspensum? Sind Sie glücklich?«
    Mit dieser Frage hatte er sie dort getroffen, wo es am meisten weh tat. Stella hatte nichts dagegen, abgekanzelt zu werden, weil sie zu viel arbeitete, zu wenig Sport trieb oder zu selten Urlaub machte. Aber ob sie glücklich war oder nicht, ging Herrn Eisenmann nun wirklich nichts an. Sie schwieg beharrlich.
    »Ich denke, ich habe mir ein ganz gutes Bild von Ihrem Zustand machen können«, sagte Doktor Eisenmann schließlich. »Meiner Meinung nach sind Sie auf dem besten Weg ins Burn-out. Wenn Sie so weitermachen, ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis Sie ernsthaft krank werden. Momentan kann ich Ihnen nur dringend raten, ein wenig kürzerzutreten und ein bisschen besser auf sich aufzupassen. Sie sollten mehr und vor allem regelmäßiger essen, spazieren gehen und eine Entspannungstechnik wie Yoga oder Meditation erlernen. Dann werden auch die Kopfschmerzen schnell verschwinden.«
    Beschämt dachte Stella an ihren unrühmlichen Yoga-Versuch.
    »Ich verschreibe Ihnen ein leichtes pflanzliches Beruhigungsmittel, damit Sie besser schlafen können. Versuchen Sie meine Ratschläge die nächsten vierzehn Tage exakt zu befolgen, und dann sehen wir weiter. Frau Mertens wird Ihnen einen Termin geben. Und Stella, wenn ich das als väterlicher Freund, der Sie seit dreißig Jahren kennt, sagen darf: Wenden Sie sich an jemanden, dem Sie sich anvertrauen können. Ihre seelische Verfassung spielt eine nicht unerhebliche Rolle. Denken Sie darüber nach! Auf Wiedersehen, meine Liebe, und alles Gute!« Mit diesen Worten wandte der Arzt sich seinem PC zu.
    Nachdenklich verließ Stella die Praxis. Sie wusste nicht, ob sie erleichtert oder enttäuscht sein sollte. Auf der einen Seite war sie froh, dass ihr nichts wirklich Ernstes fehlte, andererseits hatte sie sich eine klare Diagnose mit einer ebenso klaren Medikamentierung erhofft.
    In diesem Moment klingelte ihr Handy. Es war Julian, der sich pflichtschuldig nach dem Ergebnis ihres Arztbesuchs erkundigte.
    »Doktor Eisenmann meint, dass ich kurz vor einem Burn-out-Syndrom stehe«, erklärte Stella und versuchte so gefasst wie möglich zu klingen. »Aber er ist optimistisch, dass ich es in den Griff bekomme, wenn ich ein wenig mehr auf mich achte. Anscheinend muss ich mich nun doch dazu aufraffen, zum Sport zu gehen. Und ich soll mehr Urlaub machen und wieder zunehmen.« Der Urlaub war natürlich eine kleine Spitze bezüglich ihres anstehenden Geburtstags.
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