Eine Villa zum Verlieben: Roman (German Edition)
ihren falschen, pechschwarz getuschten Wimpern und saugte mit ihrem korallenroten Kussmund provokativ an einem Strohhalm. Ihre langen, schlanken Beine steckten in Bikerboots, die einen seltsamen Kontrast zu ihrem rot-schwarz karierten Schottenrock bildeten, der die Bezeichnung Rock kaum verdiente. Eigentlich ist das eher so was wie ein verlängerter Gürtel, überlegte Nina und blickte an sich herunter. Sie steckte in einer ihrer verwaschenen Jeans und einem weiten, dunkelbraunen Rollkragenpulli. Verglichen mit der blonden Zaubermaus da drüben sah sie richtig langweilig aus.
Doch weder deren jugendliche Frische, das trendige Outfit noch die zufälligen Berührungen hatten bei ihrem Gesprächspartner die gewünschte Wirkung, zumindest soweit Nina es erkennen konnte. Als sich der Mann umdrehte, um nach einem Aschenbecher für seine Begleiterin zu suchen, traute Nina ihren Augen nicht: Es war Alexander Wagenbach, ihr Kunde aus dem Blumenmeer!
»Na so was, Frau Korte!«, sagte er erfreut, und Nina erntete einen irritierten Blick aus den himmelblauen Augen der Blondine, die bei näherer Betrachtung aussah wie die junge Goldie Hawn im Film »Die Kaktusblüte«. Nina grüßte freundlich zurück und wunderte sich. Konnte dieses blutjunge Ding wirklich die Frau sein, der Alexander Wagenbach jeden Samstag einen Blumenstrauß kaufte? Wie alt sie wohl sein mochte? Achtzehn? Zwanzig? Maximal zweiundzwanzig, wenn überhaupt.
Daneben sehe ich aus wie die reife Ingrid Bergman, die Goldie Hawn im Kampf um Walter Matthau den Rang abläuft. Nina war schockiert. Wie alt mochte die Bergman damals wohl gewesen sein? Vierzig? Fünfzig? Sah man zwangsläufig älter aus, wenn man in der Nähe eines jungen, durchgestylten Mädchens stand?
»Kommen Sie öfter hierher?«, fragte Herr Wagenbach und machte keine Anstalten, sich wieder zu seiner Begleiterin umzudrehen, was diese mit einem irritierten Heben ihrer gezupften Augenbraue quittierte. Vermutlich überlegt sie gerade, was er mit einer Oma wie mir zu besprechen hat, dachte Nina belustigt und spielte kurz mit dem Gedanken, ihn zu fragen, ob er nicht ein wenig zu alt für die junge Blondine sei.
Stattdessen antwortete sie:
»Eher selten«, und wollte es dabei eigentlich bewenden lassen.
»Darf ich bekannt machen, meine Tochter Julika. Julika, das ist Nina Korte aus dem Blumenladen, von dem ich dir erzählt habe.«
Nina verschluckte sich am Wein und konnte nur mit Mühe einen Hustenanfall unterdrücken. Diese junge Frau war die Tochter von Alexander Wagenbach?
»Freut mich, Sie kennenzulernen«, stammelte sie unbeholfen.
»Julika ist gerade zu Besuch in Hamburg. Sie studiert Modedesign in München und nutzt die Semesterferien, um ihren alten Vater in Hamburg zu besuchen. Normalerweise gehört das Glanz & Gloria nicht gerade zu meinen Stammlokalen, aber ich wollte meiner Tochter nicht das Gefühl geben, dass mit mir gar nichts mehr los ist«, erklärte Alexander Wagenbach und lächelte verschmitzt.
»Wie alt sind Sie denn?«, fragte Nina und wurde rot. Wie peinlich, das ging sie doch überhaupt nichts an! Dass sie sich auch nie zurückhalten konnte.
»Fünfundvierzig«, lautete die überraschende Antwort, und Nina begann zu rechnen. Wenn Julika studierte, musste sie mindestens zwanzig sein, was bedeutete, dass er mit ungefähr fünfundzwanzig Vater geworden war. Ziemlich jung für eine so große Verantwortung …
»Wenn ich mir Julika so ansehe, könnte ich wohl bald Großvater werden«, fuhr er fort und zwinkerte seiner Tochter verschwörerisch zu. »Aber ich hoffe, dass du dir noch ein wenig Zeit lässt, nicht wahr, mein Schatz?«
Julika rollte mit den Augen und begann mit ihrem Strohhalm Blasen in ihrer Bionade zu machen. Vermutlich war ihr diese Begegnung furchtbar unangenehm, und in Gedanken bastelte sie bereits an einem Fluchtplan, der sie so schnell wie möglich auf die Reeperbahn oder in einen der angesagten Clubs führte.
Wie aufs Stichwort öffnete sich die Tür. Eine Horde Zwanzigjähriger polterte in das Lokal und stürmte auf Julika zu, die sich hastig von ihrem Vater verabschiedete und in Sekundenschnelle verschwunden war, Arm in Arm mit einem Mädchen, das aussah wie ihr schwarzhaariger Klon.
»Bleiben Sie noch einen Moment?«, fragte Alexander Wagenbach und lächelte Nina an.
»Ich denke schon«, entgegnete sie und freute sich über die unerwartete Entwicklung des Abends. Sie bestellte ein zweites Glas Rotwein, Herr Wagenbach ein Becks Gold.
»Ist zwar
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