Eine von Zweien (German Edition)
Familie zu der „Abschlussveranstaltung“ mitbringen.
Ich habe meine natürlich nicht mitgebracht. Was sollten die dort? Und die wohnten
ja auch zu weit weg. Einer aus meinem Kurs, Linus, brachte seinen langjährigen
Freund mit. Wir setzten uns alle in den Biergarten an einen riesigen Tisch und
Linus´ Freund Ben, setzte sich genau neben mich. Ich hatte ihn mir erst gar
nicht richtig angeschaut. Er war jetzt nicht der Traummann, der einem sofort ins Auge fällt! Aber wir
unterhielten uns die ganze Zeit sehr nett. Ich glaube, das war über drei
Stunden lang. Dabei fielen ihm immer wieder seine Haare ins Gesicht, die er
immer wieder mit der gleichen Handbewegung weg schob, nur damit die Strähne
Sekunden später wieder im Gesicht hing. Es amüsierte mich. Ich klemmte ihm eine
meiner Spangen in die Haare.
Wir redeten noch Stunden weiter. Ich mag ja normalerweise
keinen Small-Talk und schon gar nicht lange ausdauernde Gespräche über private
Dinge. Aber mit Ben habe ich locker über alles Mögliche gesprochen. Er war so
vertrauenswürdig mit seinen grünbraunen, gütigen Augen. Dieser Mensch strahlte
rundum Vertrauenswürdigkeit aus. Er war ganz normal angezogen, nahm sich also
nicht zu wichtig und wir redeten über alles. Über das Springen, über seine
Arbeit, über Dinge, die ich schon gemacht hatte oder die er gern hätte machen
wollen. Es war eine ganze Palette an Themen. Warum er gerne kochte, wie er dazu
gekommen ist. Dass seine Freunde ihm mal einen Kochkurs geschenkt hatten, damit
wenigstens einer aus den gefangenen Fischen ein köstliches Mahl herrichten
kann. Sie hatten vorher geknobelt, wer angemeldet wird. Er hatte verloren, ihr
Plan ging auf. Er entdeckte seine Vorliebe fürs Kochen und verbesserte sich von
Tag zu Tag. Bei mir war er fasziniert davon, was ich schon alle gemacht hatte.
Er hat Höhenangst, deshalb fielen das Fallschirmspringen, das Bungeespringen und das Klippenspringen für ihn schon mal weg.
Aber das ist völlig ok, von Anfang an war das kein Problem für mich, ich mach
diese Dinge auch lieber alleine. Ich brauche das, es gibt mir das Gefühl mich
zu spüren und den Kopf frei zu bekommen. Das kann ich tun, wenn er z.B. Fischen
geht. Fischen ist für mich nicht machbar. Die ganze Zeit still sitzen und
warten, dass etwas passiert. Machtlos einfach warten, bis so ein Fisch sich als
gnädig erweist, anzubeißen. Ich würde verrückt werden. Was macht man denn die
ganze Zeit beim Warten? Das ist gut, er kann das machen und ich kann meinen
Sport für mich machen.
„Was macht Ben denn beruflich?“ wollte sie weiter wissen.
„Ben ist Chemiker, er ist in der Forschung bei Pharma Inc. Berlin. Ich kann dir gar nicht genau sagen, was
sein Forschungsschwerpunkt ist, aber er geht total darin auf, das ist sehr
schön für ihn. Gerade ist er an einer Konferenz, wo er vorträgt und er ist sehr
erfolgreich.“
„Ist das wichtig für dich?“ Beth schaute mich prüfend von der
Seite an.
„Was, dass er erfolgreich ist?“ was für eine merkwürdige
Frage.
„Ja, das meine ich, ob das wichtig für dich war, um dich
wieder mit ihm zu treffen.“ Sie hatte immer noch diesen Blick auf dem Gesicht.
Ich dachte kurz nach: „Naja, ich denke schon. Wenn er
überhaupt keine Ziele in seinem Leben hätte, wie sähe das denn aus? Ich bin die
Erfolgreiche und dann er neben mir der Versager? Nein, da bin ich schon froh,
so wie es ist. Dad findet ihn auch ganz toll. Mum hatte mich einmal überredet, ihn mit nach Nürnberg zu bringen und alle fanden
ihn toll. So ist das mit Ben! Da wo er hinkommt, finden ihn alle nett und
freundlich.“
„Seid ihr schnell zusammengekommen nach dem ersten Treffen?“
wollte Beth wissen.
„Sagen wir so, er ist am gleichen Abend noch mit zu mir
gekommen und es war alles sehr nett mit ihm. Wir haben das dann eine ganze
Weile auf der körperlichen Ebene gehalten und hatten einfach unseren Spaß
miteinander.“
„Und warum habt ihr was daran geändert?“ hakte sie weiter
nach.
„Ben fragte mich, ich glaube, so nach einem Jahr, ob ich Lust
hätte, mit ihm zum Geburtstag von Linus mitzukommen. Ich hatte Zeit und bin
mitgegangen. Ben stellte mich an dem Abend als seine Freundin vor. Ich habe
nichts dagegen gesagt, weil es irgendwie Sinn machte. Schließlich sahen wir uns
ja seit einem Jahr mindestens einmal die Woche. Ein halbes Jahr danach sagte
Ben, er müsse aus seiner Wohnung ausziehen, ob wir uns nicht eine gemeinsame
Wohnung suchen wollen würden. Ich fand das albern,
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