Eine von Zweien (German Edition)
dabei auch Bilder
zu verkaufen. Das war das Abschlussprojekt, das die Uni jedes Jahr macht, um
uns Abgängern den Einstieg zu sichern. Aber erstmal habe ich hauptsächlich Geld verdient, indem ich unterrichtet habe. Nebenher
habe ich mir eine Webseite aufgebaut und einen Facebook-Account, um mich auch
im Netz als Künstlerin aufzustellen. Das hat seine Zeit gedauert und in der
Zwischenzeit habe ich Kinder in einer kleinen Malwerkstätte unterrichtet. Das
hat mir damals viel Energie gegeben.
„Soviel unbedarfte, kindliche Kreativität“, dachte ich, „das
war großartig!“
„Die Erfahrungen mit den Kindern, haben mich der Malerei
wieder näher gebracht. Durch das Studium und den Umgang mit anderen Künstlern
verlierst du den Spaß. Es geht nur noch um die Noten und darum, anderen zu
gefallen. Alle haben ihren eigenen Stil und ihre eigene Meinung, auch zu deiner
Kunst und es entsteht ein sehr destruktiver Sog untereinander. Zusätzlich wirst
du dann auch darauf getrimmt, wirtschaftlich zu denken. Das ist gut, um zu
überleben, versteh mich nicht falsch, aber es kann die Ideenvielfalt
einschränken. Aber die Kinder haben mich wieder inspiriert und mich von dem
Eisenmantel befreit, der mir mit der Zeit die Freiheit und die Ideen genommen
hatte. Ich habe drei Mal die Woche unterrichtet und nachts gemalt. Die gemalten
Bilder habe ich fotografiert und online gestellt und daraufhin hat es sich
verselbständigt. Einer meiner Kontakte aus Florenz hat die onlinegestellten
Bilder einem Bekannten gezeigt. Dieser Bekannte war Organisator von
Benefizveranstaltungen in Museen und Galerien und hat meine Arbeit für eine
Ausstellung vorgeschlagen. Von da
aus ging es weiter! Es wurde eine richtig große Angelegenheit daraus. Ich bin
sehr dankbar und kann sagen, ich hatte sehr viel Glück. Doch, ja, Glück gehört
mit Sicherheit auch dazu.“ Beth Wangen glühten, als sie mit ihren Ausführungen
fertig war.
„Wow, das hört sich alles sehr aufregend an, das hast du alles
alleine auf die Beine gestellt?“ Ich war nachdenklich geworden. Nach dieser
Erzählung begann ich, Beth in einem anderen Licht zu sehen. Viellicht konnte
ich tatsächlich noch etwas von ihr lernen! Sie hatte sich durchgeboxt, ohne
Sicherheiten. Ich war beeindruckt. Aber, sie hatte auch Glück gehabt.
„Nein, nicht ganz alleine. Alice unser Schwesterherz, sie
wurde zu meiner Heldin, sie hat die Verteidigung an der Front zu Hause
übernommen. Ich darf auch nicht die Mädels vergessen, ohne ihre aufmunternden
Worte wäre alles sehr viel schwieriger und einsamer gewesen.“
„Hört sich alles toll an.“ sagte ich nachdenklich, während
ich von meinen Gedanken und Gefühlen umhüllt wurde.
Wehmut machte sich breit. Ja, die Mädels, früher waren wir
eine eingeschworene Bande. So unterschiedlich, aber immer füreinander da. Bis
ich mich nach Berlin verkrochen hatte. Ob die sich alle noch so trafen wie
immer? Oder ob die anderen auch schon die sichere Heimat verlassen hatten. Das
werde ich wohl nicht mehr erfahren.
„Ja, es ist toll geworden, es war hart, aber das Ergebnis hat
alles in die richtige Perspektive gerückt. Ich bin sehr dankbar und glücklich.“
Beth hatte einen Glanz im Gesicht. Sie schien von Grund auf zufrieden und
wirklich glücklich. Ich konnte mit hundertprozentiger Sicherheit sagen, dass
ich noch nie jemanden gesehen hatte, der mir diesen Eindruck verlieh. Es war
schön anzusehen. Glücklich, sie schien richtig glücklich! Mir reichte schon
einfache, abgewogene Zufriedenheit. Wenn ich mich in meinem Leben umsah, gab es
wenigstens nichts, was mich unglücklich machte. Ich konnte zufrieden sein, mit
alledem was ich hatte.
Nach Glück zu streben, ist eine sehr heikle Angelegenheit.
Glücklich sein geht nicht, ohne Risiken einzugehen, vor allem das Risiko ohne
Auffangnetz, unglaublich, wahnsinnig verletzt zu werden. Ich konnte mir nicht
vorstellen, jemals wieder den Mut
für mögliche Rückschläge zu finden. Ich war zufrieden mit dem Zufriedensein.
Ja, ich bewunderte Beth. Hätte ich Ihre Kraft würde ich die Schritte wagen,
aber wir sind halt verschieden.
5
Beth unterbrach meine Grübeleien: „Lissi, wie war das denn
mit Ben, wie hast du ihn kennengelernt?“
Ich schaute sie verdutzt an. Wie kam Beth denn jetzt auf Ben?
Ok, dann reden wir jetzt über Ben.
„Ben? Ich hatte meine Ausbildung zum Fallschirmspringen
gerade bestanden und wir sind mit der Gruppe in einen Biergarten gegangen.
Jeder konnte Freunde und
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